Szenen. Nischen. Subkulturen. – Bitches brauchen Rap! Frauen im Hip-Hop.

Von den Straßen der afroamerikanischen Ghettos in New York in die Jugendzimmer der Welt. Hip-Hop ist natürlich eine Musikrichtung, aber eben auch eine eigene Subkultur, die ihre eigenen Merkmale und ihre eigenen Eigenschaften aufweist. Hip-Hop ist also nicht etwas das man tut oder hört, sondern vielmehr etwas das man ist und was sich in jede Faser des Lebens einfügt.
von Magdalena Zimmermann

 

Seine Anfänge nahm die Hip-Hop Szene in den Bronxer Ghettos. In den 1970er Jahren entstand dann schließlich aus dieser Bewegung eine weltweite Subkultur, die sich auf Basis der Musik, spezifisch des Raps, gebildet hat. Aber auch weitere grundlegende Aspekte wie beispielsweise Graffiti, Breakdance und Beatboxing beinhaltet. Die Straßen der benachteiligten Viertel New Yorks der 70er Jahre waren gekennzeichnet von armen Verhältnissen, Drogen und Gang-Rivalitäten. Eben genau diese Verhältnisse wurden innerhalb der Musik der Hip-Hop Szene zum Mittelpunkt. Rap diente dabei zum Ausdruck der dort herrschenden Verhältnisse, zur Selbstermächtigung und machte es erstmals möglich, Stimme zu erheben. Stimme, die durch Repression und Unterdrückung Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte lang, stumm gemacht wurde. Hip-Hop schaffte es in seinen Anfängen, wie auch noch in der heutigen Zeit, Menschen eine Stimme zu geben, die sonst von der Mehrheitsgesellschaft nicht beachtet worden sind. Aber nun durch ihre Musik Gehör fanden. Die Rapbattles der MCs sollten ursprünglich Auseinandersetzungen zwischen den Gangs ersetzen. Die Rivalisierung sollte zwar auf der Straße, aber durch Musik ausgetragen werden.

Die Wurzeln des Hip-Hops sind also weitreichend geklärt. Nur scheinen Frauen in dieser von Bandenkriminalität geprägten Szene keinen Platz zu haben, der über das Mitwirken bei Musikvideos als bloßes ästhetisches Accessoire der Rapper hinausgeht. In den Anfängen des Hip-Hops war das auch so, Frauen als begehrenswerte Objekte, im Hintergrund und als sexuelle Projektionsfläche. Mehr war da fürs Erste nicht drinnen. Hip-Hop ist immer noch eine Szene die durchwegs von Männern dominiert wird. Unter den 10 bestverdienendsten Rapper*innen der Welt befindet sich auch noch im Jahr 2021 neben Jay-Z, Drake und Dr. Dre keine einzige weibliche Vertreterin. Und abgesehen davon ist die Szene von zahlreichen Me-Too Vorfällen durchzogen und fußt auf einem stark frauenverachtenden und gewaltverherrlichenden Gesellschaftsbild. Die Frauen, die in den Anfängen der Hip-Hop Szene Fuß fassten, konnten im Zuge dessen an einer Hand abgezählt werden. Diese waren dann für den “poppigeren” Teil des Hip-Hops zuständig. Rappen ja, aber bitte auch Singen. Melodisch musste es sein und weicher, als das, was von den männlichen Kollegen eingefordert wurde. Die US-amerikanische R&B- und Hip-Hop Band “Salt’n’Peppa” war mit ihrem größten hit “Push It” eine der Pionierinnen die den Weg für Frauen im Rap Business ebneten. Aber gibt es denn mittlerweile mehr Platz für Frauen im Hip-Hop?

Gerade in den letzten Jahren hat sich innerhalb der Hip-Hop Szene vieles verändert. Die Etablierung sozialer Netzwerken führt dazu, dass die Karrieren von Musiker*innen immer selbstbestimmter gestaltet werden können. Durch den Verdienst durch Nebenprojekte, die durch soziale Medien einfach vermarktet werden können, können eigene musikalische Projekte leichter finanziert werden und auch das Publikum kann viel einfacher selbst bestimmt und erreicht werden. Dies ist einer der Motoren, der die Entwicklung der Hip-Hop Szene sowie auch zahlreichen anderen Szenen innerhalb der letzten Jahrzehnte vorangetrieben hat. Musikerinnen wie Cardi B und Nicki Minaj haben sich weltweit einen Namen gemacht und ein dazugehöriges Imperium aufgebaut. Die Selbstermächtigung der Rapperinnen spielt dabei oft eine vordergründige Rolle.

 

Auch im deutschen und österreichischen Hip-Hop wird das Feld von zunehmend mehr Frauen aufgemischt. In Österreich finden sich Hip-Hop Künstlerinnen wie Yasmo, Keke und Miss Weirdy, um nur einige wenige zu nennen. Die erfolgreichste deutsche Rapperin Shirin David ist einst durch Youtube berühmt geworden, sie hat eine Ballettschule besucht und spielt Geige, Klavier und Oboe. Sie könnte somit auf den ersten Blick nicht weiter, von dem in den ersten Absätzen des Textes beschriebenen Bilds der Ursprünge des Hip-Hops, entfernt sein. In ihrem zuletzt erschienen Album “Bitches brauchen Rap”, dass im November diesen Jahres veröffentlicht wurde, bricht sie mit den Stereotypen mit denen sie als Frau innerhalb der Rapszene immer wieder konfrontiert ist. Sie bezeichnet sich selbst als “hoe”, formt somit die negativ assoziierten Fremdzuschreibung in eine eigenermächtigte Selbstbeschreibung und krempelt die Position von Frauen innerhalb der Hip-Hop Subkultur durch ihre Texte um.

Und nun lässt sich nur noch eines sagen: Es ist an der Zeit, dass sich die Hip-Hop Szene ändert. Eine Szene die einst aus Unterdrückung und Repression entstanden ist, sollte auch Platz für eine weitere marginalisierte Gruppe bieten können. Nämlich die, der Frauen. Denn “Bitches brauchen Rap”!


Foto: (c) Michael Siblik