Frank Schachinger

Im Jahr 2009 baten wir Frank Schachinger, damals Schlagzeuger bei 3 Feet Smaller das ersten Mal zu einem Interview. Jetzt trafen wir ihn nochmals, um mehr über seine aktuellen Projekte LIAN und HVOB zu erfahren und herauszufinden, wie sich die Österreichische Musikwelt seit damals verändert hat.

Erzähl mal, wie hast du angefangen zu spielen?

Mit zwölf Jahren hatte ich den Wunsch in einer Band Schlagzeug zu spielen. Anfangs habe ich immer wieder mit meinem Cousin, der Gitarre spielt, gejammt und relativ bald Unterricht genommen. Ich habe dann immer mehr und mehr geübt und dadurch ist das Schlagzeugspielen ein wichtiger Teil von mir geworden. Bald bin ich dann von Salzburg, wo ich ursprünglich herkomme, nach Wien gegangen und habe am Konservatorium zu studieren begonnen. Damals war es ein reines Jazzkonservatorium und ich musste anfangs sehr kämpfen, weil ich nicht aus dem Jazz komme.

Hättest du dich damals anders entschieden, wenn es schon den Pop-Zweig gegeben hätte?

Hudertprozentig (lacht). Die Lehrer dort waren super, aber sie waren sehr auf einen relativ engen Bereich fixiert. Natürlich habe ich dadurch auch sehr viel gelernt. Vielleicht hätte ich mich nicht so intensiv mit Swing, Jazz und Latin beschäftigt, wenn ich auf ein popularmusikalisches Konservatorium gegangen wäre. In der Zeit habe ich sehr viel ausprobiert und dadurch mit Percussion angefangen, in einer Salsa-Band gespielt und die Liebe zu Funk- und Soulmusik entdeckt.

Du hast lange Zeit bei 3 Feet Smaller gespielt und spielst noch immer mit zwei ehemaligen Mitgliedern bei LIAN. Wieso habt ihr euch nach 3 Feet Smaller so aufgeteilt?

Wir haben mit 3 Feet Smaller die Entscheidung getroffen, dass wir eine Pause wollen. Musikalisch und persönlich haben wir uns immer sehr gut verstanden und uns auf der Bühne wohl gefühlt, deshalb haben wir bald entschieden, zu dritt weiter zu machen. Wir haben uns einfach im Proberaum getroffen und ausprobiert, in welche Richtung es musikalisch gehen soll. Es hat zum Beispiel relativ lange gedauert bis wir wussten, ob wir Englisch oder Deutsch singen möchten. Insgesamt hat diese Findungsphase eineinhalb Jahre gedauert, aber als wir die EP aufgenommen haben, hat es sich immer mehr konkretisiert.

Wie funktioniert das Songwriting bei euch?

Die Grundidee kommt meisten oder eigentlich immer von Philipp, unserem Sänger und Gitarristen. Hin und wieder nimmt er etwas auf und schickt uns seine Ideen oder wir treffen uns klassisch im Proberaum. Dabei probieren wir unterschiedliche Bass- und Schlagzeugrhythmen aus und versuchen die Songs mit viel Liebe zum Detail fertig zu arrangieren. Wir haben alle Songs Live im Studio eingespielt, bis auf ein paar wenige Gitarren Overdubs. Wenn man nicht ewig Zeit im Studio, also nicht unendlich viel Geld hat, ist es wichtig, sich gut vorzubereiten. Die Soundsuche hat im Studio relativ lange gedauert, aber nach ein paar Takes war immer alles eingespielt.

Der Rhythmus von „Deine Hand, mein Shirt“ hat mich von Anfang an fasziniert. Wie ist der entstanden?

Der Grundgedanke war es, einen sehr großen Unterschied zwischen Strophe und Refrain bezüglich Feeling und Groove zu schaffen. Deswegen spiele ich in der Strophe eine „busy“ Base- und Snarelinie. Die rechte Hand spiele ich nicht linear, sondern mache die Akzente mit, damit es vertrackter klingt. Das ist meine billige Version von einem Mars-Volta-Groove (lacht). Beim Refrain wollte ich das genaue Gegenteil machen: mit Ghostnotes einen relaxten Halftime-Beat. Der Groove des Refrains baut sehr auf der Gitarrenlinie auf, der Strophengroove steht für sich, weil Bass und Gitarre relativ schwebend sind. Darum habe ich versucht, mit dem Schlagzeug Akzente zu setzen und etwas Prägnantes zu spielen.

Damals habt ihr euch auch über die Förderung von österreichischen Talenten unterhalten und du hast erwähnt, dass es diesbezüglich positive und negative Tendenzen gibt. Als positives Beispiel hast du den „Österreichischen Musikfonds“ erwähnt und als negative Tendenz hast du den geringen Anteil österreichischer Musik in den Radios genannt. Wie, denkst du, hat es sich seit damals verändert?

Ich denke es hat sich zum Positiven entwickelt. Gerade an den Beispielen von erfolgreichen Bands wie Wanda oder Bilderbuch sieht man, dass der „Österreichische Musikfonds“ Früchte getragen hat. Wir sind mit LIAN auch gefördert worden und es hat uns wirklich sehr geholfen ein Album, das unseren Ansprüchen genügt, herauszubringen. Was die Radio- und Medienlandschaft betrifft, denke ich, man muss über den österreichischen Tellerrand schauen. In vielen anderen Ländern gibt es nur kommerzielle Radios, die fast gar keine heimische Musik spielen. Im Vergleich dazu spielt FM4 immer brav österreichische Musik. Auch im Ö3 kann ich mir vorstellen, dass durch Seiler & Speer oder auch Julian Le Play heute mehr gespielt wird als früher.

Gibt es einen Tipp von dir, den du jungen SchlagzeugerInnen mitgeben würdest?

Üben, Üben, Üben! Aber ich denke, das ist sowieso klar. Als ich begonnen habe Schlagzeug zu spielen, habe ich in den ersten Jahren technisch sehr viel falsch gemacht. Es gibt Leute, die nehmen Sticks in die Hand und es passt, aber bei mir war das nicht so. Deshalb habe ich mich sehr viel mit Schlagtechniken und Stockhaltungen beschäftigt. Es gibt nicht eine richtige Stockhaltung, aber manche sind günstiger und manche sind ungünstiger. Ich denke, gerade für junge SchlagzeugerInnen ist es wichtig, dass man jemanden findet, der sich auch damit beschäftigt und das gut erklären kann. Wenn ich von Anfang an jemanden gehabt hätte, der mir das besser zeigt, wäre ich schneller zum Ziel gekommen. Man sollte das nicht als Pflicht sehen, sondern als Chance, dass Dinge dadurch besser klingen oder sich natürlicher anhören.

Du bist 2009 schon einmal von der Beatboxx interviewt worden (Zum Interview kommt ihr hier). Damals habt ihr gerade mit 3 Feet Smaller das Album „December 32nd“ herausgebracht.

Wow, das ist lange her!

Neben LIAN bist du auch mit HVOB unterwegs. Dabei verwendest du ein eher spezielles Schlagzeug. Wie funktioniert das?

Bei HVOB spiele ich ein Hybridset. Die Trommelsounds spiele ich mit elektronischen Pads, die direkt mit der Soundkarte von meinem Kollegen Paul verbunden sind. Dadurch können wir bei jedem Song andere Sounds verwenden. Als Becken verwende ich Gen16 Becken von Zildjian. Für HVOB sind sie perfekt, weil sie sehr leise sind. Es kann auch keine Rückkopplung geben, weil sie nicht mikrofoniert werden müssen, sondern direkt mittels Kabel mit dem Computer verbunden sind. Auf den Aufnahmen von HVOB gibt es kein echtes, sondern ein programmiertes Schlagzeug. Deshalb gibt es in keinem HVOB-Song Becken aber Live eben schon. Unser Ziel was es, bei Auftritten auch wie eine Live-Band zu wirken und zu klingen und ohne Becken würden hier die dynamische Entwicklung sowie Spannungsbögen fehlen.

Es ist nicht unbedingt naheliegend, von Punk zu elektronischer Musik zu wechseln. Wie kam es, dass du bei ihnen begonnen hast?

Ein Teil von HVOB ist Paul Kinski. Wir kennen uns schön länger und er hat das letzte 3 Feet Smaller Album produziert. Die Zusammenarbeit hat gut funktioniert und wir haben uns sehr gut verstanden. Der Start von HVOB war etwa zeitgleich mit der Pause von 3 Feet Smaller. Mittlerweile bin ich schon seit viereinhalb Jahren dabei, die letzten drei Jahre davon waren sehr intensiv. Letztes Jahr habe ich meine Flüge mit HVOB gezählt, es waren etwa 150. Wir spielen oft in Osteuropa, im Mittleren Osten oder auch in Amerika.

Ist es sehr unterschiedlich, an so verschiedenen Orten zu spielen?

Ja, eigentlich schon. Die Spielzeiten sind beispielsweise ganz unterschiedlich. Manchmal spielen wir um acht am Abend, manchmal um vier in der Früh. Das hängt ganz vom jeweiligen Land und wie man dort fortgeht ab. Etwas ganz Spezielles war es, als wir in Kuwait gespielt haben. Dort gibt es keine Clubs und bei moderner Musik gibt es ein Tanzverbot. Für uns war es sehr besonders, weil wir gemerkt haben, das Publikum hat vielleicht ein- oder zweimal im Jahr die Möglichkeit, auf ein Konzert zu gehen und deshalb war das Feedback auch extrem gut.

Haben eure Zuseher trotzdem getanzt?

Ja, zum Schluss haben sie, trotz der Securities, die aufpassen sollten, dass keiner tanzt, getanzt. Danke für das Interview!



Steckbrief

Lieblingsbecken

Rock-Ride: Zildjian Avedis 22“

Hi-Hat: Top: Zildjian K

Bottom: Zildjian New Beat 15“

Lieblings-Groove: Funky-Drummer Groove

Lieblings-Fill: „Ich stehe auf Einfaches“.

Stilbeschreibung: Der Schlagzeuger von Bomb Circle, Thomas Schneider, bezeichnete sich einmal als GOD: „Groove Oriented Drummer“. So weit würde ich nicht gehen, aber für mich ist immer das Wichtigste, dass ich das spiele, was für die Musik am passendsten ist. Ich versuche ein Chamäleon im musikalischen Sinne zu sein.



Musik und mehr Informationen findet ihr unter den folgenden Links:

http://www.lianband.com

http://hvob-music.com

 

Interview und Grafiken: Mira Achter

Fotos: Matthias Heschl