Hans-Jürgen Bart
Seit nun bald zehn Jahren sitzt Hans-Jürgen Bart alias Willie Larsson Jr. bei Electroswing-Pionier Parov Stelar hinter dem Schlagzeug. Im Interview mit beatboxx spricht der 28-jährige Oberösterreicher über seinen frühen Start ins Musikbusiness und das Spannungsverhältnis zwischen retro und modern.
Für dich startet dieser Tage die Sommertournee mit Parov Stelar.
Jetzt geht es einmal zum Start nach Griechenland und dann quer durch Europa bis Ende September. Bei Parov Stelar haben wir Jänner, Mai und Dezember jeweils eine kleine Pause. Im Mai war jetzt also Verschnaufpause vor der sommerlichen Festival-Tournee. Der nächste Gig in Österreich ist am Frequency Festival. Das ist auch der einzige in diesem Jahr, neben jenem in der Wiener Stadthalle im Dezember. Aber seit das ganze Projekt so gewachsen ist, stehen auch im Ausland mehr Shows an.
Was hat sich durch den enormen Erfolg von Parov Stelar für dich persönlich verändert?
Eigentlich gar nicht so viel. Die jährlichen Parov Stelar Shows sind nicht so viele wie man vielleicht glauben mag. Das pendelt sich so zwischen vierzig und fünfzig Shows ein. Da bleiben noch viele Tage übrig. Außerdem habe ich schon in sehr jungen Jahren sehr viel gespielt und bin so etwas in dieser Hinsicht gewohnt. Gut, man muss dafür bei anderen Projekten etwas mehr ins Zeitmanagement stecken, aber das hat man auch, wenn man mehrere kleine Bands hat. Es ist ja auch nicht so, dass wir hierzulande einen Starstatus hätten. Dadurch, dass wir in anderen Ländern bekannter sind als hier, können wir noch in Ruhe zum Billa gehen. (lacht) Aber das steht ja auch nicht so im Vordergrund, sondern eher die Musik. Es sticht keiner hervor und es gibt auch keinen Superstar in dem Sinn.
Gründer und Kopf von Parov Stelar, Marcus Fürneder, ist ja - wie du - auch aus Oberösterreich. Woher rührt eure Zusammenarbeit?
Das war eigentlich, wie so vieles, zufällig. Ich habe den ehemaligen Saxophonisten auf der Uni kennengelernt. Nachdem wir miteinander gejammt haben, habe ich ihn eingeladen, bei meiner Funkband, Düsenfried and the Stuffgivers, mitzumachen. Ein paar Monate später hat der damalige Schlagzeuger bei Parov Stelar aufgehört und ich wurde an einem Mittwoch gefragt, ob ich am Freitag spielen kann. Also habe ich zwei Tage Zeit gehabt, das ganze Set zu lernen und war ab dem Zeitpunkt dabei. Im Oktober sind es dann bereits zehn Jahre, die ich mit von der Partie bin.
Wie hast du dich in diesen zwei Tagen konkret vorbereitet? Hast du Lead-Sheets geschrieben oder einfach die Tracks zum Klick geübt?
Ich muss gestehen, dass ich da schon eher der Lead-Sheet-Schreiber bin. Das kommt aber auch daher, dass ich oft als Last-Minute-Aushilfe für andere Bands tätig bin. Dabei greife ich schon immer wieder auf Lead-Sheets zurück. Vor allem, wenn ich bei einer Band spiele, mit der es nur drei Gigs pro Jahr gibt, bleibt es bei der Papier-Krücke.
Bei Parov Stelar spielst du recht straight und hart. Provokant gefragt: Muss man eigentlich Swing beherrschen, um Electroswing zu spielen?
(lacht) Das bin ich noch nie gefragt worden. Sagen wir mal so: Es schadet nicht, wenn man das Ride-Pattern intus hat. Allerdings muss ich gestehen, dass ich selbst absolut kein Jazz-Schlagzeuger bin. Das kommt also nur im Namen des Musikstils vor. Während der Show kommt auch kaum ein durchgehendes Swing-Pattern zum Einsatz, weil es sonst einfach zu voll werden würde. Es gibt in der ganzen Show nur circa sechzehn Takte, in denen eines gespielt wird. Also in dem Fall: Nein. Das meiste ist aber schon im triolischen Raster, wobei Marcus die Begabung hat, gerade Sechzehntel mit Triolen zu mischen und es sich trotzdem immer irgendwie ausgeht. Ich selbst bin als Schlagzeuger auf der Bühne dann aber meistens im triolischen Feel unterwegs. Im Studium bin ich natürlich schon mit Jazz und Swing zwangsbeglückt worden. Aber generell ist unsere Show und das gesamte Sounddesign rundherum modern. Von daher ist es auch für mich ein recht moderner Schlagzeug-Job. Was viele überrascht ist, dass die Show bei Parov Stelar allerdings größtenteils ohne Click gespielt wird. Das ist vor allem wegen der alten Samples, die ja nicht immer astrein und sauber aufgenommen sind. Mit dem klassischen Swing hat es dennoch wenig zu tun – das bemerkt man ja auch beim Setup.
Du spielst also eher ein Pop-Setup?
Genau. Ein Swing-Ride oder besonders dünne Becken würden sich auch gar nicht durchsetzen, denn unser Bühnensound ist enorm laut. Ich habe zwar länger überlegt, eines meiner Vintage-Sets zu benutzen, rein für die Optik. Aber letztendlich habe ich mich doch für mein Bubinga-Set und die dicken Becken entschieden, denn es geht neben der Lautstärke auch um die Haltbarkeit. Ich hatte davor noch nie einen solchen Beckenverschleiß. Das laute Spielen habe ich darüber hinaus richtig üben müssen, weil ich davor eher als leiser Drummer bekannt war.
War das leise Spielen immer dein bewusster Stil?
Das war nicht bewusst. Ich wurde nur immer wieder deswegen angerufen, aber beabsichtigt war es nie. Am liebsten ist mir die Mitte. Wenn es zu laut wird, hat man die Kraft nicht mehr, um seine Technik gut umsetzen zu können und wenn es zu leise wird, genauso. Ich muss aber sagen, dass mich über die Jahre vor allem die Livesituationen geprägt haben. Dadurch, dass ich das Glück gehabt habe, immer viel live spielen zu dürfen, habe ich in den verschiedensten Stilen Übung bekommen.
Welche Leute haben dich musikalisch geprägt? Du bist ja besonders im Funk unterwegs.
Das stimmt, das ist mein Herzblut sozusagen. Ich habe relativ bald die Liebe zu „alter“ Musik entdeckt. Das kommt auch davon, dass ich in meinen ersten Gruppen, zum Beispiel bei Am Dam Jazz, bereits James Brown Nummern und Ähnliches gespielt habe. Gefestigt hat es sich dann in meiner kurzen Dave Weckl Phase. Da war es auch so, dass mir die funky Songs am besten gefallen haben. Natürlich waren die Fusion-Sachen auch toll, aber dieses Höher-schneller-weiter hat mich nie ganz gepackt. So etwas ist freilich schon unglaublich, was manche technisch können, aber da gibt es bei mir noch immer Grenzen. Für mich ist Groove-Musik dann doch größer geschrieben und geht mir mehr ins Herz. In dieser Hinsicht finde ich zum Beispiel Adam Deitch großartig, der für mich die perfekte Mischung zwischen retro und modern repräsentiert. Homer Steinweiss, der praktisch alle Amy Winehouse und Daptone-Records Sachen eingespielt hat, wäre auch ein Beispiel für diesen Retrosound. Außerdem war Steve Jordan schon immer ein großes Soundidol von mir. Das mit dem Sound ist mir als Schlagzeuger einfach enorm wichtig und für mich hat der Drumsound in einem Song genauso einen hohen Stellenwert für das Gesamtwerk wie der Song selbst. Oft höre ich mir eine Band nur wegen des Drumsounds an.
Du hast bereits sehr früh Bühnen- und Studioerfahrung gesammelt. Haben dich dabei deine Eltern gefördert?
Am Anfang eher noch nicht so sehr, später dann sehr wohl – sonst hätte ich es nie so weit geschafft. Ich habe mit vier Jahren begonnen, Geige zu spielen und dann mit sechs das Schlagzeug entdeckt. Irgendwann in den Ferien habe ich in der Schule, in der meine Taufpatin unterrichtet, Schlagzeug spielen dürfen – worauf der Schlagzeuglehrer meine Eltern kontaktiert und bewirkt hat, dass ich Unterricht in der örtlichen Musikschule bekomme. Der nächste Schritt war dann eh bereits Am Dam Jazz, wo wir manchmal Auftritte vor tausenden Leuten hatten. Da wurden wir quasi alle gleich ins ins kalte Wasser geworfen. Aus diesem Projekt ging in der Folge auch der Großteil von Düsenfried and the Stuffgivers hervor, die bis heute mein „Heimatprojekt“ sind.
Du hast dann bei Joris Dudli an der Bruckner Universität studiert.
Ich habe mit 17 den popularmusikalischen Zweig am BORG in Linz abgebrochen. Allerdings war ich damals bereits die meiste Zeit auf Tourneen mit verschiedensten Leuten. Von daher ist es sich einfach nicht mehr ausgegangen. Dadurch, dass ich dann aber Schlagzeug studiert und damit die Musikschul-Lehrberechtigung habe, war das auch für meine Eltern okay. Man kann ja nie wissen, wie es weiterläuft und selbstständig zu sein hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Insofern habe ich da also eine Absicherung. Aber zur Zeit macht es mir einfach Spaß, wie es ist.
Welche aktuellen Projekte verfolgst du gerade neben Parov Stelar?
Die meiste Studioarbeit mache ich gerade für Johnny Summerville und für die Sängerin Souleen. Das lustige ist, dass ich beide Jobs mit meinen Vintage-Sets spiele, wobei man beim Sound von Johnny Summerville nie heraushören würde, dass es sich um ein Ludwig aus den 70er Jahren handelt, während bei Souleen der gesamte Sound darauf zugeschnitten ist.
Zum Abschluss noch die aufgelegte Frage: Wie kamst du zu deinem Alter Ego Willie Larsson Jr.?
Das ist eigentlich eine ganz unspektakuläre Geschichte. Meine Mutter ist Schwedin und ich heiße mit vollem Namen Hans-Jürgen Wilberth Bart. Der Willie ist der Wilberth und Larsson ist der Mädchenname meiner Mutter. Das klingt natürlich super cool, aber der eigentliche Grund dafür ist, dass Hans-Jürgen niemand korrekt auf Englisch aussprechen kann und mir das irgendwann schon auf den Keks gegangen ist, immer alle möglichen Aussprachevarianten ertragen zu müssen. Inzwischen werde ich also auf Englisch immer als Willie angekündigt.
Interview: Moritz Nowak
Foto: (c) brightemup.com
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