XING – „Ich hatte nie eine Repräsentation in österreichischen Mainstream-Medien“
Mit „Own the Gold“ hat die 21-Jährige – unter anderem Background-Sängerin bei Lou Asril und Ines Kolleritsch – vergangenen Freitag ihre erste Solo-Single veröffentlicht.
Im Interview sprach sie mit uns über das Aufwachsen zwischen zwei Kulturen, die radikale Ehrlichkeit in ihrer Musik und was sich in der österreichischen Musiklandschaft wirklich ändern sollte.
von Clara Pacher
Stelle dich doch bitte zuerst einmal selbst vor, wie du gerne vorgestellt werden möchtest…
Mein Name ist Xing Li, ich bin Singer-Songwriterin, komme ursprünglich aus Linz und lebe seit 2 Jahren in Wien.
Wie bist du denn zum Musikmachen gekommen?
Mit 7 Jahren begann ich eine klassische Klavierausbildung und mit ungefähr 14 habe ich dann zu singen begonnen. In meiner alten Schule gab es jedes Jahr ein Abschlusskonzert und irgendwann dachte ich mir, ich singe einfach mal. Darauf habe ich dann auch ganz gutes Feedback bekommen.
Danach bin ich aufs Pop-BORG Linz gegangen. Dort habe ich begonnen, aktiv Songs zu schreiben, zu komponieren und erste Banderfahrungen zu sammeln. Ich habe dort einfach Musik kennengelernt.
Besonders nach der Matura habe ich mich dann immer mehr mit Jazz auseinandergesetzt.
Welche Projekte hast du gerade am Laufen?
Ich habe mein Soloprojekt Xing, mit dem ich vergangenen Freitag meine erste Single released habe.
Außerdem bin ich Backgroundsängerin bei Lou Asril und beim Ines Kolleritsch Vocal Trio.
Worum geht’s denn in deiner Single?
Die Single heißt „Own the Gold“ und ist ein sehr persönlicher erster Song. Ich singe über meine Erfahrungen mit chinesischem Elternhaus und einer Jugend in Oberösterreich – ein Aufwachsen zwischen zwei Kulturen.
Ich gehöre in meiner Familie zur ersten Generation in Österreich. Der Chorus in meinem Song lautet „Searched for the Silver, now we own the Gold“. Dabei geht’s darum, dass mein Vater einmal gesagt hat, meine Eltern seien nach Österreich gekommen, um mehr Geld zu verdienen und ein gutes Leben zu haben. Sie haben also nach Silber gesucht und jetzt besitzen sie Gold – jetzt geht es ihnen wirklich gut und wir sind eine ganz normale Familie in Österreich.
Das fand ich sehr schön und es war auch die erste Phrase, die mich für den Song inspiriert hat.
Ich singe außerdem über die Vor- und Nachteile dieses Kulturclashes. Meine Eltern haben z.B. wirklich viel gearbeitet, um meiner Schwester und mir ein gutes Leben zu finanzieren. Ich war dann aber als Kind sehr viel alleine. Da habe ich mich mit der Musik total gesaved und herausgeholt.
Mit wem hast du speziell bei dieser Single zusammengearbeitet?
Mit Thomas Bernhard und Philipp Stemberger. Philipp Stemberger kennt man auch unter dem Namen Eugene The Cat und Thomas Bernhard ist ein junger Produzent, der z.B. Divine Goldmine, Friek und Soothing Moving von Lou Asril produziert hat.
Würdest du dich denn als Bühnenmenschen bezeichnen?
Ja, auf jeden Fall! Ich fühle mich sehr wohl auf der Bühne, habe dort auch viel Energie und liebe es zu performen. Mir ist es außerdem sehr wichtig, dass man mich sieht, weil ich nie eine Repräsentation in den Mainstream-Medien in Österreich hatte. Deshalb ist es mir auch wichtig, dass ich performe.
Wer sind deine musikalischen Vorbilder – wer hat dich inspiriert oder geprägt?
Ganz weit oben ist auf jeden Fall Erykah Badu, eine US-amerikanische Singer-Songwriterin, Künsterin, alles. Und Lauryn Hill. Ich habe früher sehr viel Blackmusic gehört und mache das noch immer.
Außerdem sehr cool finde ich Kaytranada – etwas neueres und beatlastigeres. Auch Ezra Collective, eine Instrumental-Newjazz-Band aus Großbritanien. Tom Misch und Jorja Smith mag ich auch sehr.
In den letzten Jahren habe ich außerdem begonnen, viel österreichische Musik zu hören. Da gibt es auch so viel tolles, z.B. Leyya, 5KHD, Lou Asril (lacht). Gazelle and the Bear, ein neues Projekt, finde ich auch sehr cool.
Momentan ist ja auch zu verzeichnen, dass Soul und Jazz einen Aufschwung erleben und neu interpretiert werden bzw. in die neue Musik einfließen…
Das ist meiner Meinung nach auch total wichtig. In Österreich gibt es soetwas wie Soul und RnB fast garnicht und deswegen finde ich es cool, dass man das in Österreich wieder ein wenig mehr hört.
Es heißt ja auch SOUL – als Sänger*in ist das alles sehr körperlich. Man singt dabei aus der Seele und das berührt mich einfach.
Wie nimmst du die österreichische Musiklandschaft wahr – was fällt dir dazu ein und wie geht es dir damit?
Österreich hat sehr viel musikalisches Potential zu bieten. Sehr viele junge Musiker*innen, Produzent*innen und Künstler*innen, die wirklich viel Talent haben. Es kommen immer neue kreative Leute.
Dabei ist es auf jeden Fall wichtig, diese Personen auch zu fördern. Es sollte mehr Plattformen geben, auf denen diese Menschen gezeigt werden können. In Österreich ist das aber wirklich schwer.
Wo siehst du deinen Platz in der österreichischen Musiklandschaft bzw. wo möchtest du einmal hin?
Ich glaube den Platz, an den ich will, den gibt es noch garicht. Den muss ich mir einfach selbst suchen. Ich bin wie gesagt ohne Repräsentation aufgewachsen. Als ich ein kleines Kind war, habe ich niemanden in den Medien gesehen, die ausgesehen und geredet hat wie ich. Für mich ist es wichtig, ein Vorbild für andere junge Leute sein zu können, die in Österreich leben und vielleicht keine Österreicher*innen sind.
Das heißt du bist eher da, um neuen Platz zu schaffen?
Genau! Ich bin da, um neuen Platz zu schaffen (lacht). Ich weiß nicht, ob ich die erste bin. Es gibt auf jeden Fall ein paar Leute. Mavi Phoenix ist ein gutes Beispiel. Oder Conchita Wurst. Ich kenne aber keine österreichisch-chinesische Frau, die Musik macht und die man in den Medien sieht.
Warum Musik machen?
Warum ich Musik mache? Es fühlt sich richtig an und ich habe für mich nach der Schule ganz radikal entschieden, dass es eigentlich das Einzige ist, das ich machen will oder eher kann. Das bin einfach ich.
Was wünscht du dir mit deiner Musik in anderen zu bewirken?
Ich glaube, dass die Geschichten, die ich zu erzählen habe, es wert sind, gehört zu werden. Es ist für mich auch einfach ein Schrei in die Welt. So ein „Hey, ich bin auch da!“.
Oft habe ich das Gefühl, dass ich, wenn ich auftrete, am meisten heraussteche. Einfach weil ich anders aussehe und das sollte eigentlich nicht sein. Nur weil ich Chinesin bin und in einer Band Background singe, sollte ich nicht die ganze Aufmerksamkeit bekommen.
Es kommt mir auch oft so vor, als wäre es einfach nicht normal, dass ich Musik mache und das will ich ändern. Ich bin nämlich genauso ein Mensch wie alle anderen.
Und ich will natürlich auch, dass die Menschen inspiriert sind, mitfühlen und Verständis dafür bekommen.
Was ist dir bei dener Musik am Wichtigsten?
Bei meiner Musik ist mir am wichtigsten, ehrlich zu sein. Ich mache nicht Musik, weil ich in die Charts kommen, Follower gewinnen oder berühmt werden will. Ich möchte einfach mit radikaler Ehrlichkeit Musik machen und nicht den Trends nachgehen.
Es ist auch vollkommen in Ordnung, wenn meine Musik nicht aufgeht oder die Leute sie nicht hören wollen. Ich mache das für micht selbst. Auch wenn ich nur eine Person damit inspiriere, ist das schon genug.
Auch wenn es eine gewisse Ironie hat: Ich glaube Ehrlichkeit ist ein gutes Erfolgsrezept…
Wenn ich Musik höre, will ich einfach etwas spüren. Und es würde mich sehr freuen, wenn auch jemand bei meiner Musik etwas spürt. Ich bin einfach ein sehr ehrlicher Mensch und das übertrage ich auf meine Musik, denn meine Musik bin eben ich (lacht).
Was Sind denn deine lang- sowie kurzfristigen Pläne und Ziele für die Zukunft?
2020 möchte ich noch zwei Singles releasen – im Sommer und im Winter. 2021 im Frühjahr will ich dann meine EP veröffentlichen und mit meiner Band in Österreich touren und auftreten.
In den nächsten Jahren möchte ein Jazz-Gesang-Studium an der Bruckner Universität absolvieren. Musik machen, Background singen, auftreten und studieren – das sind so meine Pläne.
Fotos: selim_eins (Titelbild), Hanna Fasching (Fließtext), Chrystal Brady (Sidebar)