Christoph Karas
Der Sommer ist vorbei und es wird Zeit für die nächste »Drummer*in des Monats« Ausgabe! Diesmal haben wir Christoph Karas zum Gespräch eingeladen und durften auch wieder eine Video Session in der beatboxx aufzeichnen. Erfahrt im Interview warum es nicht in jedem Song einen Shaker braucht, wie ein unentschlossener Groove klingen sollte und was es mit dem Löffel Kakao auf sich hat. Außerdem hat uns Christoph erzählt, in welchen Projekten er momentan spielt und warum er gerne unterschiedlichste Genres abdeckt.
von Patrick Tilg
Wie kam es zu deiner ersten Begegnung mit dem Schlagzeug? Was hat es mit den zerstörten Kübeln in deiner Bio auf sich?
Als ich angefangen habe an der Musikschule Unterricht zu nehmen, musste ich damals erst einmal Blockflöte spielen und so hab ich halt ein Jahr an der Blockflöte gelernt, bevor ich dann Schlagzeugunterricht bekam. Zuhause hatte ich anfangs natürlich auch kein Drumset stehen und so hat mir mein Papa aus Töpfen und Kübeln ein Schlagzeug gebaut. Kann mich auch noch daran erinnern, dass wir aus einem Notenständer einen Beckenständer gebastelt haben. Und darauf hab ich dann so viel gespielt, bis sämtliche Töpfe kaputt waren und es endlich an der Zeit für ein echtes Drumset war. Sonst hätten meine Eltern bald keine Töpfe mehr gehabt.
Aber ich verstehe es eh, am Anfang will man nicht immer gleich ein Schlagzeug kaufen. Vor allem wenn noch unklar ist, wie lange die Begeisterung bei den Schüler*innen hält.
Das erste Set haben wir dann von den damals regional weltberühmten Fidelen Schlossbergbuam abgekauft und das begleitet mich noch heute auf Touren mit der Vienna Blues Association. Mir wurde erst viel später klar, wie high end dieses Set überhaupt ist.
Und was hast du, erst auf den Töpfen und dann am Set, so gespielt?
Begonnen hat es eigentlich damit, dass ich verschiedenste Lieder nachgespielt habe, die mir in die Quere gekommen sind.
Welche Genres haben dich in den frühen Jahren umgeben?
Das waren eigentlich keine speziellen Genres, sondern viel mehr alles, was mir so untergekommen ist. Ob Hubert von Goisern, der bei uns zuhause viel gehört wurde, oder Queen. Quer durch die Bank.
Aber gab es dann irgendwo den Moment, an dem du dich auf ein Genre oder einen Stil fixiert hast?
Zur Musikschulzeit hab ich sehr viel Punk-Pop à la Blink 182 gespielt. Dann kam auch Ska in mein Leben. Mein Schlagzeuglehrer hatte damals eine Ska-Band und das haben wir dann im Unterricht auch durchgenommen. Also insgesamt war es schon eher die rockig bis punkigere Seite. So die typische Teenage-Abteilung.
Du hast nach der Musikschule ja mehr oder weniger direkt mit dem Schlagzeugstudium am Konservatorium begonnen. Hast du dort den Jazz und Blues entdeckt?
Jein, als ich wusste, dass ich die Aufnahmeprüfung fürs Kons. machen werde, bin ich mit Werner Raubek, meinem damaligen Schlagzeuglehrer, viele Sachen durchgegangen – von Jazz bis Samba. Außerdem musste ich diese Stile sogar für meine Matura am Musikgym abdecken.
Und dann bist du aber schon irgendwann ein bisschen beim Blues hängen geblieben?
Lustigerweise kam der Blues auf der Uni gar nicht so viel vor. Die Grundlagen schon, aber nie wirklich vertiefend. Das finde ich mittlerweile sehr kurios, weil Blues und Jazz gibt sich eigentlich sehr die Hand und ergänzt sich gegenseitig. So wirklich losgegangen ist es eigentlich erst, als ich begonnen hab, mit Jörg Danielsen zu spielen. Das war dann aber schon nach dem Studium. Jedenfalls hat es mich sehr fasziniert, dass es im Blues sehr viele Parallelen zum Jazz gibt, wie etwa das Phrasing.
Spannend, hätte auch vermutet, dass der Blues mehr im Lehrplan verankert ist. Kommen wir zu deinen aktuellen Projekten: die Vienna Blues Association, das Jazz-Projekt PRIM und die deutschsprachige Pop/Rock-Band Edgar. Wo passiert momentan am meisten oder nehmen die drei Bands in etwa gleich viel Raum ein?
Eigentlich letzteres – ich finde es super, dass ich mit meinen drei Hauptprojekten irgendwie alles dabei hab. Bei PRIM geht es recht experimentell zu, eine Art Spielwiese, wo man vieles ausprobieren kann, das sonst selten passt. Die Vienna Blues Association ist eigentlich das Gegenteil, es muss unterhalten und sehr oft auch tanzbar sein, denn Blues ist nicht immer nur traurig, wie viele denken. Es muss einfach sitzen und Energie haben. Und Edgar ist quasi das Pop-Projekt, wo es wieder um ganz andere Sachen geht.
Was steht dann bei Edgar so an?
Während Corona haben wir einige Songs gemeinsam vorproduziert und fünf davon mittlerweile auch im Studio aufgenommen. Drei Songs sind bereits als Single erschienen, die letzte mit dem Titel »It’s not easy« gerade vor ein paar Tagen, am 09.September. Dazu wird es auch noch ein App-Game geben und ein Konzert am 14.September im Kramladen Wien.
Wo habt ihr die Songs aufgenommen?
Das haben wir beim Alex Lausch gemacht, das war sehr cool!
Wenn du dich entscheiden müsstest: nur mehr Studio oder nur mehr Live-Musik?
Das will ich nicht entschieden müssen. Studio ist super, weil du ein bisschen Luft hast was zu verändern. Andererseits ist das Schöne an Live, dass es nach dem Konzert einfach erledigt ist. Also quasi eine Momentaufnahme. Das Studio zwar genauso, aber dort kannst du mehrere Momente auf minimal unterschiedliche Art und Weise aufnehmen. Mit der Vienna Blues Association haben wir ein Live-Album aufgenommen, nach gerade mal zwei gemeinsamen Gigs und das war mehr oder weniger das Zwischending. Das war aufgenommen und für mich somit auch abgeschlossen.
Ein erzwungener One-Take also. Und wie handhabst du es sonst im Studio – machst du eher 3 gute Takes und suchst dir einen aus oder tendierst du eher zu vielen Takes und editierst dir dann den idealen Take zusammen?
Grundsätzlich bin ich eher ein Fan davon, das zu minimieren, sprich nicht 15 Versionen vom selben aufzunehmen. Weil irgendwann gibt es einfach nichts mehr, was man anders oder besser machen könnte. Oft gibt es schon drei gute Takes und dann macht man doch noch 10 weitere und weiß am Ende nicht mehr wie es wirklich sein soll. Meistens werden es also drei bis fünf Takes.
Arbeitest du auch viel mit Percussions oder bleibst du lieber am Drumset?
Eigentlich bleibe ich meistens eher am Drumset. Aber wenn es dem Song guttut, kommt natürlich auch mal ein Shaker oder sonst etwas zum Einsatz. Prinzipiell könnte man ja über jede Nummer einen Shaker legen, aber nicht jede Nummer braucht einen. Cowbell mag ich allerdings sehr gerne, das bringt oft etwas Spannendes rein.
Wie entstehen die Songs bei PRIM?
Wir haben Songwriting Sessions und schreiben die Songs immer gemeinsam, zu dritt. Ein sehr cooler und spannender, aber zum Teil auch langwieriger Prozess. Also Stress dürfen wir keinen haben. Und dabei jammen und improvisieren wir so lange, bis gute Songideen daraus entstehen.
Wie würdest du deinen Schlagzeug-Sound mit drei Sätzen beschreiben?
Mir fällt ein Wort ein: dienlich. Ein Wort, das gar keine anderen zulässt. *lach*
Natürlich hab ich Präferenzen im Sound, aber die Musik bzw. die Songs diktieren den Sound. Ich nehme lieber nur das, was ich brauche, als das, was alles möglich wäre – wo wir wieder bei den Shakern sind. Es muss am Ende der Musik dienlich sein und da hilft es nichts, wenn ich bei jedem Projekt meine Lieblingssnare in ihrer Lieblingsstimmung spiele.
Du unterrichtest ja nebenbei als Schlagzeuglehrer in der beatboxx. Gibt es Techniken, die du zwar „der Vollständigkeit halber“ unterrichtest, aber eigentlich selbst nie oder kaum anwendest?
Nein, prinzipiell ist es schon wichtig, dass man viele Techniken und die Rudiments beherrscht. Denn egal bei welchem Projekt, die oft trockenen Technikübungen sind am Ende immer ein Werkzeug in deinem Tool-Kasten, das du bestenfalls automatisiert abrufen kannst, ohne großartig überlegen zu müssen. Und um diese Automation zu verinnerlichen, helfen eben Übungen und verschiedene Herangehensweisen.
Also nein, ich unterrichte nichts, was keinen Sinn fürs Schlagzeugspielen ergibt.
Gibt es Musikstile, die du per se nicht spielen würdest oder bist du da ganz offen?
Du solltest doch keine schweren Fragen stellen. *lach*
Naja, Schlager steht nicht unbedingt auf meinem Plan. Wobei es natürlich auch guten Schlager gibt. Aber so 0815 Volks-Schlager mag ich von der Soundästhetik her gar nicht. Von der Musik ist das oft eh wie in anderen Pop-Songs, aber der Sound sagt mir einfach überhaupt nicht zu.
Kommen wir zu unserer Spezialfrage: Welcher Groove passt für dich zu den folgenden Moods?
Traurig: Jetzt muss ich meiner Aussage von oben leider selbst widersprechen… Slow-Blues.
Aggressiv: Da denke ich an schnelle Punkrock Patterns.
Unentschlossen: Was mir am ehesten dazu einfällt sind so „gehatschte“ Sachen, wie Quintolen. Die sind zwar auch sehr exakt, aber klingen etwas zufällig und unsauberer.
Und zum Abschluss: Wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?
Aktuell probiere ich den Kaffeekonsum gerade etwas zu reduzieren.
Aber morgens trinke ich meinen Kaffee gerne, jetzt kommt es: mit einem Löfferl Kakao und Milch.
Live zu sehen ist Christoph heute Abend (14.September) – mit EDGAR @ Kramladen Wien
Foto: Christoph Karas
Links zu den Band-Projekten:
Vienna Blues Association
PRIM
Edgar