Backstage. Abseits des Rampenlichts – mit Theresa Ziegler. Teil II

Auch im zweiten Teil von „Backstage. Abseits des Rampenlichts“  mit der Musikredakteurin Theresa Ziegler wird es wieder spannend: Wir haben mir ihr darüber gesprochen, was in ihren Augen eine gute Musikjournalist*in ausmacht, wie sie die österreichische Musiklandschaft in Bezug auf internationale Relevanz wahrnimmt und nachgefragt, welche Musik sie gerade am liebsten hört.
Von Clara Pacher

 

 

In Teil I unseres Podcast-Interviews mit Theresa Ziegler haben wir erfahren, wie sie zum Musikjournalismus kam, was ihre Tätigkeit als Chefredakteurin bei AUX ausmacht und was ihr an ihrem Beruf besonders gut gefällt. Diesmal wollten wir es noch ein bisschen genauer wissen. Zum Beispiel haben wir nachgefragt, welche Dinge sie in ihrem Beruf herausfordern.

Eine Schwierigkeit ist laut Theresa, den Überblick oder das ‚bigger picture‘ zu behalten. Sie ist nicht nur Journalistin im Bereich Popkultur sondern auch Konsumentin der selbigen. Dabei sei es aber nie möglich, alles zu wissen und damit müsse man sich erst einmal abfinden. In Zeiten von TikTok, YouTube und Musikstreaming-Diensten ist es schlichtweg nicht möglich, immer alle Trends und Neuerscheinungen im Auge zu haben.

Und genau aus diesem Grund gilt das sogenannte Objektivitätsgebot, das in den 60er- und 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts entstanden ist, heute als schwer umsetzbar oder sogar überholt. Dieses Gebot besagt, dass Journalist*innen neutral, wertfrei und objektiv berichten sollen. Mit dem Wissen, dass alle Menschen ihre eigene Realität haben, die durchaus sehr unterschiedlich aussehen kann, wird es tatsächlich unmöglich, Dinge objektiv darzustellen. Oft wird am Objektivitätsgebot auch bemängelt, es spreche dem Journalismus seine Menschlichkeit ab.
An dieser Stelle zitiert Theresa die Journalistin Alexandra Stanic, die meinte, dass Objektivität im Journalismus immer die Perspektive des alten weißen Mannes sei. Besonders wenn es um den Bereich Musik und Kultur geht, drängt sich die Frage auf, inwiefern ein Gebot für Objektivität hier Sinn macht.

Als wir Theresa Ziegler fragen, was in ihren Augen eine gute Journalist*in ausmacht, ist sie ganz Feuer und Flamme. Dieses Thema liegt ihr, wie es scheint, sehr am Herzen und spiegelt sich auch in ihrer Vision sowie Mission für den Musikjournalismus in Österreich wieder. Sie wünscht sich mehr Diversität in diesem Bereich – das heißt mehr Frauen*, mehr queere Menschen und mehr PoC – und möchte auch selbst dazu beitragen.

Für die junge Journalist*in ist es nämlich ein sehr großes Problem im Musikjournalismus, dass er nach wie vor von den gleichen Stimmen geprägt ist, die diesen schon seit den 1990ern im ganz klassischen Sinn betreiben. Diese meist weißen Männer mittleren Alters haben somit immer noch eine Vormachtstellung in Bezug darauf, was als gute Musik bezeichnet werden darf. Damit geht einher, dass viele großartige Kunstwerke ins Hintertreffen geraten, weil sie dem Filter dieser Personen nicht entsprechen können.

Theresas Meinung nach braucht es mehr Mut im Musik- und Kulturjournalismus. Also mehr Menschen, die sich trauen, etwas als gut zu befinden, das vielleicht noch niemand vor ihnen so betitelt hat. Außerdem brauche es Personen, die keine Angst davor haben, wie bereits vor ihnen dagewesene Journalist*innen diese Ansichten bewerten würden. Dabei könnten vor allem junge Menschen oder zumindest jene, die die Meinungen dieser als relevant anerkennen, dafür sorgen, dass auch Kunst, die vielleicht nicht aus dem vergangenen Jahrtausend stammt, als großartig betitelt werden kann. Dieser Zugang ist für Theresa Ziegler längst überfällig und zugleich eine Vision, die sie motiviert und inspiriert.

Wie bereits erwähnt, haben wir außerdem nachgefragt, wie Theresa die österreichische Musiklandschaft in Bezug auf internationale Relevanz wahrnimmt. Daraufhin beschreibt sie zwei Strategien, wie es österreichische Acts schaffe können, international von Interesse zu sein.
Einerseits gebe es die falcoesque Art, mit österreichischen und vor allem Wiener Klischees zu spielen, sie zu brechen und neu zu verpacken. Acts wie Bilderbuch, Wanda oder Voodoo Jürgens feierten damit bereits Erfolge.
Andererseits gibt es Künstler*innen wie Oska, die sogar bei einem kanadischen Label ist und so international klingt, dass einem garnicht in den Sinn kommen würde, dass dieser Act aus Österreich kommt. Dabei ist es oft das Ziel, viel gestreamt und in Spotify-Playlists hinzugefügt zu werden.

Theresa Ziegler selbst beschreibt sich als leidenschaftliche Nutzerin dieser Streaming-Plattform. Sie höre ständig Musik und ihre Lieblingssongs werden in einer Playlist gesammelt. Ganz vorne dabei ist bei ihr gerade das neueste Album der schwedischen Künstlerin Agnes. Magic Still Exists heißt das gute Stück und hat sich für Theresa schon den Titel als bestes Album des Jahres gesichert.

Foto: Alexia Fin