Matheus Jardim
Unser erster Drummer des Monats im Jahr 2023 ist Matheus Jardim. Der gebürtige Brasilianer hat uns im Interview erzählt, in welchen Projekten er aktuell trommelt, warum Musik für ihn nicht politisch sein sollte und was er jungen Schlagzeuger*innen mit auf den Weg geben will. Außerdem hat er für uns eine sehr coole Session in der beatboxx eingespielt.
von Patrick Tilg
Was ist Drumming für dich?
Für diese Frage hab ich zu viele Antworten. Aber am meisten wohl eine Möglichkeit, mich selbst auszudrücken.
Eine schöne Form, sich auszudrücken! Hast du jemals überlegt ein anderes Instrument zu erlernen oder war es immer klar, dass es das Drumset sein muss?
Darüber nachgedacht schon … aber ich war dann doch immer der stereotypische stupid Drummer, der „nur“ Schlagzeug spielt. Die Bassgeige wäre es wohl sonst geworden.
Also jedenfalls Rhythm Section! Wann hast du mit dem Drummen angefangen?
So ungefähr mit zehn Jahren hab ich begonnen, mit zwölf wurde es dann etwas ernster. Mein Vater ist Multiinstrumentalist und hat es mir gelernt. Und bei seinen Konzerten hab ich dann immer coole Rhythmen und Grooves von seinen Drum-spielenden Freunden gelernt, die wir dann zu Hause gemeinsam übten.
Welche musikalischen Einflüsse waren dann mitunter die größten für deinen eigenen Drumstil?
Mein Vater und der Umstand, im brasilianischen Musikumfeld aufzuwachsen, waren sicher die ersten großen Einflüsse. Später hab ich mich dann in verschiedenen Facetten des Jazz und der improvisierten Musik wiedergefunden. Aber auch Schlagzeuger wie Paulo Braga, Marcio Bahia, Edu Ribeiro, Elvin, Jack DeJohnette, Eric Harland, Zach Hill und viele weitere haben mich sehr geprägt. Außerdem Bands und Projekte wie Ambrose Akinmusire Quartet, Lars Dietrich, Wayne Krantz, Death Grips, Don Blackman und viele weitere Progessive Music Acts.
Wenn wir schon über deinen eigenen Drumstil sprechen – wie würdest du diesen mit wenigen Worten beschreiben?
Das kann ich nicht wirklich genau sagen.
Wofür auch, wenn du dich mit dem Drumming ausdrücken kannst!
In welchen Projekten spielst du aktuell die Drums?
Momentan nehmen wir das zweite Album mit einem meiner Hauptprojekte, der Band Geogema, auf. Zudem releasen wir mit dem Joander Cruz Quartet demnächst eine EP. Eine weitere Lieblingsband, in der ich spielen darf, ist das Comprovisition Project von Daniel Holzleitner.
Würdest du dich selbst als Live- oder Studio-Drummer bezeichnen – was magst du mehr?
Ich würde sagen, Live gibt mir mehr Möglichkeiten in musikalischer Hinsicht. Im Studio fühle ich mich oft immer noch sehr angespannt und gekünstelt, obwohl es natürlich immer eine andere Erfahrung ist, die von vielen Faktoren abhängt, da ich eben verschiedene Stile, Bandsituationen etc. erlebe.
Was ist deine „Mission“, wenn es um das Drumming geht? Eher Spaß und Selbsterfüllung oder versprühst du einfach gerne gute Vibes?
Ich bin immer noch am Herausfinden und ich glaube, es wird noch eine lange Reise, bis ich es wirklich weiß.
Glaubst du, dass Musik eine politische Funktion haben sollte?
Du denkst, dass die meisten Musikszenen hauptsächlich durch Ego-Politik und irgendein dummes, willkürliches Leistungsdenken funktionieren? Verrückte Scheiße.
Nein, ich tendiere dazu, keine politische Verbindung mit Musik herzustellen, da diese beiden aus meiner Sicht eine sehr schlechte Konnotation haben.
Welche Tipps würdest du jungen Drummer*innen mit auf den Weg geben wollen?
- Ihr braucht eure Hände.
- Hört tonnenweise Musik, soviel es nur geht, und zerlegt die Musik dann in ihre Einzelteile! Hört es erst als Beobachter*innen und geht dann in die Tiefe. Lernt den Song so, als müsstet ihr ihn z. B. bei einem großen Konzert spielen. Studiert und analysiert außerdem nicht nur die Drum Lines, sondern auch die Melodien, Soli, Themen etc. und versucht sie nachzusingen.
- Bleibt hungrig und lasst keine ewigen Blockaden und existenziellen Ängste zu!
- Versucht immer gemeinsam mit besseren Leuten zu spielen!
- Geht verantwortungsvoll mit Drogen um.
Wie trinkst du deinen Kaffee?
Mit Milch, ohne Zucker. (Oft mit Zimt und im Sommer mit Eis)
Foto: Simon Zimič (Drumset am Foto: Peacock Drums, Alexino Cymbals)
