Reclaim the Stage – Frauen auf die Bühne
Auf den Bühnen Österreichs sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Um aber nicht nur klassisch österreichisch darüber zu sudern, zeigen wir euch, wie und wo sowohl Frauen als auch Männer diesem Zustand etwas entgegensetzen können.
von Mira Achter
„Du hast echt super gespielt…für ein Mädchen.“ – ein Zuseher
„Und du, machst du Merch?“ – Gitarrist einer anderen Band. (Mit „Merch machen“ ist das Verkaufen von Merchandise-Artikeln gemeint)
„Als ich dich gesehen habe, hätte ich nicht gedacht, dass du so gut spielen kannst“ – bis zu diesem Zeitpunkt potenzielles Bandmitglied
Diese drei Aussagen sind exemplarisch für die sexistischen Erfahrungen, die ich bisher in meinem kurzen Musikerinnendasein gemacht habe. Es sind jedoch keine Einzelfälle, sondern sie gehören zum Alltag nicht aller, aber vieler Musikerinnen, wie auch eine Vielzahl an Artikeln und Songs berichten. (zum Beispiel hier). Das Problem wird aber nicht nur durch persönliche Erfahrungen sichtbar. Im Jahr 2015 sind die Line-ups großer österreichischer Festivals, von denen alle Bands, die nur aus Männern bestanden, entfernt worden waren, durch die Medien gegangen. Das sieht dann sehr mau aus! Ihr könnt aber auch einfach den Selbstversuch starten: Schaut doch mal ganz ehrlich durch die Interpretenliste auf eurem MP3 Player, Smartphone oder Laptop. Wie viele der Bands bestehen nur aus Männern? Und wie oft gibt es bei den übrigen Bands neben der Frontfrau keine weiteren Musikerinnen in der Band?
Nachdem wir uns jetzt alle einig sind, dass hier Ungleichheiten bestehen und das nicht so bleiben darf, ist die nächste Frage, was wir dagegen tun können.
Erstens: Mehr Frauen müssen ermutigt werden, Musik zu machen!
Es gibt mehrere Events in Niederösterreich, Wien und Graz, die es sich zum Ziel gemacht haben, Frauen zum Musikmachen zu beflügeln. Unterstützt von anderen Musikerinnen kann dabei jede, auch ohne bisherige Erfahrungen gemeinsam mit anderen Musik machen. Im Vordergrund steht dabei zu zeigen, dass alle eine Berechtigung haben auf der Bühne zu stehen und sich diese zu eigen machen können. Als positiver Nebeneffekt lernen sich Gleichgesinnte kennen, Freundschaften und Bands entstehen. Hört sich super an? Finde ich auch! Möglichkeiten, das zu erleben sind das Girls Rock Camp, das Noise_Kränzchen und der Grrrls* Jam.
Manche von euch fragen sich vielleicht, warum Männer bei diesen Veranstaltungen ausgeschlossen werden. Ich sehe darin einen pragmatischen Weg zu einer Welt mit mehr Gleichheit. Frauen werden dabei gefördert und erhalten die Möglichkeit sich zu entfalten. Das große Ziel dabei bleibt aber, dass solche Events irgendwann nicht mehr notwendig sind, weil Frauen und Männer gleichberechtig sind.
Zweitens: Die Sichtbarkeit von Frauen in der Musik muss erhöht werden!
In Clubs und Bars, sowie auf Konzerten ist der Großteil der gespielten Musik von Männern produziert und wird auch von diesen aufgelegt. Um dort mehr Musikerinnen zu hören, reicht es jedoch nicht aus, darauf zu warten, dass diese von selbst dort angeschwemmt werden. Es müssen aktiv Frauen an die DJ-Pulte und auf die Bühne geholt werden. Diese Aufforderung geht aber nicht nur raus an alle Club- und Barbesitzer*innen, sondern auch an das Publikum! Es gibt einige Events, bei denen Frauen zum Spielen eingeladen werden oder Musik von Frauen aufgelegt wird. Schaut dort doch mal vorbei und schwingt das Tanzbein! Besagte Events werden beispielsweise von den Labels „Unrecords“ (experimental/noise/punk/rock music) oder „Femme DMC“ (Hip Hop) veranstaltet. Die diesjährige Ausgabe von Hardcore for the Lozers’ „The future is female“ hat zuletzt im Herbst stattgefunden, aber auch hier kann man sich sicherlich bald auf eine nächste Ausgabe freuen. Außerdem gibt es jährlich rund um das „Rrriot Festival“ Konzerte, die aktiv Frauen einladen, bei ihnen zu spielen. Aber nicht nur jene Events, die nach außen kommunzieren, vor allem bzw. nur Frauen einzuladen solltet ihr besuchen. Fast noch wichtiger ist eine Normalisierung durch die das Geschlecht der auf der Bühne stehenden nicht thematisiert wird und dennoch Frauen eingeladen werden.
Drittens: Wir alle sollten mehr darüber nachdenken, wie wir uns anderen gegenüber äußern und verhalten!
In Sätzen wie „Und du, machst du Merch?“ äußert sich bereits die Erwartung der sprechenden Person und zwar, dass eine Frau, die mit einer Band unterwegs ist keine Musik macht, sondern für die Männer nur T-Shirts verkauft. Oder extremer formuliert: Frauen gehören nicht auf die Bühne, sondern hinter den Verkaufstresen. Auch wenn es nur eure Intention ist, ein Gespräch zu beginnen oder Interesse zu zeigen, solltet ihr euch bewusst sein, welche Erwartungen auch hinter beiläufigen Bemerkungen stecken und was ihr damit bei eurem Gegenüber auslösen könnt.
Als kleine Belohnung dafür, dass ihr diesen Artikel bis ans Ende gelesen habt, gibt es hier noch eine Playliste österreichischer Bands, die zumindest teilweise aus Frauen bestehen.