Michael Lind
Unser Drummer des Monats im Mai 2022 ist Michael Lind. Er spielt ungeschliffenen Blues-Rock genauso wie aktuellen Indie-Pop und hat uns im Gespräch von seinen schönsten Live-Erfahrungen, seinen Kaffeevorlieben, sowie von seinen aktuellen Projekten erzählt. Außerdem war er zu Gast in der beatboxx und hat dort zwei Songs von den Dun Field Three am Schlagzeug performt.
von Patrick Tilg
Du spielst aktuell bei PIPPA, Kristoff, Dun Field Three und The L.L.A. – die Artists sind vom Sound her ja durchaus sehr unterschiedlich. Ist es dir wichtig, da eine breite Genre-Vielfalt abzudecken?
Ja, durchaus. Da waren natürlich immer viele verschiedene Einflüsse da: Durchs Schlagzeugstudium, wo der Fokus beim Jazz lag, oder durch die vielen Projekte im Indie-Bereich, bei denen ich spielen konnte. Also es ist mir schon wichtig, dass ich verschiedene Dinge spiele. Beim Projekt Kristoff spiele ich bspw. viel mit Besen, da ist alles sehr reduziert und wir arbeiten vor allem mit akustischen Instrumenten. Bei Dun Field Three ist das etwas anderes, da gibt es etwas härtere Klänge – mir gefällt dabei auch sehr, dass es so frei ist. Wir stellen uns einfach in den Proberaum, probieren Songideen aus und die Einflüsse von allen Mitglieder werden so genommen, wie sie sind und durchgemischt.
Das heißt, bei Kristoff und Pippa stehen die Songs bzw. Drumlines bereits vor den ersten Proben und bei Dun Field Three entsteht alles erst im Proberaum?
Genau, bei Pippa wars bisher so, dass sie, gemeinsam mit Hans Wagner, die Songs geschrieben und produziert hat und ich die Songs dann mit ihnen live performt habe. Ich bin also Teil der Pippa Live-Band. Beim zweiten Pippa-Album hab ich zwar auch ein paar Songs an den Drums eingespielt, aber meistens steht das alles schon und ich versuche die Drums dann live umzusetzen. Und bei Kristoff läuft das sehr ähnlich ab.
Gibt es aktuell noch andere Band-Projekte, bei denen du live oder im Studio aktiv bist?
Ja, es gibt noch das Band-Projekt The L.L.A. vom Songwriter Tim Tercero, der übrigens auch Gitarre in der Pippa Live-Band spielt. Für The L.L.A. haben wir letzten Herbst die Drums für seine neuen Songs aufgenommen – die sind gerade am Fertigwerden und kommen bald raus. In den nächsten Monaten wird generell einiges erscheinen, bei dem ich mitwirken durfte. Eine EP von den Dun Field Three, ein Album von Kristoff, ein Album von The L.L.A. und auch von Pippa wird bald wieder etwas Neues kommen.
Wenn du es dir aussuchen müsstest – nur mehr Studio oder nur mehr live?
Naja, ich spiele schon sehr gerne live – der live-Moment gefällt mir schon sehr. Es ist einfach schön auf Festivals zu kommen, andere Bands zu sehen, andere Musiker*innen kennenzulernen und einfach ein bisschen herumzukommen.
Also eher live?
Das Studio macht schon auch Spaß, das ist halt eine völlig andere Herausforderung. Meistens ist die Studiozeit recht knapp, weil das Budget auch oft sehr knapp ausfällt. Aber ich mag es schon sehr, die Sachen mit den anderen Musiker*innen im Proberaum vorzubereiten und dann ins Studio zu gehen und das ganze aufzunehmen.
Wie ist es dann bei dir im Studio – machst du so viele Takes bis alles perfekt passt oder legst du lieber drei bis fünf gute Takes und hin, woraus man dann eine schöne Kombination basteln kann?
Eher Zweiteres. Wenn ich mal fünf oder sechs Takes gemacht hab, glaub ich nicht, dass es dann noch viel besser oder anders wird, wenn ich es noch viel öfter versuche. Also ich steh schon drauf, dass es „ehrlich“ ist. Aber ich finde es auch ok, wenn man zwischen den Takes auswählt oder mal von einem insgesamt guten Take für einen Takt in einen anderen springt.
Wo kommst du denn musikalisch her?
Gute Frage, angefangen hat das … da war ich ungefähr zehn Jahre und hab begonnen in der Musikschule bzw. auch im Jugendorchester Schlagzeug zu spielen. Mehr oder weniger ungefragt – das eine hat damals das andere bedingt. Aber ich hatte dort einen sehr coolen Lehrer und hab zwischen 10 und 15 sehr gerne und sehr viel Schlagzeug gespielt. Ich hab daheim einfach versucht, irgendwelche Sachen nachzutrommeln, die ich gehört habe. Später hab ich dann recht viel Punk und Hip-Hop gehört und mit 18 hab ich dann auch die Beatles, Jimi Hendrix und viele andere aus den 60ern und 70ern, aber eben auch aktuelle Indiebands für mich entdeckt. Bald darauf ging es auch mit dem Jazz los. Ich war dann einige Jahre am Kons und hab Jazz-Schlagzeug studiert und eben nebenbei in Indiebands gespielt. Damals ging das auch bald mit Velojet los. Wir haben einige Platten gemacht und richtig viele Konzerte gespielt – das war eine sehr spannende Zeit.
Gab es in deiner Laufbahn als Drummer ein Ereignis, an das du dich besonders gerne zurückerinnerst?
Es gab so viele schöne Konzerte, an die ich mich gerne zurückerinnere. Die Zeit mit Velojet war besonders toll, vermutlich auch, weil es die erste Band war, mit der ich viel unterwegs war. In Österreich, Deutschland, Holland oder etwa das Great Escape Festival in Brighton – das war schon sehr cool. Aber auch letzten Sommer mit Pippa am Reeperbahn Festival oder am Donauinselfest war es sehr schön.
Was bedeutet Drumming für dich?
So in Teenagerjahren war es praktisch ein Spielzeug für mich, ohne große Ambitionen oder Ziele. Später ist das irgendwann umgesprungen und ich wollte dann auch einen Beruf daraus machen. Und das ist es jetzt auch – ich spiele live und unterrichte nebenbei.
Sehr cool! Gibt es am Drumset einen Sound oder ein Teil, das du besonders gerne zum Einsatz bringst oder sind bei dir alle Trommeln und Becken gleichrangig und als Gesamtheit zu verstehen?
Ja, das ist definitiv die Snare. Ich spiele meistens eine Ludwig Supraphonic, eine sehr klassische, viel verwendete Snaredrum, mit crispy Sound. Dann mag ich auch meine Gretsch Holzsnare, die hat einen scharfen Attack gemischt mit einem warmen Holzsound. Aber auch die Ludwig Jazzfestival verwende ich gerne, die hat auch einen sehr warmen Holz-Klang und einen soften Tone.
Welche österreichischen Künstler*innen findet man sonst so in deiner Plattensammlung oder Playlist?
Da ich durch meine Arbeit schon viel mit Musik beschäftigt bin, freue ich mich dann auch ein bisschen über Ruhe im privaten Bereich. Was aber grundsätzlich unmöglich ist bei einer ebenso musikbegeisterten Familie. Ich höre eigentlich recht unterschiedliche Sachen. Österreichisches: Alicia Edelweiss, Mira Lu Kovacs, Sigrid Horn, 5/8erl, Katharina Ernst oder Elektro Guzzi. Aber auch Fritz Kreisler. Oder Bad Weed. Du siehst, quer durch die Bank.
Und Internationales?
New Orleans Sachen wie Allen Toussaint, Professor Longhair aber auch aktuelle Sachen wie z.B. Olivia Rodrigo… eben auch sehr unterschiedlich.
Apropos Elektro Guzzi, wie stehst du zu elektronischen und synthetischen Drumsounds?
Im Pop-Bereich sind die Anforderungen in den letzten zehn Jahren einfach zum Standard geworden, dass man auch live elektronische Sounds bedienen kann. Wenn es zum Projekt passt, verwende ich natürlich auch ein Sample Pad, aber wenn ich es mir aussuchen könnte ist mir die akustische Variante dann doch irgendwie lieber. An manchen Stellen passen elektronische Sounds aber auch gut.
Du unterrichtest ja auch – worauf legst du bei deinen Unterrichtsstunden besonderen Wert?
Mir ist wichtig, dass meine Schüler*innen Spaß am Unterricht haben. Ich versuche sie einfach dort abzuholen, wo sie gerade sind. Je nach Alter, musikalischen Vorkenntnissen etc. Sie sollen einfach Freude am Spielen und am Instrument haben.
Unsere neue Spezialfrage: Welcher Groove passt für dich zu den folgenden Stimmungen?
Traurig: 6/8-Groove, etwas Langsames, mit Hihat oder überhaupt nur mit Besen auf der Snare;
Glücklich: Shuffle – entweder ein schön angeshuffelter Hip-Hop-Groove oder ein klassischer Halftime Shuffle;
Ambivalent: ein Pop-Groove mit vielen Toms. Also schon 2 und 4 Backbeat, aber z. B. die Hihat durch die Floor Tom ersetzen;
Und zum Abschluss: Wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?
Schwarz – Espresso.