„Mit Sünden kennen wir uns aus!“

„Popmusik für Erwachsene, Österreichische Musik mit internationalem Anspruch“ – so definieren New Sin sich selbst. Gegründet von Peter Pauswek (Bass) und Harald Prikasky (Gitarre) ist die Band derzeit eine der am heißesten gehandelten Aktien in der heimischen Musikszene – und das obwohl sie von keinem Majorlabel unterstützt werden. Neben Pauswek und Prikasky besteht die Band derzeit aus Lydia Hinteregger (Gesang), Richard Wokoun (Schlagzeug) und Michael Kenzel (Keyboards). Dass New Sin auf dem aufsteigenden Ast sind, zeigt allein die Tatsache, dass sie kürzlich einen Deal mit dem renommierten Mikrophon-Hersteller AKG an Land gezogen haben und kommenden Frühling mit der amerikanischen Sängerin Marla Glen auf Tournee gehen. Beatboxx-Redakteur Alexander Schöpf traf New Sin in ihrem Proberaum in der Schloßhofer Straße im 22. Wiener Gemeindebezirk zu einem Gespräch.

Wie lange gibt es New Sin schon?

Peter Pauswek: In dieser Zusammensetzung gibt es uns erst seit Anfang des Jahres. Gegründet wurde die Band von mir und Harald Prikasky. Wir beide haben lange gehirnt, probiert und gesucht …

Harald Prikasky: … und auch mit Leuten rumprobiert, aber es hat nie wirklich funktioniert. Eigentlich wollten wir das Projekt am Anfang nur produzieren, und dann haben wir gesagt: „Scheiß drauf, wir spielen selber.“

Wie habt Ihr die Mitmusiker gefunden?

Peter Pauswek: Die Lydia (Hinteregger, Sängerin – Anm. d. Red.) haben wir bei einer anderen Funk-Soul-Kombo entdeckt. Ich hab sie bei einer Probe dieser als Background-Sängerin gehört und mir war sofort klar, dass wir ihre Stimme brauchen. Ich hab sie noch am selben Abend gefragt, ob sie bei uns singen will. Wie sich gezeigt hat, war es die richtige Entscheidung. Seit Jänner geht es rapide voran.

Wie war deine erste Reaktion als du gefragt wurdest, ob du als Leadsängerin einsteigen möchtest?

Lydia Hinteregger: Die amüsante Geschichte ist die, dass ich eigentlich Quereinsteigerin bin. Als ich jünger war, war ich der Überzeugung, da ich ja doch eher brünett gehalten bin, dass mir die Musik im Blut liegt. Fakt ist aber, dass ich über Jahre, aufgrund von einer falschen Formulierung von Leuten die mich runter und klein machen wollten, keinen Ton mehr von mir gegeben habe. Aber vor ein paar Monaten hab ich dieses Gefühl, dass ich singen muss einfach nicht mehr unterdrücken können und habe bei einem Gospelchor angefangen. Und da habe ich dann gemerkt, dass ich mehr will. Über einen Freund hat sich dann zufällig die Möglichkeit ergeben bei der anderen Band als Background-Sängerin einzusteigen. Ich bin eigentlich in das Ganze rein geglitten. Das mit dem Solosingen war eigentlich eine Überraschung. Ich habe vorher gar nicht gewusst, wie ich mich anhöre. Es war interessant zu erleben, dass die Rückmeldungen von Außen, mich dazu gebracht haben, komplett aus mir raus zu gehen. Es war mir immer ungemein wichtig authentisch zu sein und das braucht seine Zeit. Als ich die ersten Male gesungen habe war ich g’schamig wie ein kleines Mädchen. (Lachen im Hintergrund – Anm. d. Red.) Also Burschen, das ist schon wahr. Ich habe zwar einen schwarzen Humor und Sarkasmus und bin eine unglaublich selbstbewusste Frau, aber wenn es ums Singen gegangen ist, da war ich noch so richtig schüchtern.

Peter Pauswek: Ja, das stimmt. Am Anfang hat sie ein wenig gebraucht um aus sich raus zu gehen, aber dann ist es relativ schnell gegangen.

Es hat rund zwei Jahre Vorlaufzeit gegeben, bis das Projekt konkret geworden ist. Was habt ihr in dieser Zeit gemacht?

Harald Prikasky: Wir haben einen Großteil der Songs geschrieben. Aber du brauchst natürlich immer einen Protagonisten.

Waren die Songs dann schon fix und fertig, als ihr die Band zusammengestellt habt?

Peter Pauswek: Teils, teils. Manche Songs haben wir angepasst und umarrangiert.

Lydia Hinteregger: Dadurch, dass ich die Lieder singe, verändern sie sich definitiv noch. Ich kann nur das singen, was zu mir passt.

Peter Pauswek: Am Anfang weiß man ja nie wie sich ein Projekt entwickelt. Wir beide waren am Anfang auch unsicher, ob alles passt. Aber jetzt ist es so gewachsen, dass wir aus der Pubertät heraus sind …

Harald Prikasky: I net. (kollektives Lachen)

Peter Pauswek: Zumindest musikalisch pubertieren wir nicht mehr. Wir sind ein professionelles Familienunternehmen geworden. Das find ich irrsinnig gut. Es gibt in der österreichischen Musikszene sicherlich viele Bands, die man qualitativ sehr hoch ansetzen kann, aber es scheitert immer an der Disziplin, an der Auffassung, am Glauben, dass es noch weitergehen kann. Auch der Richie (Richard Wokoun, Drummer – Anm. d. Red.) hat mir nie geglaubt, wenn ich gesagt habe, dass in ein, zwei Monate dies und jenes geschehen würde. Aber es ist in der Regel immer eingetreten. Die Lydia hat’s auch nicht immer geglaubt.

Lydia Hinteregger: Und das, obwohl ich die Positivdenkerin schlechthin bin.

Richard Wokoun: Ich bin überhaupt erst seit Dezember Musiker. (Gelächter)

Peter Pauswek: Das Schöne ist, dass sich hier Talente gefunden haben. Ich glaube schon, dass wir vom Mainstream nicht so weit weg sind. Aber trotzdem sind wir was ganz Originäres. Wir sind einfach New Sin.

Harald Prikasky: Wenn man sich die produzierten Nummern anhört, dann sind sie alle eigenständig. Sie werden von der Lydia zusammengehalten und das ist gut.

Peter Pauswek: Für Musiker zu spielen, ist das Einfachste der Welt. Wir wollen aber fürs Publikum spielen. Und bisher hat sich bei jedem Konzert gezeigt, dass wir eine Musik machen zu der man sich bewegen muss; ob man will oder nicht. Die Leute gehen mit, und das ist für mich persönlich das Schönste, das es gibt.

Harald Prikasky: Sogar die Jazzpolizei hält uns aus.

Richard, du bist seit Dezember dabei. Wo hast du vorher gespielt?

Richard Wokoun: In einer wirklichen Band habe ich vorher eigentlich nicht gespielt. Ich habe mit ein paar Freunden in einem Container gejammt. Dort haben wir uns immer getroffen und gesoffen und geraucht. Ich habe auch meinen bisherigen Job gekündigt, das war Lokführer bei der ÖBB, um Musiker zu werden.

Wie bist du zur Band gekommen?

Richard Wokoun: Ich habe den Harald angerufen und gefragt, ob er nicht eine Band kennt, bei der ich spielen könnte.

Harald Prikasky: … und dann hatte er gleich drei Bands.

Richard Wokoun: Eine von denen habe ich kürzlich wieder geschmissen, weil das dann doch zuviel war, mich auf drei Gruppen zu konzentrieren.

Wie oft probt ihr derzeit?

Peter Pauswek: So oft es notwendig ist. Wenn es sein muss proben wir auch jeden Tag. Aber fix sind es zwei Tage die Woche. Eine Probe dauert rund fünf Stunden.

Auf eurer MySpace-Seite sind derzeit vier Nummer zu hören …

Harald Prikasky: … aber wir haben mehr.

Peter Pauswek: Unser Programm umfasst derzeit zehn Songs.

Peter, du bist schon lange in der Musikszene und auch im Medienbereich tätig. Helfen euch deine Kontakte?

Peter Pauswek: Ja, natürlich. Ohne Kontakte bist du in diesem Business verloren. Aber wenn du nicht gut bist, dann helfen dir auch die besten Kontakte nichts. Und wir kennen ja die öffentlich-rechtlichen Institutionen wie Rundfunk und Fernsehen, die lieber Konservenmusik aus Übersee spielen, obwohl es genug gute Bands in Österreich mit internationalem Niveau gibt. Mittlerweile trau ich mich sogar so frech zu sein und uns dazu zu zählen.

Harald Prikasky: Ich habe einige Jahre in Deutschland gelebt, und das Wasser mit dem wir kochen ist nicht dünner als anderswo.

Peter Pauswek: Der Harald und ich sind alte Hase in diesem Geschäft, aber wenn du die Qualität nicht ablieferst, dann hilft dir auch kein Kontakt.

Harald Prikasky: Wir schauen weder aus wie eine Casting-Partie, noch sind wir eine. Und das ist vielleicht auch unsere Chance. Musik wird immer inflationärer und flacher. Alles klingt gleich, und da unterscheiden wir uns.

Peter Pauswek: Deswegen hab ich uns auch auf MySpace und den verschiedensten Internetplattformen angemeldet. Internet ist das Medium der Zukunft.

Harald Prikasky: Dort greifen wir an. Das ist wichtig.

Wie sind die Reaktionen auf Seiten wie MySpace?

Harald Prikasky: Die Response ist hervorragend.

Peter Pauswek: Wir sind jetzt seit gut drei Monaten auf MySpace und haben bereits rund 30.000 Klicks. Ich denke das ist für die kurze Zeit ziemlich gut. Auch die Gästebucheinträge sind alle sehr positiv. Vor allem Lydias Stimme wird immer hervorgehoben.

Harald Prikasky: Es ist interessant, dass wir dort sehr gute Response erhalten, wo eigentlich Konkurrenz zu vermuten ist. Von denen muss sich ja niemand bei uns einschleimen.

Wie war das Feedback bei euren bisherigen Gigs?

Harald Prikasky: So viele Konzerte haben wir bisher noch nicht gespielt. Aber die Release-Party unserer EP war sehr gut besucht, und alle waren sehr angetan.

Peter Pauswek: Da waren auch einige Leute aus der Fachwelt dort und das Publikum war ein sehr kritisches. Das ist ein gutes Zeichen. Nicht nur das Publikum ist begeistert, sondern auch die Kollegen.

Wie waren die Konzerte für den Rest der Band?

Richard Wokoun: Am Anfang war ich nervös. Aber ich stehe gerne im Mittelpunkt und brauche das. (grinst)

Harald Prikasky: Dann solltest du aber Gitarre spielen. (lacht)

Lydia Hinteregger: Für mich war es wirklich interessant zum ersten Mal festzustellen, wie’s mir wirklich geht, wenn ich vor Publikum singen muss. Aber es war nicht so schlimm wie befürchtet. Nervosität vor dem Gig: definitiv. Aber sobald ich anfange zu singen – als würde ein Schalter umschalten – ist die Nervosität weg. Es macht mir irrsinnig viel Spaß mit dem Publikum zu interagieren. Es hat etwas Magisches. Es ist ein wirklich geiles Feeling.

Peter Pauswek: Wir spielen auch irrsinnig gern live. Aber das ist sowieso die Entwicklung. Die CD-Verkäufe gehen in den Keller. Warum kommen die ganzen Großen plötzlich wieder hervor? Der einzige Weg ist so oft wie möglich live zu spielen und den Leuten ein bisschen Freude zu geben. Den Weg, den wir gehen, mit starker Einbeziehung es Internets, ist eigentlich der richtige und zukunftsweisende. Es gibt in Oberösterreich einen kleinen Internet-Radiosender. Dort sind wir ständig auf Platz 1. Wir versuchen es auch zu vermeiden mit Majorlabels zusammen zu arbeiten. Da geht es nur darum Kohle zu machen. Die pressen dich ein, zwei Jahre aus und lassen dich dann fallen.

Aufgenommen habt ihr eure EP bei Alex Meixner im 247musicdesign im 13. Wiener Gemeindebezirk. Wie ist diese Zusammenarbeit entstanden?

Peter Pauswek: Durch viele, viele Querverbindungen. Die Musikszene in Wien ist relativ klein. Nachdem ich immer noch sehr viel rum komme, bin ich auf den Alex gestoßen.

Bei einem Song auf der EP gibt es auch ein Saxophon zu hören. Hat das einer von euch eingespielt?

Peter Pauswek: Nein, das war Oliver Werbach. Der Oliver ist ein alter Bekannter von mir und hat einmal bei einer Band namens Snack Attack gespielt. Das war zu der Zeit als das Rockhouse gegründet wurde und damals haben wir uns kennen gelernt.

Harald Prikasky: Live haben wir jetzt einen permanenten Gast-Saxophonisten. Der probt nicht mit uns und kommt nur zu den Konzerten. Er ist eher einer von den Begnadeten. (lacht) Den stellen wir dann für die Jazzpolizei immer ganz nach vorne.

Abschließende Frage: Wie seit ihr auf den Namen New Sin gekommen?

Harald Prikasky: Mit Sünden kennen wir uns aus. (kollektives Gelächter)

Peter Pauswek: Sünden sind eigentlich immer schön, vor allem wenn sie neu sind. Von dem her passt’s eigentlich ziemlich gut. Zudem ist unsere Musik immer eine Sünde wert.

Richard Wokoun: Unsere Musik ist einsetzbar für Sünden.

Peter Pauswek: Ich halte nichts von Namen wie die Einstürzenden Neubauten …

Harald Prikasky: (protestierend) Also bitte, das ist der beste deutsche Bandname den es gibt.

Peter Pauswek: Der Name sollte schon einen Bezug zur Musik haben, die man macht. Aber wie gesagt, unsere Musik ist eine Sünde wert. Selbst wenn es nur die zehn Euro Eintritt für ein Konzert sind.

Interview: Alexander Schöpf

New Sin Live-Termine:

12. Oktober – 21 Uhr: U4, Schönbrunner Straße 222, 1120 Wien

04. November – 21 Uhr: B72, Hernalser Gürtel, Bogen 72, 1080 Wien

07. Dezember – 17 Uhr: Szene Wien, Hauffgasse 26, 1110 Wien

13. Dezember – 20 Uhr: Art & Fun Factory, Badnerstraße 39,
2512 Tribuswinkel (bei Baden)

16. Jänner – 21 Uhr: Replugged, Lerchenfelderstraße 23, 1070 Wien

Weitere Infos: www.myspace.com/newsinmusic