David Piribauer
Was tut sich im The Mushroom, bist du derzeit recht eingespannt?
Wir haben gerade viele verschiedene Produktionen – vor allem im Rock/Pop-Bereich. Ende Oktober etwa haben wir Kaiser Franz Josef (die Band, Anm. d. Red.) im Studio. Außerdem habe ich gerade ein Album für Franz Eppensteiner, einen österreichischen Musiker, der in China lebt, gemixt. Viele Leute kommen zu mir, weil sie einen Mix wollen, andere wollen eine Schlagzeugaufnahme machen oder auch eine ganze Produktion. Aber es ist sehr breit gefächert von No-Name-Künstlern bis hin zu christlichen Rockbands aus Amerika. Ich arbeite nach wie vor mit einigen Leuten zusammen, die ich noch aus meiner Zeit in den USA kenne. Außerdem produziere ich auch Instrumentalmusik für diverse Medienbereiche. Es passieren viele Dinge hier und ich schaue halt, dass das Studio in Schuss bleibt, belebt ist und dass auf gut Deutsch die Hütt'n rennt. Es wird aber nicht alles von mir produziert, es gibt auch viele Leute, die sich das Studio mieten für ihre Produktionen. Das Studio bietet einfach super Möglichkeiten, um jegliche Art von Kreativarbeit, die mit Musik zu tun hat, zu realisieren. Das ist auf jeden Fall ein Traum. Ich spiele ja auch selbst gerne viel am Schlagzeug ein für diverse Leute. Dazu habe ich hier zwei verschiedene Sets aufgebaut – ein Vintage-Kit und ein modernes. Dazu kommt noch eine Reihe an Snares, um soundtechnisch variieren zu können.
Hast du viele Kollegen oder schupfst du das alles alleine?
Das kommt drauf an. Also einige wollen dezidiert von mir etwas gemixt haben. Ansonsten habe ich einen vertrauten Tontechniker, der mich in meiner Zeit in den USA bereits oft unterstützt hat. Der ist nun auch hier quasi mein Assistent und arbeitet manchmal für seine eigenen Sachen im Studio. Es gibt also eine zweite Person, aber grundsätzlich mache ich die meisten Dinge selbst. Es wäre aber sonst auch einfach schwer, vor allem aus ökonomischen Gründen. Je größer das Team ist, desto schwieriger wird es finanziell.
Wie hast du dir das Wissen angeeignet? War das learn by doing oder hattest du da eine Ausbildung?
Das war absolut learn by doing. Ich war irgendwie immer – bereits in frühen Jugendjahren – derjenige, der vieles initiiert hat. Ich war halt damals schon überall der Bandgründer, Anlagenkäufer, Kabelchecker und so weiter (lacht). Bei meinen Großeltern am Bauernhof habe ich mir dann ein kleines Studio mit Mischpult gebaut. Ich habe natürlich wenig Ahnung gehabt, aber über die Jahre sammelt man schon viele Erfahrungen, vor allem dann in den USA oder in England. Ich hatte halt immer eine große Begierde, etwas dazu zu lernen und Sachen zu machen. Das ist ein permanenter Lernprozess – wie beim Schlagzeugspielen.
Du hast viele Jahre in Los Angeles gelebt. Was war damals deine Motivation, dorthin zu gehen?
Ich war damals zwanzig Jahre alt und ausgebildeter Diplomkrankenpfleger. Eigentlich wollte ich nur für ein Jahr das Musicians Institute besuchen. Es haben sich dann aber dort einige Angebote ergeben und ich wurde von vielen Leuten gefragt, mitzuspielen. So hat es sich ergeben, dass ich dort geblieben bin. Dass es zwölf Jahre werden, war ursprünglich nicht geplant, aber es hat für mich gepasst und ich konnte als professioneller Schlagzeuger über die Runden kommen. Am Anfang habe ich fast nur vom Schlagzeugspielen gelebt und dann auch von Produktionen und Studioarbeit. Es hat einfach gepasst und ich habe sehr viele Leute kennengelernt. Innerhalb vom ersten Jahr habe ich einen Gig bei Revis bekommen, die damals bei Sony waren. Daraus hat es sich weiterentwickelt, ich habe diverse Leute kennengelernt und wurde weiterempfohlen. Man kommt dann natürlich in eine gewisse Szene hinein, wo man viele Kontakte bekommt. Ich habe in der Folge mit Alice Cooper, Glen Campbell, bei einigen American Idol Sängerinnen, bei She Wants Revenge und einigen weiteren Acts gespielt. So ist das dahingegangen.
Wann kam dann der Entschluss, wieder nach Österreich zurückzukehren?
Irgendwann hat sich für mich die Frage gestellt, ob ich mir dort ein Familienleben vorstellen könnte und ob das realisierbar wäre. Mir war dann relativ schnell klar, dass ich das in den USA nicht wollen würde, weil es dort viel zu viel Aufwand wäre und man permanent arbeiten müsste, um sich über Wasser halten zu können. Von der Lebensqualität her wäre das nichts gewesen. Es ist natürlich wunderschön und sehr leiwand dort, aber es gibt eben auch die andere Seite. Abgesehen davon wollte ich nicht, dass meine Kinder einmal als reine Amerikaner aufwachsen. Es ist außerdem eh besser, von Europa aus zu arbeiten und hin und wieder in den USA zu sein als umgekehrt - schon allein von Kosten und Lebensstandard her. Ein bikontinentales Leben zu führen, ist von Europa aus einfacher.
Führst du gerade ein solches?
Derzeit nicht wirklich. Zuletzt war ich im April in Kalifornien. Jetzt, wo ich ein großes Studio hier in Österreich habe, reizt es mich überhaupt nicht. Mir geht es eigentlich hier besser. Mein Sohn ist jetzt gerade zwanzig Monate alt und hat hier die ganze Verwandtschaft in der Nähe. Auch das spielt eine große Rolle. Es ist zwar schön, mit vielen guten und berühmten Leuten zu spielen und auf Tournee zu sein, aber mir gefällt die Arbeit im Studio fast noch besser. Man kann dabei mehr am Kern der Musik arbeiten und so habe ich mich auch in dieser Hinsicht entschieden, hier zu bleiben.
Apropos Verwandtschaft. Du hast einmal erwähnt, dass du den ersten Kontakt mit dem Schlagzeug über deinen Cousin bekommen hast. Was hat dich damals fasziniert daran?
Ja, das war ein Großcousin von mir, der sechs Jahre älter ist. Seit ich denken kann, hat der immer schon eine Trommel gehabt und in weiterer Folge auch ein Schlagzeug. Er hat in unserem Heimatort Natschbach in der Musikschule und der Musikkapelle gespielt. Dadurch war das Thema Schlagzeug halt immer irgendwie in der Familie präsent und mit zehn, elf Jahren habe ich dann auch zu spielen begonnen. Von ihm habe ich später auch mein erstes Schlagzeug gekauft. Mittlerweile nimmt sein Sohn Unterricht bei mir.
Hast du es dann erst ab deinem Aufenthalt in LA ernsthafter verfolgt oder schon früher?
Schon früher, ich würde sagen ab dreizehn etwa. Da habe ich auch angefangen, in einer Band zu spielen, in der alle bereits zwischen 26 und 30 waren. Ich bin damals ziemlich groß gewesen für mein Alter und sie haben sich dann meiner erbarmt und mich mitspielen lassen. Von diesem Zeitpunkt an hatte ich einen Proberaum mit Anlage und Mikrophonen, wodurch auch mein Interesse an der Tontechnik geweckt wurde. Gleichzeitig war es die Phase, in der ich angefangen habe, viel zu üben. Bis ich in die USA gegangen bin, habe ich täglich vier bis acht Stunden konsequent geübt – vor allem viele recht komplizierte Sachen. Es war aber auch notwendig, so hinein zu kippen. Als ich nach Amerika gegangen bin, ist mir das zugute gekommen, weil mein technisches Können es mir erlaubt hat, relativ leicht bei verschiedenen Leuten mitzuspielen. Das Üben habe ich aber mit der Zeit reduziert, weil es gerade bei Studioarbeit nicht besonders gefragt ist, sich groß herumzuspielen. Man entwickelt sich eben weiter und lässt ein paar Noten aus, wenn man älter wird. Das ist eine ganz natürliche Entwicklung, denke ich.
Hat die viele Studioarbeit dein Schlagzeugspiel nachhaltig verändert?
Ja bestimmt. Speziell vom Klang und vom sauberen und genauen Spiel her. Aber mir fällt das selbst gar nicht mehr so auf, da ich mittlerweile immer so spiele, als wäre ich im Studio.
Was sollte man als Drummer besonders beachten, wenn man das erste Mal im Studio ist?
Ganz wichtig ist ein gleichmäßiger Anschlag. Gutes Timing ist sowieso Grundvoraussetzung. Und ganz wichtig: Keine billigen Becken! Lieber gutes Equipment für die Aufnahme ausborgen. Es ist wichtig zu realisieren, dass man nur das aufnehmen kann, was aus dem Instrument raus kommt. Man kann keine Zaubertricks vollbringen, auch wenn man vieles bearbeiten kann im Studio. Es muss einfach so klingen, dass es sich gut aufnehmen lässt. Dazu gehört natürlich auch, dass man sich mich dem Stimmen auseinandersetzt. Das dauert seine Zeit, bis man seinen Sound findet.
Wie sehr intervenierst du als Produzent bei Schlagzeugaufnahmen?
Das kommt drauf an. Manche bitten mich natürlich darum, dass ich mich einmische und meine Meinung dazu kundtue, aber sonst beschränke ich mich auf Empfehlungen, welches Equipment mitgebracht werden soll, wenn sie einen gewissen Sound finden wollen.
Gibt es etwas, das du aus deiner Zeit in den USA mitgenommen hast, was du hierzulande vielleicht nicht gelernt hättest?
Ich glaube, das musikalische Spielen und die Songdienlichkeit. Auch dadurch, dass Los Angeles eher Rock/Pop-lastig ist. Was dient dem Song, was wollen die Leute hören und wie kann man das im Studio umsetzen. Da habe ich einiges mitgenommen. Auch wie man mit jemandem arbeiten kann, bei dem man sich denkt: „Was soll denn das jetzt?!“ und trotzdem professionell bleibt. Natürlich herrscht ein gewisser Mythos über LA. Es ist aber auch nicht alles Gold dort. Es kommen jedoch immer viele Leute dorthin, die wirklich etwas machen wollen und dementsprechend gibt es ständig viel zu tun. Wobei mit dem Rückgang von Tourneen und der sinkenden Unterstützung von größeren Labels auch nicht mehr soviel Geld drin steckt. In meinen zwölf Jahren dort habe ich extrem viel Glück gehabt. Seit ich weg bin, merke ich schon, dass es dort immer schwieriger wird mit der Musikindustrie. Ich denke, dass ich da einen ganz guten Zeitpunkt erwischt habe, um wieder hier zu leben. Aber klar, wenn man lange Zeit woanders lebt, kommt man als ein anderer Mensch zurück und von dieser Erfahrung habe ich sicher profitiert.
Wo und wann bist du wieder auf der Bühne zu sehen?
Das nächste Mal eigentlich mit Bernhard Locker und Al Slavik Anfang November im Turnverein, ein recht cooles Lokal in Mödling. Zu der Zeit wird es hier auch eine gemeinsame mehrtägige Studiosession geben. Das ist sozusagen eines meiner Passionsprojekte. Im Dezember spiele ich dann mit Thorsteinn Einarsson, einem isländischen Sänger, der bei der ORF-Show Die große Chance im Finale war. Es stehen also immer wieder verschiedene Sachen an, bei denen ich mitspiele.