Patrick ‚PATA‘ Huter

Zurück aus dem Sommerloch präsentieren wir euch unseren »Drummer des Monats« September: Patrick ‚PATA‘ Huter. Im Gespräch hat er uns erzählt bei welchen Projekten er aktuell den Takt vorgibt, welche Drummer*innen ihn besonders geprägt haben und woher seine Liebe zu südamerikanischen und afrikanischen Ryhthmen kommt. Außerdem war er auch zu Gast in der beatboxx und hat für uns eine kleine Session gespielt.
von Patrick Tilg

Wie bist du zum Schlagzeug gekommen – über Umwege oder war es sofort dein Instrument?
Zuerst habe ich Blockflöte gelernt. Das hat mir zwar auch nicht schlecht gefallen, aber als ich mit 6 oder 7 einen Mitschüler meines Bruders beim Schlagzeugspielen gesehen habe, wusste ich sofort: das ist das beste Instrument auf der Welt. Der Mitschüler meines Bruders hat mich dann auch mehrere Jahre unterrichtet bzw. Wurde bald eine sehr gute Freundschaft daraus – er hat mich quasi über die frühe Pubertät getragen. In manchen Stunden haben wir nur gesprochen und nicht gespielt. Das ging so bis 12 und dann habe ich relativ bald begonnen in verschiedensten Bands zu spielen.

Bei welchen Projekten gibst du aktuell den Takt vor?
Heute spielen wir hier vorm B72 mit Another Vision, dann spiele noch bei Nikolaj Efendi, Downers and Milk und Maracatu Renascente. Außerdem starte ich gerade ein neues Projekt mit dem Namen Turist. Dort will ich dann vor allem meine Multi-Percussion Elemente, die ich auch in der Video Session bei euch verwendet hab, einbauen.

Bei Another Vision, die wir bei Backbeat vor einiger Zeit schonmal besprochen haben (hier geht’s zum Artikel), bist du ja quasi Live- und Studio-Drummer – gibt es auch ein Projekt, bei dem du am Songwriting beteiligt bist?
Beim neuen Projekt Tourist bin ich am Songwriting beteiligt, bei Downers and Milk beim Arrangement. Eigentlich texte ich auch ganz gerne, aber ich weiß oft nicht genau, wie ich den Zeilen dann eine Melodie gebe. Aber ich schicke immer wieder aufgezeichete Ideen von mir an die Projekte aus.

Welche Drummer*innen haben dich in deinem Spielen besonders beeinflusst und haben sich die Vorbilder über die Jahre verändert oder sind es heute wie damals die gleichen?
Der Drummer, den ich über die letzten Jahre vermutlich am häufigsten gehört hab ist Tony Allen, der Drummer von Fela Kuti. Aber so die Anfänge waren – eh so Klassiker für unsere Generation – wie Chad Smith von den Red Hot Chili Peppers. Das waren vermutlich auch die ersten Covers die ich gespielt hab. Bela B war auch ganz wichtig, egal ob in Sachen Energie oder weil er gezeigt hat, dass man als Drummer*in nicht automatisch im Hintergrund sitzen muss. Und Matt Helders von den Arctic Monkeys, der hat mich in der Zeit meiner ersten Rockbands sehr beeinflusst. Wenn es um Jazz geht, find ich Mark Guiliana sehr spannend. Und nicht zuletzt ist der Österreicher Lukas König sehr relevant für mich.

Wie gefällt dir die aktuelle österreichische Musikszene – wen findet man in deinem Plattenregal oder Kassettendeck?
Von den Drummer*innen eben Lukas König oder auch Andi Lettner – der spielt in meinen Augen wirklich genau das, was es braucht. Von den Acts mag ich 5KHD und Schmids Puls sehr gerne. Aber auch Leyya und sämtliche Projekte rund um Sophie Lindinger und Marco Kleebauer find ich super. Ein besonderen Platz in meinem Plattenregal und Herz hat außerdem auch Sarahbernhard. Die Texte sind so unglaublich pointiert und berührend und dabei ganz unaufgeregt. Das bewegt mich sehr. Und prinzipiell bin ich einfach inspiriert von den vielen Menschen mit denen ich das Glück habe, Musik machen zu können. Unter anderem alle, die sich in der Audiomanufaktur so herumtreiben.

Gibt es Genres, die du sowohl privat als auch als Schlagzeuger meidest?
Ich hab eine Hassliebe zum Jazz. Lange hatte ich dabei das Gefühl, dass ich es einfach nicht verstehe und selbst mein Jahr auf dem Konservatorium hat mir dabei nicht wirklich helfen können. Letztes Jahr während des Lockdowns habe ich es dann aber nochmal probiert und ein paar Standards gespielt. Dabei bin ich dann eh ein bisschen mehr dahintergekommen.
Also Formen spielen etc. ist eh ziemlich cool, aber aus mir wird sicher kein Jazz-Drummer mehr. Und ja, Metal ist auch nicht so ganz meines, also Double-Bass-Spielen muss für mich nicht sein und auch meine Dynamik versuche ich eher nach unten zu schrauben, anstatt richtig reinzuhauen. Wobei es natürlich auch großartige Metal Artists gibt.

Würdest du dich eher als Live- oder Studio-Drummer bezeichnen?
Gute Frage. Bis vor zwei Jahren war ich fix davon überzeugt, dass ich ein Live-Drummer bin, da es im Studio immer ein bisschen stressig war. Aber mittlerweile habe ich ein paar super Erfahrungen als Studio-Drummer sammeln können. Für Schaller&Rausch z.B., das war dann schon eine coole Erfahrung. Außerdem habe ich mir im Lockdown ein Interface zugelegt und im Proberaum begonnen, meine Sachen selbst aufzunehmen. Auch mit dem Moritz, von Another Vision, haben wir viel Pre-Production für das Debütalbum gemacht. Und langsam bin ich dahintergekommen, dass man oft gar nicht so viel spielen muss, um den Song zu unterstützen. Es geht viel mehr um die Genauigkeit im Sound und einer präzisen/bewussten Dynamik.. Früher habe ich immer versucht, die Live-Energie im Studio einzuknüppeln und das funktioniert zwar manchmal – bei Rock’n Roll Bands z.B., aber meistens muss das überhaupt nicht sein. Lieber aufs Grundgerüst herunterzubrechen und bspw. statt einem Fill vor dem Refrain einfach nur eine offene HiHat zu spielen.

Patrick Huter

Welches Drumset spielst du aktuell und was gefällt dir daran besonders?
Ich steh total auf Vintagezeug. Da hat sich in den letzten Jahren ein bisschen was angesammelt – also ich mag Drums insgesamt sehr gerne.

Hast du da eine Lieblingsdekade?
Also ich liebe meine Sonor Teardrop Bassdrum aus den 60er Jahren. Die habe ich schon in allen möglichen Kontexten gespielt und die passt eigentlich fast immer sehr gut. Außerdem habe ich mir vor kurzem ein Rimmel Set zugelegt, das war so eine Münchner Firma. Aber auch die dicken, modernen Kessel haben ihre Berechtigung – je nach Sound eben.

Gibt es einen Snaresound, den du ganz besonders liebst? Eher Metalkessel oder Holz, eher hoch oder tief gestimmt?
Es hängt eigentlich immer vom Projekt oder gar vom Song ab. Ich probiere dann einfach viel herum. Hab eine Zeit lang nur Metalkessel verwendet, aber es ist eigentlich ein bisschen egal. Das Fell ist auch extrem wichtig, wie man es stimmt und vor allem, wie man es spielt. Mittlerweile kenne ich meine Snaredrums ganz gut und dann weiß ich bei Aufnahmen meistens recht schnell, zu welcher ich greifen muss.

Bei der Backbeat Session hast du uns ja ein Impro-Stück gespielt, das sehr stark von südamerikanischen Rhythmen geprägt ist. Woher kommt die Liebe zu lateinamerikanischen Klängen und Rhythmen?
Bei meinen Eltern habe ich unter anderem den Buena Vista Social Club entdeckt, das hat mich natürlich schon sehr stark geprägt. Meine Mama hat dann auch Djembe gelernt, durch das bin ich dann auch ein bisschen reingerutscht. Und später, während meiner Maturazeit, war Ska- und Reggae-Sound sehr wichtig für mich. Ein Freund von mir hat dann plötzich eine Platte aus Ghana vorgespielt. Das war „Highlife“ von E. T. Mensah, eine super gute Platte. Mit 19 oder 20 hat mich der Djembe-Lehrer meiner Mama dann nach Ghana eingeladen und dort habe ich 8 Monate verbracht und war sehr viel am Trommeln und habe die Musik dort noch besser kennengelernt. Als ich dann 2011 nach Wien kam und mein Studium an der Musikwissenschaft begann, hatte ich die Möglichkeit, meinen Horizont noch mehr zu erweitern. Seit 2012 spiele ich auch bei Maracatu Renascente. Wir spielen einen bunten Mix aus afro-brasilianischen Stilen und spätestens seitdem ich vor ca 4 Jahren die künstlerische Leitung der Band übernommen habe, bin ich diesen Musikstilen und ihren Kombinationen komplett verfallen.
Ich finde das Schönste am Musikmachen, vor allem bei Rhythmusinstrumenten ist, dass man Leute zum Tanzen bringt. Und südamerikanische und afrikanische Musik ist oft (nicht immer) genau drauf ausgelegt – es fühlt sich einfach richtig an.
Ich bin mir aber übrigens schon bewusst, dass es problematisch ist als Mitteleuropäer*in Musik zu spielen und zu reproduzieren, die für marginalisierte Gruppen zum Teil auch als Eigenermächtigung eine sehr wichtige Rolle spielt. Davor habe ich auch allergrößten Respekt und beschäftige mich viel damit, ob sich das überhaupt ausgeht und wenn ja, wie. Der Prozess ist nicht abgeschlossen und ich hoffe ich lerne noch mehr darüber, damit ich die Musik spielen kann, ohne jemandem zu nahe zu treten oder der Person das Gefühl zu geben, beraubt zu werden.

Gibt es eine Trommel oder ein Percussion-Element, das du aktuell überall einbauen willst?
Extrem schön finde ich Congas. Beim Schlagzeugspielen vermisse ich manchmal die Tonalität. Alles macht „nur“ ein Geräusche oder „Lärm“ und bei manchen Percussion-Elementen erzeugt man hingegen wirklich einen Ton. Conga-Spielen bietet jedenfalls ein sehr spannendes, ganz eigenes Universum. Aber auch die Triangel find ich sehr schön – es gibt bspw. eine Art die Triangel mit 16tel zu spielen, die total viel Dynamik und Groove erzeugen kann.

Ist sie dabei dann eher gedämpft oder klingt die offen durch?
Ja genau, man hält sie gedämpft, aber für betonte Schläge macht man sie dann auf und das klingt richtig cool und groovt extrem – z.B. für Samba.

Welche Rolle spielen elektronische Beats und Samples bei deinem Schaffen?
Eigentlich eher wenig. Bei Another Vision kommen schon Samples zum Einsatz, die ich live mit dem Samplepad auslöse, aber sonst arbeite ich eher wenig mit elektronischen Sounds. Spannender finde ich da bspw. mit einem akustischen Drumset elektronische Sounds zu emulieren. Ich bin jedenfalls nicht so sehr in der elektronischen Musik daheim, auch wenn es ein paar ganz coole Remixes von lateinamerikanischen und afrikanischen Songs gibt, die ich gut finde.

Hast du einen Lieblingsgroove?
„Duff – KaDuff – Ka // Duff – KaDuff – Ka“… in allen Varianten! Das nennt man im Spanischen auch Tresillo. Ist eigentlich dieses 3 über 2, aber halt in 16tel, wobei auch nicht ganz 16tel… Mit verschiedenen Phrasierungen kann man da einfach extrem viel machen.
Und sonst Puff-Tschak – ist auch immer cool und oft schon genug.

Was steht bei dir als Nächstes an?
Ich will dem Turist Projekt auf jeden Fall viel Zeit widmen, wo ich auch viel mit Multipercussions arbeiten will. Außerdem werde ich in Zukunft versuchen, bei allen Projekten, bei denen ich beteiligt bin, meinen eigenen Charakter reinzubringen. Bspw. Congas einbauen, wo es manche vielleicht nicht erwarten würden.
Jedenfalls will ich aber viel Musik machen, die Leute zum Tanzen bringt – das ist so mein Herzenswunsch.

Schöne Schlussworte – danke für das spannende Interview!

 


Fotos: Andreas Müller (Titel und Fußzeile), Moritz Kristmann (Fließtext)