Candee Beat
Du warst in den letzten Jahren vor allem mit deinem Projekt Candy Beat Camp präsent. Wie schaut es damit aus?
Ich habe für 2016 ein neues Album geplant und arbeite an neuem Material. Dadurch dass ich sehr viel in diversen Studios abhänge, kommt immer wieder frisches Material zusammen und ich nehme viele Demos auf. Das ist sehr spannend, weil ich dabei quasi jedes Instrument arrangiere und mir dann Leute suche, die Bock auf das Projekt haben. Da es keinem bestimmten Genre entspricht beziehungsweise kein wirklich definiertes Zielpublikum hat, kann ich einfach viele Sachen probieren und es als Spielwiese nutzen. Ich bekomme da auch sehr viel Unterstützung von diversen Bekannten und Freunden. Ich bin ja ständig am Jammen in Studios und dabei auf der Suche nach dem ultimativen „Song-Clou“. (lacht)
Hast du dir dabei selbst den Druck auferlegt, dass ein weiteres Album folgen soll oder ist das rein durch das Jammen entstanden?
Ich habe schon gewisse Ansprüche und dadurch auch einen Druck, den ich mir auferlege. Aber die Arbeit für Candy Beat Camp ist dennoch immer recht impulsiv, also nicht so, dass ich mir lange etwas vornehme, sondern ich habe immer irgendwelche Beats, Basslinien oder Songparts im Kopf, an denen ich dann arbeite. Mit Anton Loitsch – besser bekannt als Toni Meloni – habe ich viel an meiner Musik gearbeitet und Stay Okay aufgenommen. Er hat in Münster bereits viel mit Bands wie den Toten Hosen oder den Donots gearbeitet und kennt mich schon seit Jugendtagen. Dadurch hat es gut geklappt mit dem Faden, der sich durch die Alben zieht, aber auch jede neue Richtung zulässt. Es soll einfach keinem bestimmten Trend folgen. Ich meine, worauf will man denn in Österreich groß hinarbeiten? Ich will einfach selbst glücklich werden mit dem Produkt, das ich gerne spiele. Es hat mich ja schon überrascht, dass FM4 drei Singles aus dem Album gespielt hat, obwohl es nicht wirklich in deren Air Play passt.
Candy Beat Camp funktioniert ja quasi als Patchwork-Band. Arbeitest du von vornherein mit bestimmten Leuten zusammen oder wählst du danach aus, wie deine Entwürfe ausfallen?
Naja, ich weiß schon genau, von wem ich was bekomme und kann abschätzen, was daraus wird. Dadurch dass ich in den verschiedensten Studios in Klagenfurt, Graz und Wien aufgenommen habe, weiß ich ungefähr, wo ich mich melden muss, um zu bekommen, was ich will. Ich habe jetzt sowieso auch einige projektunabhängige Songs, die ich mit verschiedenen Leuten ausprobieren will, um zu schauen, was dabei herauskommt. Es sind einfach viele Momentaufnahmen und durch die großteils analoge Studioarbeit kommt das Impulsive auch immer sehr gut rüber. Bei der Live-Besetzung sind dann stets Topleute dabei, auf die ich mich verlassen kann. Was halt leider auch oft schwer ist, wenn es keine fixe Besetzung gibt und man nur ein kleines Budget zur Verfügung hat, aber das Livespielen ist auf jeden Fall ein Highlight. Mit Candy Beat Camp habe im Grunde einen Vier-Jahres-Zyklus, also alle vier Jahre passiert wieder ein Schub. Einfach dadurch, dass ich immer wieder vielen anderen Engagements folge. Ich arbeite aber sowieso immer gerne mit frischem Material und bin nicht der Typ, der vier Jahre lang das gleiche Album auf der Bühne spielt.
In letzter Zeit spielst du auch Schlagzeug bei Reverend Backflash.
Genau, deren Drummer hat sie nach zehn Jahren verlassen. Ich habe sie schon länger gekannt, vor allem durch das Spielen mit den Incredible Staggers. Sie waren oft dabei, auch im Backstagebereich, aber ich habe sie nie wirklich wahrgenommen, da ich damals selbst so viel beschäftigt war. Vergangenen November konnte ich sie aber zum ersten Mal live sehen. Ich war für einen Termin bei meinem Knie-Experten in Klagenfurt, nachdem ich mich beim Eishockeyspielen verletzt habe. Am gleichen Abend bin ich dann zum Konzert und habe mich vor der Bühne auf eine Couch gesetzt, weil ich nur schwer stehen konnte. Sie haben sich die ganze Zeit gefragt, was das denn für ein kleiner arroganter Typ ist, der da vor der Bühne auf der Couch sitzt. (lacht) Ich habe es ihnen aber nachher erklärt und wir haben uns gut verstanden, woraufhin sie mich in den folgenden Monaten immer wieder eingeladen haben, mit ihnen zu spielen. Irgendwann war ich dann mal dabei und es hat gut geklappt. Jetzt ist im Mai gerade eine kleine Tournee angestanden, die ich gespielt habe und mittlerweile war ich bereits bei 20 Gigs mit von der Partie. Ich bin also gleich auf den fahrenden Zug aufgesprungen und es macht total Spaß, weil es wiedermal eine g’scheite Rock ’n Roll Band ist!
Hast du vor, fix in der Band zu bleiben?
Mal schauen. Es klingt recht vielversprechend, wir haben mit Toni Meloni eine neue EP aufgenommen, die wir im Herbst auf den Markt bringen wollen und schon einige Termine für die nächsten Monate fixiert. Mit Judo Push, mit denen ich die letzten vier Jahre gespielt habe, haben wir auch vor kurzem das Album For The North rausgebracht und da ist im Moment kreative Pause. Aber auch da schaut jeder, dass er ein bisschen weiterarbeitet und ich schaue halt, dass ich mein Bühnenfix habe.
In puncto Bühnenerfahrung mangelt es dir kaum. Gab es irgendwann bei dir oder in deinem Umfeld Phasen, in denen das Musikerdasein zuviel wurde?
Wir sind eigentlich alle hin- und hergerissen in unserem Musikerdasein, wo sich einfach nicht viel anderes ausgeht. Ich habe mich irgendwann mit 17, 18 dafür entschieden, alles auf die Musik zu setzen, nachdem meine Eishockeykarriere so gut wie vorbei war durch diverse Verletzungen. Da hat es mir einfach egal sein müssen, ob ich etwas damit verdienen werde oder nicht. Man muss solche Entscheidungen treffen, wenn man sich etwas aufbauen will und dann ist es einfach Arbeit, Arbeit, Arbeit. Ich habe mir damals auch gedacht, dass ich mit 24 fertigstudiert haben werde und eine Familie gründe. Aber es ist dann eben alles anders gekommen. Bis ich 29 war, war ich ständig unterwegs und habe nebenbei studiert. Vor meinem 30. Geburtstag habe ich bereits tausend Konzerte gespielt. Mit den Staggers zum Beispiel hatten wir über hundert Gigs im Jahr und waren immer ein halbes Jahr im Voraus gebucht. Da war einfach kein Ende in Sicht und nach Tourneen in Russland und Mexiko 2011 haben wir gesagt, dass es reicht. Man muss irgendwann einen Schlussstrich ziehen und sich ein bisschen umorientieren. Das hat uns gut getan und schön langsam bekommen wir alle wieder Bock auf 60ies Garage-Rock.
Kommt da wieder etwas mit den Staggers?
Das kann ich noch nicht genau sagen. Mittlerweile verstehen wir uns jedenfalls alle wieder prächtig miteinander.
Du bist im Zuge deiner Eishockeykarriere Anfang der 90er in die USA gegangen. Hat sich in dieser Zeit auch dein Interesse für Musik entwickelt?
Ich war damals elf, zwölf Jahre alt und als Legionär dort. ’92 in Boston, ’94 in Vancouver und ’96 in Phoenix. Ich muss aber sagen, dass ich recht amerikanisiert zurückgekommen bin. Zu dieser Zeit sind gerade Sachen wie Under The Bridge von den Red Hot Chili Peppers oder November Rain von Guns ’n Roses erschienen. Das hat mich dann schon sehr begeistert, weil man davon in Österreich nicht so viel mitbekommen hat. Dort ist man halt in einer ganz anderen Sphäre und ich war dann total auf englischsprachige Musik fokussiert und habe recht bald im Keller meiner Eltern mit dem Schreiben und Spielen begonnen. Am Anfang war das der perfekte Ausgleich: Sport, Schule und Musik, mit allem was dazugehört. In der gleichen Woche, in der ich maturiert habe, habe ich dann auch meinen ersten Plattenvertrag bekommen.
Stimmt es, dass du deinem jüngeren Bruder, Mike Dee Crackus, eingeredet hast, sich zu Weihnachten ein Schlagzeug zu wünschen?
Wir haben uns da schon oft darüber unterhalten und er meint, es war so. Meistens hat er recht! (lacht) Aber er wollte ja ebenfalls Schlagzeug spielen. Ich habe mir dann von einem Freund unser erstes Schlagzeug besorgt, obwohl ich am Anfang eher auf Gitarre und Gesang fokussiert war – ich war damals als Sänger in der Schulband tätig und habe Chor gesungen. Irgendwann habe ich mich ans Schlagzeug gesetzt und habe es offenbar besser gemeistert als jeder andere und damit war’s das mit dem Gesang. Das war in meinen folgenden Bands ähnlich – da hat auch jeder jedes Instrument gespielt, aber ich bin meistens am Schlagzeug gelandet. Mir war das aber genauso recht. Nur wollte ich nie singen als Schlagzeuger, dafür bin ich dann doch lieber vorne auf der Bühne.
Bei wem hast du das Schlagzeugspielen eigentlich gelernt?
Mit 16 und 17 habe ich, bis zu meiner Matura, Privatunterricht bei einem Jazzer aus Tschechien gehabt. Da haben wir halt alles ein bisschen durchgenommen – kleine Trommel, Notenlehre und so weiter. Aber ich muss sagen, dass mich das nur halb interessiert hat. Ich habe gewusst, dass ich nicht Musik studieren oder Schlagzeuglehrer werden will. Mich hat vielmehr das Songwriting und das ganze Band-Ding interessiert. Deswegen habe ich dann auch in Graz Anglistik studiert. Aber mich hat damals natürlich vor allem The Clash, Ramones und Green Day begeistert. Meine Stärke am Schlagzeug waren ja auch vor allem die extrem schnellen Speedpunk-Beats.
In Graz wurdest du dann Drummer bei den Antimaniax…
Tom Prietl, der damalige Schlagzeuger bei ihnen, ist 1999 ausgestiegen und ich habe seinen Job übernommen – was eine ziemliche Herausforderung war, denn er ist einfach ein großartiger Drummer. Mit den Antimaniax habe ich wirklich jeden Tag gespielt. Wenn nicht gerade Probe war, haben wir Gigs gespielt. In London haben wir dann einen Plattenvertrag bekommen und haben uns auch in England um Kopf und Kragen gerockt. In dieser Zeit bin ich zu Leftover Crack gestoßen, mit denen ich in Chicago – gemeinsam mit Steve Albini – das Album Fuck World Trade aufgenommen habe. Das war eine wilde Zeit, aber es ist mir dann doch etwas zuviel geworden in New York, das war mir irgendwann zu oberflächlich und vom Lebenswandel her nicht gerade lebensbejahend. Damit habe ich mir auch die Amerika-Vision ein bisschen aus dem Kopf geschlagen. Nach dieser Zeit kamen dann ja die Staggers – von denen ich ein Fan der ersten Stunde war. Darüber war ich froh und dabei war wieder das komplett reduzierte Spiel gefragt, also straighter Rock ’n Roll und Surf.
Spielst du eigentlich für all deine Projekte das gleiche Set?
Ja, ich spiele ein Set und zwar ein Ludwig Classic Maple, das ich seit meiner Staggers-Zeit habe und das echt überall gut klingt, das ist immer wieder erstaunlich. Ich bin jetzt aber auch vermehrt mit Pads unterwegs und habe mich viel mit Percussion beschäftigt. Der Sammler bin ich aber eher bei den Gitarren.
Welche Projekte sammeln sich bei dir in nächster Zeit an?
Natürlich steht mit Candy Beat Camp jetzt einmal das neue Album am Programm. Gut möglich, dass wir das in LA aufnehmen werden. Dann spiele ich ja auch gelegentlich mit Aexattack, wie letztens am Donauinselfest. Ein weiteres interessantes Projekt, in das ich involviert bin, ist Man Of Isle. Das ist ein Projekt von David Edlinger und eine ganz spannende Sache. Es wird eigentlich ein sehr vokales Album mit leichtem Gospeltouch werden. Das Album ist schon fast fertig produziert und schon im Herbst werden wir voraussichtlich im B72 unser erstes Konzert spielen. Da steht also einiges an. Ich bin halt immer viel eingespannt und das brauche ich auch. Ich war nie der Typ, der gern auf der Couch liegt und fern schaut, da bin ich ein echter Zappelphilipp. Aber wie hat Walt Whitman gesagt: I am large – I contain multitudes.
Interview: Moritz Nowak
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