Lukas Rausch
Er trommelt unter anderem bei der Legende Boris Bukowski, bei österreichischen Pop-Helden wie Thorsteinn Einarsson oder Nathan Trent und setzt die elektronischen Beats von Mavi Phoenix live um – unser Drummer des Monats Feber: Lukas Rausch.
von Patrick Tilg
Angeblich bist du bereits mit 8 Jahren hinter dem Schlagzeug gesessen. Wie kam es in so jungen Jahren dazu?
Einen großen Anteil an meiner Leidenschaft zur Musik habe ich meinem Vater zu verdanken. Er hörte damals (und eigentlich auch heute noch) sehr viel Toto, Phil Collins, Dire Straits, Supertramp, manchmal auch Queen oder die Beatles - und so klischeehaft es klingen mag, irgendwann kam mal der Tag (ich glaube ich war 7 Jahre oder so), an dem ich diese eine bekannte Stelle von „In the Air Tonight“ von Phil Collins hörte - danach wollte ich Schlagzeug lernen. Dass meine Begeisterung nie weniger wurde habe ich aber auf jeden Fall auch meinen fantastischen Lehrern an der Musikschule zu verdanken. (Sigi Meier, Clemens Adlassnig)
Was hat dich so am Instrument interessiert, dass du es bis heute spielst. Oft ist es ja so, dass man im Jugendalter auf ein anderes Instrument umsteigt oder gar nichts mehr mit Musik zu tun haben will.
Zwei wesentliche Aspekte haben mich so interessiert: 1. Die Kraft, die das Schlagzeug haben kann vor allem im Zusammenspiel mit anderen. Musik zu formen und eine Richtung vorzugeben. Später kamen dann Aspekte wie z.B. die unglaubliche Vielfalt an Klangfarben, die man aus einem Schlagzeug rausholen kann, dazu. 2. Das Schlagzeug ist nun mal, mehr als das bei anderen Instrumenten der Fall ist, ein ganzkörperliches Instrument. Für mich war neben allen musikalischen Aspekten auch eines wichtig: mich hinter dem Set auspowern zu können. Dass Musik immer eine sehr große Rolle in meinem Leben spielen wird, war sehr früh klar.
Bei der Mittelalter/Pagan-Folk-Band Celtica hast du dann auch schon bald sowohl das Studio- als auch Tourleben kennengelernt. Was kannst du aus dieser Zeit mitnehmen und warum haben sich die Wege nach vier Jahren wieder getrennt? Hast du dich damals schon eher mehr zum Mainstream-Pop hingezogen gefühlt?
Ja, Celtica war quasi mein Start ins professionelle Musikerleben. Zum ersten Mal nur vom Spielen leben können, auf Tour gehen… Wir haben in den 4 Jahren unglaublich viel gespielt. Vor allem international war gut was los – USA, Kanada, und ganz Europa wurden bespielt. Mitnehmen kann ich aus dieser Zeit sehr viel – wir haben damals alles selber gemacht: Gigs gebucht, Transfers organisiert, Backline gecheckt, Hotels gebucht, etc. Da habe ich echt viel gelernt. Vor allem wenn man als Band viel mit dem Flugzeug unterwegs ist, gibt’s echt viel zu beachten. Nach 4 Jahren war‘s dann aber auch gut, - meine Freundin war damals schwanger mit unserem ersten Kind. Daher wollte ich mich in Österreich mal als Musiker „etablieren“. Die Zeit mit Celtica lief größtenteils parallel zu meinem Studium. Viele Kollegen nutzten die Zeit ihr Netzwerk hier aufzubauen. Ich nicht – weil ich eben immer unterwegs war. Ich wollte außerdem nicht nur für einen einzigen Act spielen. Mir ist es auch heute noch wichtig mit unterschiedlichen Bands und Musiker*innen zu spielen. Am besten auch noch in unterschiedlichen Genres. Also würde ich nicht sagen, dass ich mich zum Mainstream Pop hingezogen fühle. Es gibt wirklich sehr viele Genres die ich unglaublich gerne spiele.
Mit welchem deiner Projekte kannst du dich am meisten identifizieren bzw. gibt es auch Projekte, bei denen du nicht professionell engagiert bist, sondern selbst zu den Gründungmitgliedern zählst?
Schwierige Frage. Also derzeit bin ich fix engagiert bei Mavi Phoenix, Thorsteinn Einarsson, Boris Bukowski und Nathan Trent. Bei dem Projekt THE MEN, das ich gemeinsam mit meinen geschätzten Kollegen und guten Freunden Dave Reismann und Stefan Wessel betreibe bin ich auch Gründungsmitglied. Ein paar Worte zu den 4 Projekten bei denen ich als Sideman engagiert bin: Bei Mavi Phoenix besteht die Herausforderung darin, einen guten Bogen zu schaffen zwischen akustischen und synthetischen Sounds. Außerdem die Beats von den Produktionen möglichst genau nachzubauen, ohne mich komplett einzuschränken. Das ist super spannend für mich. Bei Thorsteinn finde ich seine Ausstrahlung als Frontman unglaublich gut, und natürlich die KILLER Band. Das macht richtig Spaß jedes Mal. Genau dasselbe spielt sich bei Boris Bukowski ab – mörderische Band, Boris selbst an Authentizität nicht zu überbieten. Und für mich ein echtes Privileg für eine lebende Legende der österreichischen Musiklandschaft zu spielen. Bei Nathan Trent sind wir ein bisschen in der Probephase, welches Live Setup funktioniert und am meisten Sinn macht. Die Songs sind teilweise sehr Rn‘B lastig, was mir extrem gut gefällt. Nathan ist für mich auch einer der krassesten Sänger des Landes. Alleine die Beschreibung zeigt schon, dass ich mich mit allen 4 Acts gleich gut identifizieren kann – jede Band bringt ihre eigene Herausforderung mit sich. Die Abwechslung ist das Schöne an der ganzen Sache. Mit dem Projekt THE MEN spielen wir Firmenfeiern, Hochzeiten usw. Mit der oben genannten Formation im Trio macht das so derartig viel Spaß, weil man sich musikalisch sehr frei bewegen kann. Das wichtigste aber: wir spielen NUR Songs die uns richtig viel Spaß machen.
Du hast u.a. einen Workshop bei Jojo Meyer besucht. Was kannst du uns von dieser Begegnung erzählen?
Ich habe in meiner Studienzeit viele Workshops besucht – damals hat es auch viele davon gegeben. Ich hab das Gefühl das hat ein bisschen nachgelassen. Bei Jojo Meyer war für mich immer klar – den schau ich mir wegen seiner Technik an. Echt beeindruckend. Allerdings muss ich sagen, ich habe diese Workshops immer nur als Motivation für mich gesehen. Danach war ich immer super motiviert und hab mir neue Sachen ausgecheckt und an mir gearbeitet. Ich bin nie auf einen bestimmten Schlagzeuger reingekippt und hab mir dann alles von ihm reingesaugt. Mir war es wichtig viele verschiedene Inputs, was Spielstile, Soundvorstellungen, mentale Einstellungen betrifft, mitzubekommen.
Was würdest du jungen Musiker*innen mit auf den Weg geben?
Es ist wichtig gut zu spielen, demnach ist es wichtig viel zu üben. Man sollte das was man tut aber vor allem mit Leidenschaft machen – sonst macht es wenig Sinn! Jedes Publikum der Welt spürt die Energie, die von der Bühne runter kommt – ob sie nun gut oder schlecht ist. Es gibt vor allem viele menschliche Aspekte die sehr wichtig sind abgesehen von deiner spielerischen Leistung. Pünktlichkeit. Verlässlichkeit. Wie gut bist du in bestimmten Situationen (Studiosessions, Proben, Live Gigs, Auditions) vorbereitet, bist du ein umgänglicher Mensch … man stelle sich die Situation vor, mit einer Band drei Wochen lang auf Tour in einem 9-Sitzer Bus auf engstem Raum zwischen 5 und 8 Stunden pro Tag zu verbringen. Bevor man dann Backstage auch einen Raum teilt, auf der Bühne sowieso gemeinsam steht und schließlich nach dem Gig gemeinsam ins Hotel fährt – und das jeden Tag! Ich glaube, dass sich eine Band eher für jemanden entscheidet, bei dem das Gesamtpaket passt. Aber wie gesagt: ein hohes spielerisches Level ist dabei natürlich Grundvoraussetzung.
Wie sieht ein Live-Konzert mit Mavi Phoenix aus? Gibt es da noch eine gewisse musikalische Freiheit auf der Bühne oder muss man ständig versuchen die programmierten Beats möglichst identisch zu nachzuspielen?
Beides. Zum einen ist das genau das spannende für mich: Wie kann ich einen bestimmten Beat am Drumset umsetzen? Ich verwende ein hybrides Setup mit Roland SpdSx und 3 zusätzlichen Triggerpads. Welchen Sound der Produktion kann ich mit einem akkustischen Instrument nachahmen? Welcher Sound ist so charismatisch für den Song, dass es das Sample sein muss? Dadurch entstehen ganz automatisch geile unkonventionelle Beats, auf die man sonst vielleicht gar nicht kommen würde. Trotzdem gibt es Passagen in denen es etwas freier wird. Das tut für die Musikerseele zwischendurch auch gut …
Wie war das letzte Jahr für dich? Mit Mavi habt ihr ja noch bei einem der ersten Klub-Livestreams gespielt, gab es im Sommer dann doch ein paar schöne Open Air- Momente oder hast du die Zeit eher in Tonstudios verbracht?
Das letzte Jahr hat super begonnen mit einer Support Tour für Milky Chance in recht großen Venues. Die Tour endete Anfang März – was dann kam wissen wir leider alle. Ich musste auf jeden Fall über 100 Gigs absagen, es wäre ein richtig intensives Jahr gewesen. Im Sommer gab es vereinzelt Streaming Gigs, ein paar äußerst strange Settings, wie Autokinokonzerte, und ein zwei schöne Open Airs mit Boris Bukowski. Der letzte Gig dieses Jahr war mit Mavi im Festspielhaus St. Pölten im Oktober. Ich hab tatsächlich viel im Tonstudio gemacht. Mir macht das produzieren viel Spaß, hab eine neue Leidenschaft für mich entdeckt. Auch wenn ich da erst gerade am Anfang stehe, und sicher noch viel Luft nach oben ist… Aber ich verspüre genau die gleiche Leidenschaft und Lust daran, wie damals mit 14 als es die ersten Gigs gab und man sein Leben nicht packte weil man ein Live Konzert spielen kann… Diese schönen Momente und dieser Spaß an einer neuen Herausforderung bringt mich, glaube ich, gut durch die Krise. Ich lerne dabei viel von einem guten Freund und super Produzent, Ali Grumeth, mit dem ich gemeinsam einiges vorhabe im kommenden Jahr. Außerdem habe ich Ende des Jahres 2020 eine Rolle im A1 X-Mas Spot spielen dürfen. Das war eine neue und interessante Erfahrung für mich.
Was dich vermutlich auch gut durch die Krise bringt ist gute Musik - was hörst du derzeit privat?
Von Beatles bis Thundercat, von Toto bis Miles Davies, von Queen bis John Mayer, von Biffy Clyro bis Avishai Cohen, von Cory Henry bis Foo Fighters, von Franc Moody bis The Roots, von Robert Glasper bis Twenty One Pilots, von Neil Young bis Charlie Puth.… die Liste könnte noch ewig so weitergehen. Das ist ein Auszug aus meiner Spotify Bibliothek…
Das heißt du streamst hauptsächlich oder legst du dir daheim auch gerne mal eine Platte auf?
Ich hab‘s schon anklingen lassen, ich bin keiner von denen die jetzt seit 10 Jahren darüber schimpfen, dass es Streaming gibt. Eine Erhöhung der Ausschüttungen wären jedoch dringend notwendig und würden vieles verbessern. – die kurze Antwort wäre gewesen: ich streame, weil mir in unserer Wohnung mit unseren zwei kleinen Rabauken ein Plattenspieler einfach zu heikel wäre…
Wie sieht dein Jahr 2021 aus? Oder schauen wir lieber gleich nach 2022?
Ich wünsche mir, dass 2021 wieder besser wird, was die Live Branche betrifft. Wenn dann erst ab der 2. Jahreshälfte, da bin ich mir ziemlich sicher. Sonst steht 2021 auf jeden Fall viel Homeschooling mit meiner Tochter am Programm, und es werden viele Songs veröffentlicht bei denen ich mitgewirkt habe. Außerdem habe ich seit 2 Jahren einen Job als Schlagzeuglehrer am Musikschulverband Nibelungengau. Der „Betrieb“ läuft eigentlich nahtlos weiter. Wenn wir im Lockdown sind via Zoom Konferenz online, wenn der Schulbetrieb offen ist ganz normal in der Musikschule. Im Herbst gibt es eine Tour mit Thorsteinn Einarsson, bei der Nathan Trent den Support Slot übernimmt. Ich bin glücklicherweise bei beiden Acts der Drummer, also hoffe ich sehr, dass die Tour nicht Coronabedingt wieder verschoben werden muss. Boris Bukowski feiert heuer sein 60-jähriges (!!!) Bühnenjubiläum. Im Zuge dessen wären einige super Konzerte geplant – wir hoffen alle sehr, dass wir mit Boris dieses besondere Jubiläum feiern können. Die Tour mit Mavi Phoenix ist nach mehrmaligem Verschieben nun bereits für Anfang 2022 geplant. Wenn ich das alles selbst nochmal durchlese, kann ich es kaum erwarten wieder auf den Bühnen zu stehen…
Fotos: Mathias Kniepeiss