Hör mal, wer da hämmert

Wenn sich im Raum Graz die Erde sachte hebt und senkt, und rhythmische Vibrationen die Luft durchziehen, dirigiert irgendwo Chris Hammerle wieder seine beats per minute. Der gebürtige Tiroler hat sich in den letzten sechs Jahren als DJ, Produzent und Veranstalter im Bereich Drum´n´Bass und Dubstep einen Namen gemacht. Ein Backbeat-Portrait. Von Martin Macho

Harte Zeiten verlangen harte Maßnahmen. Einigermaßen ernüchtert verließ der jetzt 29-jährige Chris Hammerle mit seinem Musikerkollegen Amer Trnovac vor sechs Jahren die heimatlichen Gefilde in Richtung Graz. Mit im Reisegepäck die gewachsene Erkenntnis: Die Tiroler Landsleute sind für die hämmernden Beats des Drum´n´Bass und Dubstep scheinbar noch nicht bereit. Im Seitenfach vergraben aber gleichzeitig das feste Vorhaben, die begonnene Tätigkeit als DJ und Produzent keinesfalls ruhend stellen zu wollen.

Graz als guter Boden

Die einzigen Beats, also Schläge, die Chris Hammerle und Co. partout nicht brauchten, waren die Rückschläge in der Heimat. Für die davongetragenen Blessuren erwies Graz sich als gutes Pflaster. Hier herrschte die so dringend benötigte Offenheit für Chris´ Ideen, hier waren die geeigneten Veranstaltungsorte, hier gab es endlich die D´n´B-affine Szene, die bpm nicht für ein Kürzel des Körpermasseindex hielt. „Wir wollten in Graz die Musik machen, für die in Tirol einfach das Publikum fehlte“, so Chris über die ursprüngliche Zielsetzung.

Lag der Fokus anfangs noch auf der eigenen Musikausübung, ging es später vermehrt um die Verbreiterung der Reichweite. Beat Supreme lautete das Konzept einer regelmäßig ausgestrahlten Radiosendung, die in weiterer Folge wöchentliches Sprachrohr im Bereich Drum´n´Bass und Dubstep werden sollte. „Wir haben unsere Idee von Beat Supreme damals Radio Soundportal (Grazer Independent-Radio, Anm. d. Red.) vorgestellt. Einfach weil wir wollten, dass unsere Sachen auch gespielt werden“. Die Show ist seit drei Jahren on air, und Sender- und Empfangsstation zu gleichen Teilen. Denn junge DJ´s und Produzenten, die ihr Material auch einmal öffentlich präsentiert haben möchten, sind bei Chris Hammerle (im Radio besser bekannt als H:am Borowa) gut aufgehoben. Der Moderator und Programmverantwortliche dazu: „Ich sehe mich da als Szene-Plattform für die Community. Die Leute können mich gerne kontaktieren, ich hör´ mir ihre Mixes und Produktionen an und stell´ sie kostenfrei vor.“

Bald begann Chris Hammerle aus der Radiotätigkeit heraus, eigene Events zu veranstalten. Die Beat Supreme-Reihe im Kulturzentrum Niesenberger ist die konzentriertere Variante der gleichnamigen Radioshow, hier wird dem Drum´n´Bass gefrönt. Selbsterklärend ist die Dubstep Klinik, die im p.p.c. stattfindet. Beide erfreuen sich unvermindert regen Zuspruches. Neurofunk Drum´n´Bass nennt sich die spezielle Form dieser Musikgattung, die Chris samt Kollegenschaft bei den Beat Supreme-Veranstaltungen zur Hauptsache erklärt haben. „Technik-basierter und undergroundiger“, so Chris, sei diese Minimal-Richtung im Drum´n´Bass-Bereich, die trotzdem ihr – bunt zusammengewürfeltes – Publikum hat.

In etwa zur selben Zeit, als Chris Hammerle seine musikalischen Aktivitäten in Graz startete, begannen Amer Trnovac (besser bekannt als FISTOGNOSTICATED/ DJ und Produzent) und er auch mit dem Aufbau eines eigenen Plattenlabels. Beat Bagage Records, so der Name, stiegen recht bald zu einem robusten Zugpferd auf, das gemeinsam mit Radioshow und Veranstaltungsreihen ein patentes Dreigespann innerhalb der Szene abgab. Unter Bedachtnahme auf Qualität und die besondere Note richten sich Releases bei BBR nach dem Motto ´Immer etwas anders als der Rest´.

Kraftzentrum im Businessformat

Chris hämmerte sich schrittweise ein kleines Kraftzentrum im D´n´B-Sektor mit Businesscharakter zurecht. Wobei klein nichts über die Schlagkraft – hier durchaus wörtlich zu nehmen – aussagt. „Viele wissen gar nicht, wo wir überall im Hintergrund werkeln.“ Und über den Erfolg: „Uns ist wahrscheinlich selber nicht ganz bewusst, was wir in diesem Bereich der Musik für uns und die Grazer Szene eigentlich erreicht haben.“

Jüngstes Projekt: ELEKTROSCHNEIDER, eine stärker kommerziell orientierte Verspieltheit im Bereich House-Disco. „Drum´n´Bass ist für mich schon die Königsdisziplin im Produzieren. Technisch sehr schwer, mit sehr vielen Elementen, die alle unter einen Hut gebracht werden müssen. Bei ELEKTROSCHNEIDER sind jetzt einmal die Good Vibes vorherrschend“, sagt Chris, „um einfach auch mal ersichtlichere Erfolgserlebnisse zu haben.“ Erste Veröffentlichungen gab es im Juni.

Organistator und Konzepteur, DJ und Radiomann, Veranstalter und Produzent – die wachsende Zahl an Aufgaben machte für Chris Prioritätensetzungen notwendig: „Bei Dubstep lege ich noch selber auf, produzieren war mir aber eigentlich immer wichtiger, als mich als DJ in den Vordergrund zu drängen.“ Außerdem kann er auf die Unterstützung von Profis zählen. Mit DJ LxSounder ordiniert Chris etwa einmal pro Monat in der Dubstep Klinik, bei den Beat Supreme-Partys ist DJ GrimeTime seine rechte Hand. „Freunde wollen mithelfen, und ich bin über jede Unterstützung dankbar. Gerade weil ich mich eher im Non Profit-Bereich bewege, und das mehr aus Liebe zur Musik mache. Zum Schluss geht sich alles ziemlich genau auf Null aus.“

Da er sich gerade in Bildungskarenz befindet, kommt dem Zeremonienmeister die partielle Hofübergabe nicht ungelegen. „Ich wollte mir unbedingt auch das nötige Know-how im Bereich Tontechnik aneignen. Ziel ist, mich danach als Sounddesigner selbstständig machen zu können, und mehr in die Materie des Produzierens einzusteigen. So in Richtung Musik für Film und Fernsehen, sowie Auftragsproduktionen jeglicher Art im Audiobereich.“ Verlässliche Szene-Kollegen sind bereit, das Aufgebaute fortzuführen. Deswegen wird der Drum´n´Bass in Graz mit Sicherheit weiterhin im Brennpunkt der Aufmerksamkeit stehen.

 

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