Hannes Gruber
Unser Drummer des Monats Dezember’21 ist Hannes Gruber von Modecenter und Loather. Im Interview verrät er uns, was eine*n gute*n Zeigler ausmacht, warum er gern auf altem Equipment trommelt und was sich gerade im musikalischen Underground so tut.
Nora Blöchl
Wann hast du angefangen, Schlagzeug zu spielen?
Also, das erste Mal habe ich mich mit 4 – 5 Jahren bei meinem Onkel hinter das Schlagzeug gesetzt. Dann habe ich mit 8 Jahren zu lernen begonnen und habe 3 Jahre Unterricht genommen. Währenddessen hat das Ganze mit den Bands auch schon angefangen. Da haben wir schon gemeinsam gespielt und musiziert. Also könnte man sagen, ich habe mit 8 Jahren ernsthaft begonnen. Jetzt bin ich 32. Das kann man sich dann ausrechnen. *lacht*
Warum hast du dir genau das Schlagzeug ausgesucht?
Ich glaube, der Anblick hat mich inspiriert. Ich wollte einfach auf etwas draufhauen und Aggressionen abbauen. Das hat sich einfach so ergeben und als Kind ist man da nicht so verkopft oder rational und nimmt sich das her, was man in seiner Umgebung so findet. Mit dem Unterricht habe ich wegen meinem Cousin begonnen – mit dem spiele ich ja auch gemeinsam. Der war als Gitarrist so der erste Anlaufpunkt. Eigentlich hatte er ja angefangen Schlagzeug zu lernen, aber das ist bei ihm nichts geworden, weil er nicht die glückliche Situation hatte, ein Set zu Hause zu haben. Das ist dann bei ihm versandet. Ich hatte halt im Keller ein Schlagzeug und nicht nur ein Übungspad – das ist natürlich wichtig, gerade im Kindesalter. Er hat mich dazu gebracht, dass ich Unterricht nehme. Später hat er dann die Gitarre genommen und ich bin beim Schlagzeug geblieben. Als wir begonnen haben, zu spielen, war er ca. 14 Jahre alt und ich um die 11.
Welches Genre habt ihr da gespielt?
Das war schon so in Richtung Punk – also Exploited und Anti-Flag. Wir haben halt nachgespielt.
Gibt es für dich ein Genre, in dem du dich am wohlsten fühlst?
Das kann ich gar nicht abgrenzen. Ich bin so ziemlich offen für alles und meine Projekte gehen ja auch in unterschiedliche Richtungen, aber ich war schon immer recht Rock-affin. Wir haben ja einerseits Modecenter. Da spielen wir Post Punk und Noise-Rock. Und auf der anderen Seite gibt es Loather, wo wir starke Black Metal- oder auch Doom-Einflüsse haben und eine eher triste depressive, langsame Stimmung reinbringen. Ich spiele da auch eher langsamere Beats – ganz anders als bei Modecenter. Also stilistisch doch vielfältig und so würde ich auch meine Interessen beschreiben.
Welches Konzept steckt hinter Modecenter?
Eigentlich gar kein Konzept.*lacht* Es hat mit einem Jam im Proberaum angefangen, wo wir nur den Kopf ausschalten wollten und losgelegt haben. Unser Zugang war, nicht nachdenken, sondern einfach machen. Wir wollten einfach alles mal laufen lassen und uns nicht zu viele Gedanken über Komposition oder sonst einen verkopften Schwachsinn machen – halt wenig nachdenken.
Wann habt ihr die Band gegründet?
Also unser erster Auftritt war 2019 in St. Marx bei einem Skate-Fest und die erste Aufnahme haben wir im Sommer 2019 gemacht. Dann hatten wir noch zwei Gigs und dann war die Krise schon da.
Unterscheidet sich das Arbeiten mit Modecenter zur Arbeit mit Loather für dich?
Also an sich haben beide Bands ja die gleiche Besetzung, aber das Genre fordert natürlich eine andere Herangehensweise. Bei Loather ist alles viel durchkomponierter und wir machen uns da mehr Gedanken und diskutieren auch viel. Bei Modecenter ist das immer sehr leicht von der Hand gegangen. Da passiert die Komposition eher im Moment und wird improvisiert. Wir verstehen uns alle sehr gut und haben eine gute Basis. So geht das Songwriting halt richtig gut und auch sehr schnell. Außerdem singe hauptsächlich ich bei Loather und David macht die zweite Stimme oder wir wechseln uns ab. Insofern reduziere ich das Schlagzeug aufs Wesentliche und gerade bei den Gesangsparts kann ich mir keine großartig komplizierten Sachen erlauben. Ich finde das aber cool, weil es straight durchgeht und eine eigene Stimmung erzeugt.
Hast du ein Lieblingsequipment?
Würde ich nicht unbedingt sagen. Was ich gerne mag, sind interessante Sachen, so wie alte Schlagzeuge. Mein Cousin Michael ist u.a. ein großer Sammler von Vintage – Instrumenten, auch Schlagzeugen. So komme immer wieder in den Genuss, dass ich die Sachen ausprobiere. Das geht von alt bis semi-neu, so aus den 50ern-70ern. Ich spiele auch ein Schlagzeug aus den 60ern. Die sind nicht teuer, aber klingen trotzdem super. Ein Set aus den 40er/50er hat zum Beispiel echtes Kuhfell oben. Ich habe auch schon high-end Schlagzeuge bespielt und das hat mir nie so zugesagt. Es gibt natürlich auch unter den neuen Sachen coole Schlagzeuge, aber irgendwie brauche ich etwas mit Charakter, der findet sich meist bei den älteren Sets.
Welche Musik hörst du gerade?
Zurzeit bin ich viel im Post Punk-Genre unterwegs. Ich höre grad gerne die Platte Dogrel von Fontaines D. C. Letztens habe ich auch das neue Tape Megacut von FS Massacre in die Hände bekommen, das ich mir in der Badewanne gegönnt habe. Das ist mit Werner Thenmayer am Schlagzeug, der hat auch die Modecenter Platte in den Elephant West Studios aufgenommen. Aber eigentlich höre ich alles durch die Bank – das geht von Thrash Metal bis Nick Cave. Es gibt sehr viel, was mich reizt und interessiert.
Gibt es etwas, was du dir immer wieder aufgrund des Beats oder der Schlagzeugspuren anhörst?
Bei mir geht es eigentlich um das Gesamtkonzept. Ich höre Musik nicht vordergründig wegen des Schlagzeugs. Natürlich achtet man als Schlagzeuger anders auf die Beats, aber ich schätze es schon eher wenn die Gesamtkomposition stimmt und es muss gar nicht sein, dass das Schlagzeug extrem auffällt. Ich finde, ein guter Zeigler ist, wer auf die anderen hören kann und sich auch an den richtigen Stellen zurücknehmen kann, um dann in den richtigen Momenten zu glänzen.
Könntest du deinen Lieblingsbeat benennen? Also einen Beat, den du auch immer wieder verwendest?
Fast alles was ich spiele, besteht aus dem sogenannten „Money-Beat“. Also im 4/4-Takt, die Bass-Drum auf 1 und 3 und die Snare ist auf 2 und 4. Es kommt natürlich immer darauf an, wie man den Beat bringt – das macht einen großen Unterschied. Da geht es mehr um die Attitude. Der Beat, den ich im Video gespielt habe, hört sich zum Beispiel sehr kompliziert an, ist aber ein 4/4-Takt. Das ist übrigens der Song Deceit von unserem Album Modecenter.
Was steht bei dir in nächster Zeit an? Gibt es irgendwelche Lockdown-Projekte? Arbeitest du an etwas?
Zurzeit mischen wir unsere neuen Aufnahmen von Modecenter und machen ein Musikvideo. Bei Loather haben wir uns vorgenommen, dass wir an einem neuen Album arbeiten. Ich kann Musik noch nicht als meine Haupteinnahmequelle nennen. Mal sehen was sich in nächster Zeit so ergibt und es ist wirklich schön, dass wir mit Modecenter jetzt etwas Wertschätzung erhalten. Außerdem wird es sowieso spannend, wie sich die Krise nächstes Jahr weiterentwickelt. Uns sind überraschend wenig Konzerte bis jetzt abgesagt worden, aber es wäre wahrscheinlich auch viel mehr gegangen.*lacht* Der erste Gig nach dem Lockdown war im Sommer 2020 in der Arena. Es war richtig gut, da endlich wieder zu spielen. Im Sommer 2021 gabs dann die Album-Release-Show in der Arena und wir haben dieses Jahr auch beim Gürtel-Nightwalk gespielt. Das war richtig cool, weil die Bühne so offen war und die Leute rundherum gestanden sind. Irgendwie hat man da gemerkt, dass die Leute mehr into it sind und enthusiastischer als davor. Im Frühjahr sind wir dann auf jeden Fall wieder zurück. Die Veranstalter*innen und Booker*innen halten sich ja im Moment stark zurück.
Titelfoto: (c) Michael Schneeberger
Foto: (c) David Višnjić, Michael Schneeberger