Fraufeld – Plattform zur Sicht- und Hörbarmachung von Musikerinnen

Der Verein Fraufeld wurde 2016 von Verena Zeiner und Sara Zlanabitnig ins Leben gerufen und bietet seither eine Plattform zur Sicht- und Hörbarmachung von Musikerinnen. Die diversen Formate, wie etwa die Fraufeld-Tonträger-Serie oder die Fraufeld/Feldforschungs-Konzertreihe, sollen zum Austausch und zur Vernetzung von MusikerInnen anregen. Wir haben Sara Zlanabitnig zu einem Interview getroffen und mit ihr über die Entstehung und die Hintergründe des Vereins gesprochen.
von Maximilian Zeller
Fraufeld Ensemble

Warum wurde der Verein Fraufeld ins Leben gerufen bzw. was waren eure Beweggründe zur Initiierung des Vereins?

Verena Zeiner und ich kannten uns bereits aus der Studienzeit, da wir beide Rhythmik an der Kunstuniversität in Wien studierten. 2016 haben wir uns dann immer wieder mal zufällig getroffen. In einem Gespräch sind wir dabei auf die Gender-Thematik in der Musik zu sprechen gekommen und ich hab ihr von einer Arbeit erzählt, an der ich für mein anderes Studium in Linz schrieb. Dafür hab ich die Gender-Verhältnisse zwischen den Jazz-Instituten und den Festivalbühnen in Österreich untersucht. Mir ist dabei aufgefallen, dass es zunehmend viele Studentinnen auf den Musikuniversitäten gibt, auf den Festivals häufig aber immer noch mindestens zwei-drittel männliche Acts spielen. Diese Themen haben uns beide sehr interessiert und wir haben einen Handlungsbedarf verspürt. Nach einiger Zeit hat sich Verena bei mir gemeldet und gemeint, dass sie eine CD mit Musikerinnen aus ihrem Umkreis herausbringen möchte. Anfang 2017 haben wir uns dann als Verein offiziell gegründet.

Woran könnte es deiner Meinung nach liegen, dass Frauen - gerade in den Bereichen der neuen Musik und der improvisierten Musik - oftmals unterrepräsentiert sind?

Ich glaube, das ist eine jahrhundertelang überlieferte kulturelle Tradition. Also, dass vor allem Männer in der Öffentlichkeit stehen und sich präsentieren können. Frauen haben sich diese Sichtbarkeit eigentlich erst im Laufe des 20. Jahrhunderts sukzessive erkämpfen müssen. Die Praxis hinkt da aber hinterher. Solche sozialen Entwicklungen brauchen eben irrsinnig viel Zeit. Deshalb sind wir auch 2020 noch lange nicht an dem Punkt angelangt, der unserer Zeit eigentlich entsprechen würde. Bezeichnend dafür ist zum Beispiel, dass erst vor wenigen Wochen zum ersten mal in der Geschichte der Staatsoper Wien mit Olga Neuwirth eine Komponistin aufgeführt wurde.

Denkst du, dass auch die musikalische Ausbildung bzw. der universitäre Rahmen für solche Traditionen eine Rolle spielen?

Ich denke, dass hier ganz viel schon früh beginnt. Und zwar bereits im Kindergraten, der Schule oder spätestens eben in den Musikschulen. In dem Sinne, dass es bereits hier oft schon sehr eingefahrene Strukturen gibt und einfach nach wie vor die Role Models fehlen. Vor allem wenn es um Leitungspositionen im musikalischen Umfeld geht. Es gibt zum Beispiel extrem wenige Big Band Leiterinnen oder Dirigentinnen. An den Universitäten ist die Situation recht ähnlich. Da gibt es in ganz Österreich nur eine einzige Professorin an einer Jazzabteilung die ein Instrument unterrichtet, nämlich Gina Schwarz. Während meines Studiums in Linz konnte ich beispielsweise auch keinen Workshop belegen, der von einer Frau abgehalten wurde. Ich glaube, es fehlt oft noch das Bewusstsein dafür, dass so etwas aber gerade für junge Musikerinnen sehr wichtig wäre.

Katharina Ernst

Die Fraufeld-Tonträger sind als Serie angelegt und stellen Kompilationen dar, auf denen verschiedene Musikerinnen vertreten sind. Was ist die Idee dahinter, dass diese immer von einer anderen Musikerin kuratiert werden?

Wir wollten einfach, dass es bei den Veröffentlichungen einen Perspektivenreichtum gibt und dass wir nicht Gefahr laufen, immer in die selbe Richtung zu gehen. Wir verstehen die Musik, die wir featuren, als progressive komponierte oder improvisierte Musik. Das ist ja an sich eine sehr offenen Definition. Durch die unterschiedlichen Kuratorinnen können dann aber durchaus sehr verschiedene Akzente gesetzt werden.

Wie war es für dich, den zweiten Fraufeld-Tonträger zu kuratieren?

Ich war ziemlich motiviert und hab mich bereits im Vorhinein auf diese Arbeit gefreut. Ich wollte mit der Veröffentlichung einen Schwerpunkt auf komplett freie bzw. idiomatisch ungebundene Improvisation legen. Ich wusste dann auch schnell, welche Musikerinnen ich gerne auf dem Album hätte. Die Personen, die ich anfragte, konnten dann selbst entscheiden, in welcher Konstellation sie spielen wollen. So war es zwar musikalisch sehr offen und frei, das Profil der jeweiligen Musikerin war aber dennoch erhalten, was eigentlich eines meiner Hauptanliegen war.

Einige Instrumente, wie etwa das Schlagzeug, werden teilweise immer noch mit Gender-Stereotypen in Verbindung gebracht. Auf den ersten beiden Fraufeld-Veröffentlichungen sind bereits mehrere verschiedenen Schlagzeugerinnen vertreten. War euch so etwas auch wichtig?

Da findet man oftmals eine ähnliche Argumentation wie bei Veranstaltern von großen Bühnen, dass es zum Beispiel eben nicht die tollen Musikerinnen oder die gute Bands mit weiblicher Besetzung gibt, wobei das aber einfach so nicht stimmt. Mitunter ist das auch eine Motivation von uns: Das aufzeigen, was es bereits gibt. Und mit Judith Schwarz auf der ersten CD, sowie mit Katharina Ernst und Aurora Hackl Timón auf der zweiten CD, haben wir wirklich gute und umtriebige Schlagzeugerinnen auf den Veröffentlichungen vertreten.

Vor kurzem habt ihr euer eigenes Label arooo.records gegründet, auf dem die Kompilationen veröffentlicht werden. Was war hier die Idee, dass man die Alben auf einem eigenen Label herausbringt?

Ein wichtiger Punkt für uns war, dass wir mit unseren Produktionen maximal unabhängig sind. Außerdem haben wir so die Möglichkeit, mit spannenden Musikerinnen aus unserem Umfeld zusammenzuarbeiten oder zu kooperieren. Auf dem Label sollen nämlich nicht nur die Kompilationen herausgebracht werden, sondern es soll auch als eine Veröffentlichungsplattform für die Fraufeld-Gemeinschaft und Musikerinnen darüber hinaus dienen.

Ein weiteres Format des Vereins sind die Fraufeld/Feldforschungs-Konzerte. Was kann man sich darunter Vorstellen?

Das ist eine Konzertreihe, die wir ins Leben gerufen haben und die vierteljährlich im Rhiz in Wien stattfindet. Bei der Programmkonzeption sind wir da wiederum sehr offen. Es hat sich aber so ergeben, dass bei den Konzerten meist ein Act spielt, der auf einem unseren Alben vertreten ist und einer, der nicht darauf vertreten ist. Das sind dann oft auch eher internationale Bands bzw. Projekte. Letzten Dienstag fand das vierte Konzert der diesjährigen Reihe statt, bei welchem beispielsweise neben dem Wiener Duo Mayr & Ms. Mutt die kanadische Musikerin Ronley Teper spielte.

Neben den Alben und den Feldforschungs-Konzerten gibt es auch noch den Fraufeld-Stammtisch. Wie regelmäßig finden diese statt und was passiert bei diesen?

Die Idee dahinter war einen Raum zu öffnen, bei denen sich Interessierte treffen und ungezwungen austauschen können. Dabei gibt es kein fixes Programm und auch keine Moderation. Die Stammtische sind auch nicht exklusiv für Frauen gedacht, sondern sollen einfach einen gemeinsamen Treffpunkt darstellen. Ähnlich wie die Feldforschungs-Konzertreihe finden die Stammtische etwa alle drei Monate statt, nur in einem anderen Rhythmus. Die Termine werden im Voraus auf unserer Website (www.fraufeld.at) ausgeschrieben.

Vielen Dank für das Interview.

Foto 1: Fraufeld Ensemble, © Gloria Amesbauer

Foto 2: Katharina Ernst, © Barbara Brandstätter

Cover-Art Vol. 2: mahola/screenaddicts

Für Termine und weitere Infos zu dem Verein: www.fraufeld.at