Christian Ziegelwanger
Unser Drummer des Monats April ist Christian Ziegelwanger. Der gebürtige Niederösterreicher gehört wohl zu den tightesten Drummern des Landes und spielt in den Live-Bands von Projekten wie Waldeck oder Insieme. Aber auch beim Rock Musical »Jesus Christ Superstar« im Raimund Theater gibt er von 3. Bis 10. April 2023 den Takt vor. Im Gespräch hat er uns verraten, warum synthetische Drumsounds so spannend sind, warum Livespielen an oberster Stelle steht und natürlich, wie er seinen Kaffee am liebsten trinkt.
von Patrick Tilg
Was fühlst du, wenn du hinter einem Drumset sitzt?
Im Prinzip fühle ich dabei eine gewisse Ruhe – es ist fast wie eine andere Welt. Also ich fühle mich sehr wohl, wenn ich mich hinters Schlagzeug setze.
Macht es für dich einen Unterschied, hinter welchem Drumset du sitzt?
Jein, am wohlsten fühlt man sich glaub ich doch am eigenen Set. Denn wenn man ein Set nicht wirklich kennt, ist es nicht das gleiche wie an den täglich gewohnten Drums.
Du hast in deiner Laufbahn ja schon in den verschiedensten Projekten gespielt. Vom Jazz, über Rock-Formationen bis zum Musical – gibt es Stile oder Formate, die du nicht mehr spielen würdest.
Nein, nicht wirklich. Für mich hat ziemlich jedes Genre seine Reize. Die verschiedenen Zugänge in den verschiedenen Musikkulturen und die unterschiedlichsten Musiker*innen. Nur Schlagwerk Auftritte muss ich nicht unbedingt spielen, aber alles, was mit dem Set möglich ist, gerne.
Erzähl uns doch mal von zwei, drei Highlights deiner Schlagzeuger-Karriere!
Es gab sicher ein paar Highlights, aber da muss ich kurz überlegen…
Eines davon war vielleicht das Engagement in der Band von Gloria Gaynor, vor vielen Jahren in Madrid. Was auch sehr schön war, war das Debüt-Konzert meiner Toto-Tribute Band zu meinem 40er. Als Überzeugter Toto-Fan war das eine Herzensangelegenheit für mich. Das war ein wirklich schöner Auftritt in einem Kulturwirtshaus in Wieselburg.
Kommen wir in die Gegenwart: Wo liegt zurzeit dein Fokus als Drummer?
Jetzt über Ostern spiel ich im Raimund Theater bei »Jesus Christ Superstar«, das ist mein aktueller Fokus in den nächsten Wochen. Nachher ist es dann sehr verteilt – hier ein paar Konzerte mit Waldeck, da ein paar Shows mit Insieme. Außerdem ist demnächst eine Aufnahmesession mit meinem eigenen Trio geplant. Gemeinsam mit der Jazz-Saxophonistin Ilse Riedler und dem Bassisten Christian Wendt spielen wir reine Instrumentalmusik. Es ist nicht wirklich jazzig, sondern mit geraden Beats und improvisiert. Vor einem Jahr haben wir im Trio auch mal eine Ö1 Radio Session gespielt. Und im Mai gibt es mit der Vienna Groove Unit dann auch wieder eine Aufnahmesession.
Stichwort Aufnahmesession: Fühlst du dich im Studio, im Proberaum oder auf der Bühne am wohlsten?
Das Live-Spielen gefällt mir schon besonders gut, denn es ist eine ganz besondere Energie, die dabei entsteht. Es ist einfach spontan und kann nicht wirklich reproduziert werden. Klar kann es im Studio auch solch magische Momente geben, aber es ist doch etwas anderes. Wobei es im Studio auch sehr unterschiedlich sein kann, denn es macht einen Unterschied, ob man die Songs gemeinsam einspielt oder man zur fertigen Vorproduktion dazu spielt.
Welche österreichischen Musiker*innen findet man aktuell in deiner Plattensammlung?
In meiner iTunes-Sammlung findet man z.B. Bilderbuch, die find ich wirklich richtig gut und sehr innovativ. Aber auch Lemo find ich sehr gut, genauso wie Musik von Herbert Pirker.
Und gibt es noch weitere Projekte, bei denen du selbst dabei bist?
Ja, da gibt es nicht The Horny Funk Brothers, Monika Ballwein, die Vienna Groove Unit, Vereinigte Bühnen Wien, Big John, Michael Seida, Ilse Riedler, CCRP, The New Commitments und Robert Riegler (Rygla).
Zurück zum Schlagzeug – wo und wie hast du Drummen gelernt?
Mein Vater hatte eine Hobbyband als ich noch ein Kind war und ich hab dann immer mitbekommen, wie sie bei uns am Bauernhof geprobt haben. Am meisten fasziniert hat mich damals schon das Schlagzeug. Nachdem ich zuerst mit Plastikkanistern mein Set gebaut hab, bekam ich mit acht oder neun Jahren mein erstes richtiges Drumset.
Zuerst hab ich dann selbst drauf los gespielt und dann mit elf hab ich begonnen, Schlagzeugunterreicht zu nehmen. Da gab es dann auch eine Bigband und bald wurden die ersten Kontakte geknüpft. Dann musste ich aber etwas „Gescheites“ lernen und hab eine Lehre zum Elektriker gemacht. Während dem letzten Lehrjahr hab ich aber schon mit meinem Schlagzeug Studium am Wiener Kons begonnen.
Kannst du uns kurz beschreiben, was du bei der Live-Session in der beatboxx gespielt hast und warum?
Das erste war ein Playalong von Dave Weckl, weil mir seine Platte » Rhythm of the Soul« damals sehr gut gefallen hat.
Die zweite Nummer mit dem Titel »Around the Five« ist von mir und ist im Grunde ein Spiel um Fünf. Das Interessante beim Fünfer ist, was sich alles drüber ausgeht. Das ist gewissermaßen ein Sinnbild dafür, dass sich eh alles ausgeht und zeigt außerdem wieviel Gemeinsamkeiten die ganzen verschieden Musikstile doch miteinander haben.
Welcher Groove passt für dich zu den folgenden Stimmungen?
- traurig: eine Rock-Ballade mit Ride-Becken;
- glücklich: Funk, im 7/8 Takt;
- ambivalent: Das ist schwierig, aber ich würde am ehesten Pop/Rock sagen.
Was macht für dich einen guten Drumsound aus? Gibt es da eine Geheimformel oder ist das für jeden Act und für jedes Genre unterschiedlich?
Für mich kommt es bei dieser Frage eigentlich schon drauf an, um welche Musik es geht. Ein falsches Setup für das falsche Projekt ist nicht ideal. Mit dem passenden Set spielt man auch gleich ganz anders. Am Jazz-Set funktioniert Rock einfach nicht so gut wie am Rock/Pop Drumset.
Mittlerweile lege ich z.B. auch sehr viel Wert auf die Felle. Wenn die passen, kann gar nicht mehr so viel schief gehen.
Was hältst du als Drummer von synthetischen und programmierten Drums und Beats?
Für gewisse Musikstile setze ich durchaus elektronische Drumsounds ein. Sie klingen halt immer schon fertig und das ist bei gewissen Genres und Songs einfach unabdingbar, um den Sound – wie z.B. die richtige Attack – auch live umzusetzen.
Also ja, ich finde den Einsatz von elektronischen Drums spannend und cool, weil synthetische und natürliche Sounds sich gegenseitig auch beeinflussen und erweitern können.
Wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?
Eigentlich einen doppelten Espresso mit etwas Milch.
weiterführende Links:
Horny Funk Brothers – http://www.hfb.at
Vienna Groove Unit – https://viennagrooveunit.at
Foto: (c) Oernest Jauck