Jazz At It´s Best
„Das Wissen vom Jazz ist das Wissen von Gott“, sagte einst der über jeden Verdacht der Parteilichkeit erhabene Folkbarde Tim Hardin. Stimmt das, müsste der steirische Jazz-Schlagzeuger Bernd Reiter vom allfälligen Allmächtigen enzyklopädische Kenntnisse erlangt haben. Fertigkeiten und Erfahrungen wären zur Genüge vorhanden. Ein Porträt von Martin Macho.
Dem in St. Peter-Freienstein nahe Leoben aufgewachsenen Bernd Reiter wurde der gute Ton sprichwörtlich in die Wiege gelegt. „Mein Vater war Tubist in der örtlichen Blaskapelle, ich war eigentlich immer von Musik umgeben“, erzählt der 33-Jährige. Lernen am Vorbild in Reinform also. Reiter hätte sich zunächst am liebsten der Trompete zugewandt. Weil dafür aber noch zu jung, sattelte er auf Anraten des Vaters kurzerhand aufs Schlagwerk um, denn, so der bedarfsorientierte Senior, „Rhythmus braucht ein jeder Musiker“. Das war im Jahr 1988, Bernd Reiter gerade einmal fünf Jahre alt.
Der Rhythmus, wo man mit muss
Dieses Instrument sollte es dann sein. Den Jazz erstmals in greifbare Nähe rückte Reiters Lehrer Nik Wonisch aus Bruck an der Mur. Ein Initiationsritus mit weitreichender Wirkung für den damals 13-jährigen Schlagzeugschüler, der sich von diesem Zeitpunkt an der swingenden Anziehungskraft des genuin afroamerikanischen Klangkunststils nicht weiter entziehen konnte. Ab 2001 dann das Studium an der Grazer Universität für Musik und Kunst. Vor allem sein dortiger Professor Manfred Josel fachte Bernd Reiters Interesse an den spezifischen Spieltechniken eines Art Blakey oder Philly Joe Jones nachhaltig an.
Es folgten prägende Jahre in New York, München und mittlerweile Paris, wo der Musiker seit nunmehr drei Jahren überwiegend lebt und arbeitet. „Einfach weil es dort eine tolle Jazz-Szene gibt“, betont Reiter, den Tourneen unter anderem bereits durch Deutschland, Frankreich, Italien oder Spanien führten. Dazwischen immer wieder Platz für Preise und Auszeichnungen, darunter 2006 der renommierte Hans Koller-Preis. Zudem adelten Kollaborationen mit wahren Granden ihres Faches wie Kirk Lightsey, Don Menza oder Steve Grossman das musikalische Wirken Reiters.
Heimatliches Refugium
Das Leben eines freischaffenden Musikers ist immer auch ein Leben auf dem Sprung, ständig zwischen Irgendwo und Nirgendwo, im losen Raum zwischen Hotelzimmer und nächster Auftritts-Location. Das gilt auch für Bernd Reiter. Umso wichtiger ist da ein entschleunigter Rückzugsort, ein Refugium zum Kraft tanken. „Ich spiele sehr viel, darum bin ich häufig unterwegs, fahre viel mit dem Auto. Zuhause in St. Peter finde ich dann den Platz wo ich abschalten und zur Ruhe kommen kann“, streicht Reiter seine sympathische Heimatverbundenheit heraus.
Das jüngste Produkt des Weitgereisten: ein Live-Mitschnitt zweier Konzerte im „Bird´s Eye“-Jazz Club in Basel am Ende einer vierwöchigen Tour durch Europa, der im Februar unter dem Namen „Work Out At Bird´s Eye: A Tribute To Hank Mobley & Grant Green“ beim Kopenhagener Label Steeplechase als CD erschienen ist. Stücke daraus wird Bernd Reiter mit Eric Alexander (ts), Darryl Hall (bass) und der 80-jährigen Pianolegende Harold Mabern als New York Allstars im Rahmen einer nun folgenden weiteren Europatournee präsentieren.
Tourdaten Bernd Reiter New York Allstars feat. Harold Mabern & Eric Alexander & Darryl Hall in Österreich und benachbartes Ausland:
April 13: Leoben (A), Stadttheater
April 15: Drosendorf (A), Jazzclub
April 21: Bruck/Leitha (A), Freiraum
April 30: Eschen (LIE), Tangente
Kontakt:
www.berndreiter.at
Foto: © Bernd Reiter