Ein eigener Groove, verträumt und nordisch: Die Band Roia im Interview
Das Indie Pop-Trio Roia ist der feinste gemeinsame Nenner eines Geflechts quecksilbriger Soundträume, denen Nina und Paul Hochrainer sowie Dorian Wimmer im eigenen Musikstudio nachhängen. Auf ihrem neuen Longplayer „Prototype Of A Heart“, der im April 2015 erscheint, vertonen die Salzburger bereits zum dritten Mal ihr Sentiment. Backbeat sprach mit Nina und Paul. Von Martin Macho
Roia ist persisch und heißt zu Deutsch „Traum“. Inwieweit kennzeichnet der Bandname eure Musik?
Nina: Insofern, als dass die Musik sehr sphärisch sein kann und auch die Texte sehr verträumt sind, in der Art von Tagebucheinträgen. Was nicht heißt, dass es bei uns klanglich nicht auch brachialer werden kann.
Was charakterisiert die Musik von Roia im Speziellen?
Paul: Von einigen Seiten habe ich schon die Rückmeldung bekommen, dass unsere Musik irgendwie nordisch klingt. Das stimmt schon, wenn wir selbst Bands aus Island, Norwegen oder Schweden hören, erkennen wir da auch eine gewisse Parallele. Auf der einen Seite ist es wohl diese kühle Melancholie, auf der anderen Seite gibt es aber auch diese klaren, harschen Sounds und diese Formbrüche…
Nina: (lacht) Die Band hat also einen persischen Namen, klingt aber nordisch!
Paul: …so kann man das sagen, genau. Die Musik ist zwar der klassischen Popwelt und ihrer Ästhetik ziemlich nahe, aber auch zu einer Björk gibt’s zum Beispiel Ähnlichkeiten.
Wird diese Musik noch im herkömmlichen Sinne geschrieben, oder entsteht sie während der Studioarbeiten aus dem Tun heraus?
Paul: Es ist ein wirklicher Produktionsprozess, der bei uns sehr lange dauert. Wir entwickeln zunächst musikalische Ideen und Themen. Danach nehmen sich die beiden Sänger Nina und Dorian das Material vor und machen Vorschläge im Sinne von Lines und Texten. Zuletzt fügen wir die beiden Komponenten zusammen. Gelegentlich entstehen daraus Lieder, die dem, wie es dann am Ende klingt schon recht nahe kommen. Viele Nummern durchlaufen aber mehrere Bearbeitungsprozesse – als Teamarbeit im Studio –, bis sie ihre endgültige Form bekommen.
Nina: Bei der Ausarbeitung der Lines arbeitet jeder für sich, danach gibt es aber die Situationen, wo wir zu dritt im Studio sitzen, und am Arrangement feilen. Das Lied kann dann am Ende komplett anders klingen. Aus einem kleinen Gitarrensong kann etwas ganz Großes mit, zum Beispiel, Posaunen werden.
Beim Durchhören eurer neuen Single „Instant Love“ habe ich den Eindruck gewonnen, dass sehr viel Zeit und Energie darauf verwendet wurde, den optimalen Sound zu finden.
Nina: Der Eindruck ist sicher richtig. Wir haben einfach eine große Affinität dazu, uns dem Detail hinzugeben. Da kann es schon passieren, dass wir stundenlang damit zubringen, einen perfekten Sound zu finden. Songs können dadurch auch schon mal verworfen werden, obwohl wir in sie sehr viel Zeit investiert haben. Dahingehend haben wir ein bisschen unseren eigenen Groove (lacht).
Paul: Das ist ja zugleich der Fluch und der Segen, wenn man alles selbst – noch dazu im eigenen Studio – produziert. Dadurch legen wir an unsere Arbeit immer die eigenen Maßstäbe an. Das heißt, wenn ein Sound nicht unseren eigenen Vorstellungen entspricht, wird so lange gesucht, bis wir zufrieden sind.
Eure neue LP „Prototype Of A Heart“ wird im April 2015 veröffentlicht. Auf eurer Homepage wird sie beschrieben als „emotionaler Streifzug durch den linken Brustkorbbereich und seine nächtlich nassen Pflasterstraßen“. Was bedeutet das?
Paul: (lacht) Ich finde, das gehört einfach zur Tatsache, dass wir Musik kreieren, die quasi Filme in den Köpfen der Hörer entstehen lässt. Somit sind solche Formulierungen oft persönliche Eindrücke.
Nina: Ein Lied von Roia kann viele verschiedene Assoziationen auslösen, deswegen hört man ganz oft unterschiedliche Statements zu unserer Musik.
Ist euch dieser Freiraum für Interpretationen wichtig?
Nina: Ich finde generell, dass es in der Kunst immer wichtig ist, unterschiedliche Zugänge zu finden. Jeder darf und soll in einem Werk etwas anderes darin sehen und entdecken. Bei der Musik ist es immer dann sehr spannend für uns, wenn sie eben nicht plakativ ist und nicht sofort die immer gleichen Assoziationen erzeugt. Wir haben in unseren Texten auch nie wirklich greifbare Messages. Es geht vielmehr um Gefühle und Stimmungen, die sich natürlich auch wieder schlagartig ändern können.
Die Musik von Roia wirkt sehr durchgearbeitet und ausgefeilt. Wie lange hat vor diesem Hintergrund die Produktion der neuen LP gedauert.
Paul: Insgesamt haben wir eineinhalb Jahre gebraucht, von den ersten Ideen über die Demos bis hin zur Produktion. Für Roia-Verhältnisse war das eh neue Rekordzeit (lacht)! Bei unserem ersten Album haben wir sieben, beim zweiten Album fünf Jahre gebraucht. Wir waren immer der Meinung, eine LP ist erst dann fertig, wenn sie für uns selbst fertig ist. Dieses Mal ist es uns gelungen, in der Arbeit konzentrierter und stimmiger zu werden.
Warum benötigt Roia verhältnismäßig lange für eine Produktion?
Nina: Früher hatten wir für die Musik einfach weniger Zeit. Dadurch konnten wir uns auch nicht regelmäßig treffen. Mittlerweile arbeiten wir viel häufiger im Studio. Außerdem finden wir jetzt viel schneller einen Konsens darüber, was wir eigentlich ausdrücken wollen.
Paul: Wir haben jetzt ganz bewusst den Versuch unternommen, für uns selbst schneller zu einem Ergebnis zu kommen. Die Gefahr des langen Produzierens ist uns klar geworden: In der Vergangenheit haben wir manchmal bereits fertige Stücke nach einer Weile für nicht stark genug befunden. Ein Jahr später waren sie für uns dann auf einmal gar nicht so übel. Man verliert sich halt durch unsere Arbeitsweise etwas und der Zeitpunkt, wann die Nummer wirklich rund ist, wird leicht übersehen. Das haben wir an uns selbstkritisch bemerkt. Bei „Prototype Of A Heart“ hat jetzt alles viel effizienter funktioniert.
Nina: Drei Leute isoliert im Studio, da kann es schon passieren, dass man den richtigen Momnet übersieht und zu lange an einem Song herumbastelt. Wichtig ist da immer eine Meinung von außen, die kann den Prozess beschleunigen.
Inwieweit ist es ein Kriterium für euch, den sehr speziellen Roia-Sound live rüberzubringen?
Paul: Das ist eine ganz interessante Geschichte. Ein Problem, das wahrscheinlich alle Bands haben, die hauptsächlich aus dem Studiobereich kommen. Gott sei Dank hatten wir bis jetzt das Glück, immer gute und engagierte Musiker zu finden, die die Studioarrangements auf eine live-adäquate Form bringen konnten. Wir versuchen einfach, die Aspekte zu finden, die das Idiom eines Sounds ausmachen. Diese werden dann aber deutlich reduziert und klarer gemacht, um sie bei den Auftritten umsetzen zu können. Dabei helfen uns die Studiomusiker. Der Klang wird dadurch leicht anders, aber das tut dem Ganzen sehr gut. Zum Teil wären unsere Sounds live auch gar nicht spielbar.
Ihr seid live personell etwas breiter aufgestellt. Wie ist da euer Selbstverständnis als Band: Seht ihr euch als Triokern mit wechselnder Begleitbesetzung?
Paul: Unser Ziel ist es, um uns als Produzententeam einen Kreis von Musikern zu haben, der teilweise im Studio mitarbeitet und dann die Sachen live auf die Bühne bringt.
Nina: Man kann das nicht völlig trennen. Die Kompositionen liegen schon bei uns dreien, das Endergebnis verantworten aber immer alle. Wie sich das in Zukunft entwickelt, wird man sehen. Vielleicht wird das Produzententeam irgendwann aus sieben Leuten bestehen.
Paul: Prinzipiell tut es einem Projekt immer gut, wenn Musiker von außen dazukommen und neue Ideen mit einbringen. Wir wollen die Erweiterung unseres engen Kreises auch forcieren. Andererseits möchten wir lernen, Songs zu schreiben und zu produzieren. Dafür ist unser Trio grundsätzlich schon sehr gut, weil man da noch gemeinsam das Wesen eines Liedes herausarbeiten kann.
Ihr arbeitet live auch stark mit Lichteffekten. Ist diese Parallelität von Musik und Optik für euch wesentlich?
Nina: Das ist schon auch ein wichtiger Punkt, die Optik hat sicher einen zentralen Stellenwert für uns. Ein Konzert lebt davon, dass du beides, Musik und Effekte, wahrnehmen kannst. Lichtstimmungen und Visuals unterstreichen besonders bei Roia die Musik, die doch zum Dahinschweben einlädt, ganz gut. Wir sind da immer dahinter, Konzepte zu entwickeln um festzulegen, welche Stimmung und welcher Effekt zu welchem Song passt.
Das Album „Prototype of a Heart“ erscheint im April 2015
Pre-release Song „Instant Love“ erschienen am 14.11.2014
Nächste Live-Dates:
27.11.2014 Wien Fluc
28.11.2014 Salzburg Rockhouse
Kontakt:
office@roia-music.com
Links:
www.roia-music.com (mit Soundclip der neuen Single)
www.facebook.com/roia.music
Fotos: © Roia