Reinhard Hörschläger

Reinhard Hörschläger ist unser Drummer des Monats September. Er zeichnet sich durch seinen fetten Sound und ein sehr energievolles Spiel aus. Dies wird spätestens beim Hören seiner  Band, der Klangkantine besser bekannt als Yasmo und die Klangkantine, klar. Wie er diesen Sound erzielt und was neben der Klangkantine so ansteht erzählt er uns im Interview. Außerdem geht es um die Produktion der letzten beiden Alben und warum sich die neue Scheibe anders anhören wird.
von Adam Zehentner

Wie ist deine Leidenschaft für das Schlagzeug entstanden und wie hast du es gelernt?

Das ist schwer zu sagen und auch schon lange her. Mit zehn Jahren habe ich in der Musikschule begonnen. Ich hatte davor schon Klavier, Flöte und auch Gitarre gelernt aber nach zwei drei Monaten Schlagzeugspielen hat sich dann schnell herausgestellt, dass es das ist was für mich am besten funktioniert. Die physische Komponente dabei hat mir gut gefallen. Ich war ein bisschen ein aggressives Kind (lacht), dementsprechend war es auch eine therapeutische Maßnahme meiner Eltern etwas hinzustellen, wo ich drauf hauen kann. Ich habe auch einen super Lehrer gehabt, der mich recht bald von diesem rein physischen Erlebnis in eine konstruktive musikalische Richtung gebracht hat. Als ich gesehen und auch gespürt habe was man alles machen kann, wenn man die Energie, die man hat, in etwas Geregeltes einbringt, war für mich klar, dass das in meinem Leben bleiben wird. Danach ging es ausbildungstechnisch für mich im Musikgymnasium weiter und dann studierte ich klassisches Schlagwerk am Konservatorium in Wien. Diese Ausbildung hat mir sehr gefallen, von dem her, was man so lernt, da man mit extrem viel verschiedenen Sachen in Kontakt kommt, die man sonst wahrscheinlich nie sehen würde. Grad in Wien gibt es viele Uraufführungen und ähnliches die man sonst wahrscheinlich nicht sehen würde. Während dem Studium hat sich dann aber auch herausgestellt, dass der klassische Weg, sprich im Orchester spielen usw. nicht so Meins ist. Es war aber eine sehr geile Erfahrung diese Dinge zu sehen und auszuprobieren.

Was beeinflusst dich momentan bezogen auf das Schlagzeugspielen? Was begeistert dich und an was bist du gerade dran?

Für mich ist die Zurückführung von der klassischen Ausbildung zurück zum Drumset in den letzten Jahren durch die Musik, die ich selber gerne höre, passiert. Hier war es in letzter Zeit hauptsächlich immer eine gegenseitige Beeinflussung mit meinen Bandkollegen. Bei Yasmo und die Klangkantine sind das oft Ralph Mothwurf und Tobi Vedovelli, die die Sachen schreiben. Mit denen hab ich viele Sachen ausgecheckt und über die bin ich erst mit diesem brutal argen Jazz-Hip-Hop drummen in Kontakt gekommen. Das hat mir am Anfang einfach die Birne weggeschossen, was es da für Künstler gibt. Für mich war das am Anfang viel Arbeit und ich versuche hier jetzt halt einen Weg zu finden. Ich komme ja eigentlich aus einer ganz anderen Richtung. Ich persönlich höre viel Metal und rockige Sachen. Das ist zumindest zum Anhören das was mich am meisten entspannt. Gelernt habe ich wie gesagt Klassik und ich versuche jetzt meinen eigenen Sound zu finden und es mit den Einflüssen meiner Bandkollegen zu verbinden, die ja wieder aus einer ganz anderen Welt kommen. Da hat man dann eh schon viel zu tun, um das alles in Einklang zu bringen.

Wie bist du Teil der Klangkantine geworden?

Ich bin eigentlich von Anfang an dabei, weil die Hauptinitiatoren, also die Yasmo und der Ralph, davor Jazz Slams veranstaltet haben, wo ich mitgespielt habe. Das heißt Poetry Slams mit live Jazz Begleitung oder auch improvisierte Musik zu Texten von Poeten. Außerdem hatten Ralph und ich vorher schon eine Band. Da sind wir beide aber vom Stil an unsere Grenzen gestoßen und wollten dann etwas anderes machen. Wie Ralph und Yasmo miteinander ausgemacht haben, dass sie eine Band gründen wollen, weiß ich eigentlich gar nicht. Es hieß bloß wir wollen eine Band machen für die Yasmo und da ich und Ralph uns persönlich und musikalisch gut verstanden haben, war es naheliegend, dass ich mit einsteige.

Ihr habt jetzt bereits zwei Alben als Yasmo und die Klangkantine veröffentlicht. Das Letzte im Frühjahr 2019. Du hast bereits erwähnt, dass die Stücke von Ralph und Tobi komponiert werden. Wie sehen die Produktion und das Schreiben der Lieder genau aus? Und wie hat sich dieser Prozess verändert vom ersten, zum zweiten und jetzt zum dritten Album an dem ihr jetzt gerade dran seid?

Es ist ein gemeinsames Wachsen. Es gibt Sachen die sind so ausgecheckt und auskomponiert, dass man als Rest von der Band nicht mehr so viel ändern kann, sondern lediglich probiert seinen Sound zu integrieren. Dann gibt es andere Nummern, die noch mehr Gestaltungsraum offen lassen. Hier merkt man schon, dass die Sachen auf dem ersten Album mit weniger Erfahrung gemacht wurden. Z.B. haben wir versucht die Rhythmusgruppen miteinander zu schreiben und miteinander aufzunehmen, was dazu geführt hat, dass es ein wenig zu kompromisslastig geworden ist. Das ist zwar gut fürs Feeling aber es fallen auch manche Sachen unter den Tisch, die der Komposition vielleicht gutgetan hätten. Das Zeitmanagement hat sich dadurch am meisten verändert, weil wir so verstanden haben wie wir die Zeit im Studio oder auch vorher nutzen können, damit es auch das wird, was man will. Es ist aber auch so, dass immer diese Restunsicherheit bleibt, ob man genau das geschafft hat, was man sich vorgenommen hat. Gerade beim zweiten Album haben wir viel konsequenter nur an den Drums gearbeitet, viel konsequenter auch den Schreibprozess im Vorhinein auf die Drums hingetrieben. Beim ersten Album war es eher so, dass eine Nummer fertig war und wir ins Studio gegangen sind und sie einfach aufgenommen haben. Es waren einfach deutlich mehr Zufälle dabei.

Wie steht es jetzt um das dritte Album, gibt es hier Neuigkeiten? Und wie ist das mit dem Crowdfunding gelaufen?

Das Crowdfunding hat super funktioniert. Da war ich selber überrascht wie cool die Leute sind und wie schnell man Menschen findet die sowas unterstützen. Das ist ein sehr angenehmes Gefühl, dass da eine Community ist, die einen unterstützen will. Die Corona-Zeit hat den Prozess des Albums natürlich ein wenig durcheinander gebracht. Es ist auf jeden Fall viel Material da. Ich glaube, dass jetzt, wo wir uns wieder besser vernetzen können und uns auch wieder physisch zusammensetzen können, sich erst so richtig herauskristallisieren wird, was oder wie der Sound wird. Was man sagen darf ist, dass es auf jeden Fall stilistisch in eine andere Richtung gehen wird wie bisher. Das Grundkonzept der Klangkantine wird aber sicher erhalten bleiben, weil das etwas ist, was uns allen sehr wichtig ist. Es wäre auch blöd, wenn man so etwas einmal hat, es wieder herzugeben, vor allem bei einer so großen Band.

Du hast ja bereits erwähnt, dass dein privater Musikgeschmack in eine andere Richtung geht. Gibt es in diese Richtung Projekte, an denen du arbeitest oder mitarbeitest?

Die Klangkantine war in den letzten Jahren sehr präsent, jedoch hat sich jetzt in letzter Zeit vieles aufgetan. Wahrscheinlich, weil die Leute gerade viel Zeit haben. Z.B. habe ich mit einem guten Freund von mir, Peter Mayer, über die Corona-Zeit ein Album aufgenommen, das man momentan auch per Crowdfunding unterstützen kann. Das ist zwar nicht unbedingt Rock/Metal, aber es ist doch gitarrenlastig und druckvoll. Von der Formation her ein klassisches Trio und nennt sich BEDA. Benannt nach dem Chef. Ich habe aber auch immer das Gefühl, wenn ich irgendwo mitspiele, bekommt alles einen leichten Rock/Metal-Touch, der zwar nicht geplant ist, aber dann doch immer von selbst kommt. Ansonsten schreibe ich gerade für mich selbst noch was. Ich finde, es ist als Schlagzeuger nicht immer so einfach in eine Band zu kommen, wo die Musik so ist, wie man sie sich vorstellt. Deshalb versuch ich für mich selber eine Band zusammenzubauen, mit der ich dann tatsächlich Musik spielen kann, die genau so ist, wie ich mir das vorstelle.

Du meintest, dass sich beim dritten Album der Klangkantine stilistisch was tun wird. Gibt es hier einen bestimmten Sound, den die Band verfolgt und auch vorab definiert oder passiert das einfach beim Tun und gibt es einen grundlegenden Sound der Klangkantine wie sie klingen soll?

Die Vorstellung war schon sehr konkret. Ralph und Tobi wussten ziemlich genau was sie prinzipiell machen wollen, in Bezug auf die Klangkantine allgemein. Das Integrieren von so viel Text in ein Big Band Setting war am Anfang, nicht schwerer aber man hatte viel weniger Ahnung davon. Deswegen hat sich der Sound insofern geändert, als dass man besser verstanden hat wie die Band gut klingen kann, der Text aber trotzdem noch Platz hat. Wenn man wie die Yasmo so viel Text produziert und so viele Messages verpackt, ist die Balance das Komplizierteste. Ich denke mir oft, wenn ich unseren Bandsound höre und Yasmo da voll drüber geht, „boah ist das brachial“. Wenn das Ganze dann zwei Stunden interessant sein soll, geht es halt viel um Balance, damit die Menschen, die das hören, sich nicht überlastet fühlen. Es geht darum Raum für beide Seiten zu lassen und ich glaube, das gelingt uns immer besser, auch in Bezug auf das neue Album.

Wie wichtig ist es dir inhaltliche Messages zu übermitteln, gerade als Schlagzeuger, wo man ja nicht immer so viel Einfluss darauf nehmen kann?

Ich finde das für mich selbst extrem wichtig. Meine Musikkarriere nach meiner Ausbildung, hat fast immer als Grundlage gehabt, dass ich mich wohlfühle mit dem, was ich mache. Ich habe mir immer schwer damit getan zu wissen, dass man gut bezahlt wird, es jedoch nicht das ist, was man eigentlich machen will. Wenn ich in einer Band spiele wie z.B. bei BEDA oder bei der Klangkantine, könnte ich nicht auf der Bühne sitzen, wenn ich mich nicht mit der Message wohlfühlen würde, die vorne rausgeht. Wenn es nicht so wäre, würde ich pausenlos darüber nachdenken und ich könnte nicht entspannt Musik machen. Ich finde es bei Kunst im Allgemeinen immer wichtig einen gesellschaftlichen oder sozialen Anspruch zu haben. Wenn das nicht so wäre, wäre es meiner Meinung nach völlig sinnlos. Ich verstehe, wenn es jemandem egal ist oder jemand das nicht will, aber für mich ist es wichtig, dass es vorhanden ist.

Du sagtest, dass du das Gefühl hast, es kommt immer ein wenig Druck hinzu, wenn du irgendwo mitspielst. Das kann man bei der Klangkantine auf jeden Fall nachvollziehen. Der Schlagzeugsound klingt sehr „fett“ im Sinne von dicke Bassdrum, punchige Snaredrum usw. Hast du einen Ansatz bzgl. deinem Equipment wie du diesen Sound erreichst?

Meine Soundvorstellung ist extrem geprägt von ziemlich hartem Sound. Mit mir im Studio ist es sicher nicht immer so leicht. Ich will immer ein wenig eine knackigere Bassdrum und eine eher höher gestimmte Snaredrum. Meistens trifft man sich dann irgendwie in der Mitte. Den klassischen Rocksound bekomme ich aus mir einfach nicht heraus. Ich probiere im Studio immer gerne und viel aus. Beim letzten Album haben wir z.B. mit Peter Schiendorfer, der unter anderem Drumtech bei Wanda ist, zusammengearbeitet. Das hat mir sehr gutgetan, weil er eine ganz neue Soundwelt für mich aufgemacht hat. Ich muss ehrlich sagen, dass ich ziemlich lange mit dem Sound gelebt habe, den ich gehabt habe, da es mir nicht so wichtig war einen bestimmten Sound zu erzielen. Ich wollte nur, wie bereits erwähnt, dass die Bassdrum schiebt und die Snaredrum knackt und dann war ich auch schon zufrieden. Das ist im Studiokontext aber kein brauchbarer Ansatz. Die Range an Sound mit der ich arbeiten kann, hat sich also beim letzten Album durch die Zusammenarbeit mit Peter ziemlich massiv erweitert. Ich habe nicht wirklich gewusst wie viele verschiedene Snaresounds man aus einer einzelnen Snare rausbringen kann, wenn man sich genügend Zeit lässt bzw. wenn man weiß was man tut. Davor wusste ich eher nicht was ich tue, so ehrlich muss ich wohl sein. Ich habe meinen Sound immer versucht durch das zu definieren wie ich spiele aber das ist ein Ansatz, den ich von der Klassik übernommen habe. Da spielt man ziemlich oft auf Instrumenten, an denen man soundtechnisch wenig verändern kann. Wenn man beispielsweise auf einer Marimba oder einer Pauke spielt, geht es viel mehr um das, was man mit seinen Händen macht, als darum das Instrument selbst zu modifizieren. Das Manipulieren von Sounds und Equipment habe ich erst später während den Studiosessions zu schätzen gelernt. Lange habe ich mir gedacht,  dass das nur eine Spielerei und nicht so wichtig ist, aber mittlerweile weiß ich, dass es einen enormen Mehrwert hat und man sollte sich damit auseinandersetzten. Ich bin da halt ein wenig später dazu gekommen.

Wie setzt du diesen Sound live um?

Das ist nicht immer so einfach. Wenn ich kann, versuche ich mein eigenes Drumset so oft, als möglich dabei zu haben, aber nachdem wir so eine große Band sind und immer recht weit zu unseren Gigs fahren ist das nicht immer so einfach. Dann hat man eben oft das Problem, dass man mit einem Drumset spielt, das irgendwo herumsteht und vielleicht nicht so gut gewartet ist wie man es gerne hätte. Das Minimum, was ich dabei habe, sind meine Snare und meine Becken. Der Beckensound ist für die Band auch am entscheidendsten, weil grad für die Mischung mit den Bläsern aber auch für die Stimme von Yasmo diese Bereiche entscheidend sind. Ich habe z.B. lang herumprobiert bis ich eine Hi-Hat gefunden hatte die von der Range her da irgendwie dazwischen passt. Also der Beckensound und die Snare ist das Minimum, was ich selber mitbringen muss, dass es nach Yasmo und die Klangkantine klingt. Wir haben auch eine Zeit lang mit Bassdrumtriggern herumgespielt um einen einheitlichen Bassdrumsound zu finden aber das hat sich schnell als nicht so fruchtbar erwiesen. Der Dynamikverlust, der damit einhergeht, hat dem Big Band Sound überhaupt nicht gutgetan.

Gibt es für dich als Schlagzeuger einen Traum, im Sinne von einem Gig, den du gerne mal spielen würdest oder eine Studio-Produktion bei der du gerne dabei wärst?

Das gibt es tatsächlich. Ich würde gerne mit meinen Sachen bzw. mit meiner Band, die ich mir zusammenstellen will, einmal in Wacken spielen. Das ist ein wirklicher Wunschtraum von mir, der sich auch erst im letzten halben bis dreiviertel Jahr manifestiert hat, weil ich immer coolere Gigs gespielt habe und gemerkt habe, dass es läuft und dementsprechend auch möglich ist größere Sachen zu spielen. Deswegen kam mir der Gedanke, dass ich mit meinen eigenen Sachen voll gerne mal in Wacken spielen würde, da es eines der besten Festivals ist, die es meiner Meinung nach gibt. Außerdem noch mit genau der Musik, die mir taugt. Mal schauen, an dem arbeite ich jetzt und wer weiß in ein paar Jahren klappt es vielleicht.

Fotos: Julia Altenburger, Manuel Hauer