Theresa Adamski
Mit Crystal Soda Cream, The Damski und Lady Lynch verpasst Theresa Adamski der österreichischen Musiklandschaft eine saftige Portion Post Punk und Synthwave. Im Gespräch hat sie uns verraten, warum sie begonnen hat, im Stehen Schlagzeug zu spielen, ihre Liebe zum Post Punk niemals enden wird und woher sie ihre Inspirationen bezieht.
Nora Blöchl
Wann hast du begonnen Schlagzeug zu spielen?
Ich habe mich tatsächlich in zwei Bands hinter das Schlagzeug gesetzt, weil da gerade ein Mangel an der Frau/dem Mann war. Die erste Band waren die Upperclass Shoplifters aus Graz. Da ist unser Schlagzeuger ausgestiegen und da habe ich begonnen, im Stehen Schlagzeug und Synthesizer zu spielen und zu singen. Ich dachte mir damals, ich habe das erfunden, weil ich nicht gewusst habe, dass die große Ära der Stehschlagzeuger*innen schon begonnen hatte. Als dann der ursprüngliche Schlagzeuger von Crystal Soda Cream einen Bandscheibenvorfall bekommen hat, haben mich meine Bandkollegen gefragt, ob ich einspringe. Da ich bis dahin nur im Stehen Schlagzeug gespielt habe, habe ich mit Crystal Soda Cream begonnen, so richtig Schlagzeug zu spielen. Am Anfang habe ich eher einfache Sachen, also simple Punk-Sachen gespielt und versucht, mir bei anderen Schlagzeuger*innen etwas abzuschauen. Gerade in den 80ern war das ja im Post Punk oft zu finden. Da gibt es auch komplexere Sachen, für die man nicht die ärgsten Doubles können muss. Die Sachen, die der ehemalige Schlagzeuger gespielt hat, habe ich dann einfach simpler gespielt.
Hast du damals dann viel geübt oder ist das dann einfach während des Probens gekommen?
Ich war schon lange vorher immer wieder mit Leuten unterwegs, mit denen ich Musik gemacht habe. Also es war nicht so, dass ich das erste Mal hinter dem Schlagzeug gesessen bin. Ich konnte schon ein paar Sachen. Und das war genug, dass ich dann gleich mit ihnen in den Proberaum gehen konnte. Geübt habe ich nur ganz selten. Meistens wenn ich mich auf ein Album vorbereiten und da ein bisschen tighter spielen wollte. Meine Drum-Skills sind mit den anderen Musiker*innen gemeinsam im Proberaum gewachsen.
Du hast erwähnt, dass es in den 80ern Schlagzeuger*innen gegeben hat, die sehr einfache, gute Beats gespielt haben. Hast du da eine*n Favoriten*in?
Ich finde das immer super lustig, wenn ich das gefragt werde. Ich klaue echt manchmal Riffs eins zu eins und selbst die Leute, die die Bands in und auswendig kennen, merken das nicht. Ich spiele das dann immer in einem anderen Kontext und adaptiere das so, dass es für mich passt. Also ich würde da auf jeden Fall Bauhaus und The Cure nennen – vor allem das Album „Pornography“. Von dem habe ich mich sehr oft inspirieren lassen. Aber dann auch immer wieder Fleetwood Mac oder Ton Steine Scherben. Also wenn ich merke, dass mir etwas gefällt, dann passe ich das an meine Bedürfnisse an. Wir sind ja bei Crystal Soda Cream auch sehr darauf bedacht, unterschiedlichste Formen von Musik zu spielen. Wahrscheinlich auch deswegen, weil uns schnell fad wird.
Hast du einen Lieblingsbeat?
Zu meinen Favourites zählen auf jeden Fall „Hanging Garden“ von The Cure und alles was auf „Mask“ von Bauhaus ist. Vor allem „Hair Of The Dog“.
Hast du ein Lieblingsequipment?
Ich habe meine Sticks-Tasche. Das war für mich der Schritt von lauter Einzelteilen, die überhaupt nicht zusammengehört haben und völlig unordentlich organisiert waren, zu einem Ganzen, das ich sogar auf meine Floor Tom hängen konnte.
In den 2010er Jahren gab es ein großes Revival des Post Punks, New Waves und der NDW. Wird diese Musik irgendwann mal fad für dich?
Ich finde ja, dass alles eine Referenz von irgendetwas ist. Es gibt nur selten etwas ganz Neues in der Musikbranche. Manchmal sind diese Referenzen klarer erkennbar und manchmal nicht. Es gibt Bands, wie zum Beispiel Bilderbuch, die ihre Inspirationen so gut an ihre Musik anpassen, dass sie etwas Eigenes daraus machen. Da denkt man: Ok, das kommt jetzt aus dem Funk, aber das steht nicht im leeren Raum, sondern verschmilzt mit ihrem Stil. Und ich finde die Post Punk Ära deswegen so cool, weil sie sehr vielfältig ist und ich immer noch neue Sachen entdecke. Da hör ich dann auf einmal ein altes Album von Siouxsie and the Banshees und bin verwundert, wie anders das wieder klingt. Da merkt man einfach, wie innovativ diese Musik ist, im Vergleich zu vielen Sachen, die es halt jetzt gibt.
Also deiner Meinung nach, ist Post Punk nie ausgereizt?
Ja, genau. Was mich in den Post Punk geführt hat, war natürlich auch, dass es kaum eine andere Ära gibt, in der so viele Frauen Musik gemacht haben. Ich habe mich nie mit Männerbands identifizieren können und Post Punk hat mir da eine Heimat geliefert. Es gibt so viele tolle Frauen, die diese Musik machen. Da habe ich mir gedacht, das will ich auch machen. Das sind meine Vorbilder.
Zwischen dem ersten Album von Crystal Soda Cream und heute sind inzwischen neun Jahre vergangen. Hat sich da etwas in eurem musikalischen Schaffen verändert? Wie sieht euer Songwriting im Vergleich aus?
Was auf jeden Fall einen massiven Unterschied gemacht hat, ist, dass ich begonnen habe Synthesizer zu spielen. So habe ich auch einen aktiveren Part im Songwriting übernommen. Philipp hatte früher vielleicht schon vorher eine Idee, die er in die Probe mitgebracht hat. Aber mit der Zeit, ist es immer mehr in die spontane Richtung gegangen. Also da hat sich dann eher während des gemeinsamen Jammens etwas entwickelt. Das Schwierige ist dann, die Teile in die Form eines Songs zu bringen. Meistens nehmen wir einfach mal die Session auf, um zu sammeln. Teilweise kommt es sogar Jahre später vor, dass wir wieder reinhören in die alten Sachen und uns Teile herauspicken. Beim dritten Album war das zum Beispiel so. Da haben wir wirklich Songs aus unserem Pool gefischt und an denen weitergearbeitet.
Bei Lady Lynch singst du? Warum der Wechsel vom Schlagzeug zum Mikrophon?
Lady Lynch gibt es eigentlich schon ziemlich lange, sogar schon länger als Crystal Soda Cream. Das war meine erste Band. Bevor ich nach Graz gezogen bin, habe ich gerne Musik gemacht, war aber leider in keiner Musiker*innenszene unterwegs. Da gab es die Typen aus der Schulband, die ihren eigenen Proberaum im Gemeindezentrum hatten. Aber ich hatte eigentlich keinen Zugang zu einem Raum, in dem ich Musik hätt‘ machen können. Vielleicht hätte es das sogar gegeben, aber die Barriere war da wirklich zu groß. In Graz bin ich dann in einen sehr musikaffinen Freundeskreis gekommen, in dem aber niemand wirklich spielen konnte. Wir wollten trotzdem unbedingt eine Band machen und das war dann Lady Lynch. Das war eigentlich ganz spannend, weil Lady Lynch entweder geliebt oder extrem gehasst wurde. Wir waren halt so Lo-Fi, dass es für viele Leute sehr sperrig war. Wir haben das dann irgendwann beendet, weil unser Gitarrist nach Wien gezogen ist. In Graz hat es damals Tweety Partys gegeben, auf denen sich immer wieder Gruppen zusammengefunden haben und da haben wir Lady Lynch re-united. Die Band ist einfach cool. Es hat so eine performative Theatralik, die ich total liebe. Ich könnte mich wahrscheinlich in keiner anderen Rolle als Sängerin so wohl fühlen, wie bei Lady Lynch. Ich fühle mich da immer wie in Liquid Sky (Anm.d.Red.: Tsukerman, 1982). Da kann ich mich richtig gut reinsteigern.
Mit Crystal Soda Cream hattest du sehr viele Gigs. Hat sich das auf das Gemüt geschlagen, dass ihr 15 Monate lang nicht spielen konntet oder war es eine angenehme Auszeit?
Also musikalisch habe ich an meinem Solo-Projekt The Damski gearbeitet. Da habe ich ein paar Lieder aufgenommen und Videos gemacht. Das ist aber nicht das Gleiche. Ich merke, dass ich ein Live-Konzert brauche, um Lust auf das Musikmachen zu haben. Viele Musiker*innen haben die Zeit zum Liederschrieben genutzt. Aber ich mache das eher, wenn ein Konzert ansteht. Ich habe wirklich gemerkt, dass meine Identifikation als Musikerin darunter gelitten hat. Erst jetzt merke ich, wie sehr mir das abgegangen ist und wie ein großer Teil meiner Identität einfach weg war. Es ist schön, dass jetzt schön langsam wieder Konzerte kommen. Ich habe mir gedacht, es geht mir eh nicht ab: Das ewige Proben, Schlagzeug herumschleppen und Soundchecken. Aber es fehlt einfach.
Du und Philipp habt ja eine zweijährige Tochter. Wie habt ihr das vor Corona gemacht? Habt ihr trotzdem Live gespielt und wie werdet ihr das in Zukunft machen?
Ich bin sehr froh, dass wir uns das damals alles so leicht vorgestellt und uns auch schon Gigs kurz nach der Geburt ausgemacht haben. Würde ich jetzt überlegen, ob es geht, mit einem sechs Wochen alten Kind ein Konzert zu spielen, würde ich wahrscheinlich Nein sagen. Damals war es halt schon ausgemacht. Es war ein großer logistischer Akt, aber es hat funktioniert. Kurz bevor ich auf die Bühne bin, habe ich sie noch gestillt und dann ist meine Schwester mit ihr spazieren gegangen. Da ist ein guter Freundeskreis sehr wichtig. Sollten wir eine Tour machen, muss das natürlich jetzt alles besser durchgeplant werden. Da geht es nicht mehr, dass wir irgendwo schlafen, sondern da brauchen wir ein Hotel mit einem ruhigen Zimmer für unsere Tochter. Das ist ganz klar.
Fotos von Erik Paladin Photography (Titel), Tina Bauer (Sidebar), Lena Prehal (Sidebar)