Einmal Alles mit Groove, bitte | Guido May
Guido May ist einer der gefragtesten Schlagzeuger der internationalen Jazzszene. Er arbeitete u.a. mit Pee Wee Ellis, Fred Wesley, Biréli Lagrène, Larry Coryell, Benny Golson, Antonio Faraò, Craig Handy. Er hat sich dem Jazz verschrieben und lebt diese Leidenschaft in vollen Zügen aus. Dass dieser Lifestyle mit vielen Mühen verbunden sein kann und wie er damit umgeht verrät er im Interview mit Backbeat.at
Hi Guido. Du spielst heute im Porgy & Bess mit Pee Wee Ellis, Hans Theessink und Peter Fessler. Bist du vorbereitet?
Ja klar. Wir haben zwar in dieser Konstellation noch nie gespielt, ich bin aber gut darauf vorbereitet.
Bist du durch deine Zeit in New York und Vermont zum Drummer von Pee Wee geworden?
Nein, das war eher Zufall. Ich habe vor einigen Jahren Stephan Meyner von Minor Music in Köln bei einer Plattenaufnahme kennengelernt. Stephan hat 1996 das Album „A New Shift“ von Pee Wee produziert. Er wollte dafür eine deutsche Rhythmsection haben und hat mich kurzerhand angerufen. Seither spiele ich regelmäßig an Pee Wee's Seite. Darauf bin ich auch sehr stolz. Im November sind wir auf einer Spanien-Tour und im Februar sind wir in London im Ronnie Scott´s, was für mich einer der besten Clubs auf diesem Planeten ist.
Warst du schon immer Jazz- und Funk-Fan?
Meine Eltern sind, als ich ein Kind war, auf die Jazzwoche in Burghausen gefahren. Dort habe ich Art Blakey gesehen und wusste, dass ich nichts anderes in meinem Leben machen will. Von meinen Eltern habe ich sozusagen den Musikalischen Input bekommen und dann diese Musik regelrecht inhaliert.
Du bist also Jazz-Drummer der ersten Stunde.
Ich habe mit 15 begonnen Schlagzeug zu spielen. Damals war ich eher in Richtung Funk unterwegs. Besonders Level 42 und ähnliches war mein Ding. Jazz á la Miles Davis und John Coltrane hörte ich auch wahnsinnig gerne und so hat sich mein Stil in Richtung Jazz verlagert. Wie Lemmy Kilmister von Motörhead schon gesagt hat: „Once you like something, you stay with it. “ Generell war es bei mir so, dass ich alles was ich gehört habe und mir gefallen hat am Schlagzeug lernen wollte.
Hattest du im Zuge deiner Ausbildung die Möglichkeit dir das alles anzueignen?
Am Drummers Focus war ich noch Schüler von Cloy Petersen. Dort habe ich die Basics gelernt. Generell ist diese Schule eine super Institution mit gutem Konzept.
Du fliegst morgen Früh nach Dublin, um Larry Coryells Tour zu trommeln. Den Gig hast du Gestern angenommen. Das ist jetzt gerade nicht die einfachste Musik, wie bereitest du dich in so kurzer Zeit auf eine Tour vor?
Larrys Stücke sind oft 11/8-, 7/8-, und 5/8-Grooves. Da ist es von Vorteil, dass ich mich schon früh mit ungeraden Taktarten beschäftigt habe. Die ersten, die ich damals so wahrgenommen habe waren Dave Holland und Steve Coleman. Als ich das gehört habe, musste ich das einfach lernen. Also hab ich mich hingesetzt und geübt. Zur Vorbereitung für die Tour mit Larry habe ich mir die Nummern auf YouTube angehört, mir dann verschiedene Marks in die Leadsheets gemacht und hatte keine Zeit, diese Stücke nochmal zu üben. In der Band spielt Joey DeFrancesco, der für mich der beste Hammondsorganist der Welt ist. Er hat u.a. mit Miles Davis gespielt. Solche Weltklassemusiker hören alles, also auch jeden kleinsten 'Fehler'. Das ist natürlich maximaler Stress, ich möchte in den Moment kein Pulsmessgerät an mir haben. Dazu kam, dass das erste Konzert Gestern gleich ein Rundfunkmitschnitt war. Somit ein weiterer Grund alles zu geben. Nach dem Gig war das Feedback sehr gut.
Mit deinem Soloprojekt bist du sehr vielseitig unterwegs. Möchtest du dich Musikalisch nicht festlegen?
Ich habe vor einem Jahr begonnen selbst Stücke zu schreiben. Das gehe ich meistens so an: An einem Tag höre ich Fusion und denke mir, dass ich das gerne machen würde. Am nächsten Tag höre ich traditionellen Jazz, danach was Brasilianisches und später wieder was Härteres. Ich kann mich einfach nie wirklich für eine Richtung entscheiden. Letztendlich habe ich beschlossen, dass es halt einfach so sein soll. Ich bin kein Doublebass-Wunder oder Samba-Gott, sondern der Guido May, der viele Stile so gut wie möglich spielen will.
Interview: Stefan Dammerer
Foto: Guido May