Julian Ritzlmayr
Unser Drummer des Monats April 2022 ist Julian Ritzlmayr. Er spielt bei Pure Chlorine und Desert May Bloom und hat uns im Gespräch verraten, welche Musik er gerne hört, welchen Groove er mit welcher Emotion verbindet und warum er nicht mehr Saxophon spielt.
von Patrick Tilg
Du spielst die Drums aktuell bei den Projekten Desert May Bloom und Pure Chlorine, bist du bei den beiden eher Live-Drummer oder ein fixes Bandmember?
Genau ja – also bei Desert May Bloom bin ich fix dabei, bei allem. Bei Pure Chlorine bin ich hauptsächlich als Live-Drummer aktiv. Dort schreibt die Sängerin Claudia gemeinsam mit dem Produzenten David Graf die Songs. Wir als Band bekommen dann die Demos und versuchen das Ganze live umzusetzen. Auch im Studio hab ich den ein oder anderen Song für sie eingespielt.
Gibt es noch weitere Projekte, bei denen du beteiligt bist oder warst?
Nein, aktuell sind es die beiden. Viel mehr würde sich aus zeitlichen Gründen für mich gar nicht ausgehen. Früher habe ich noch in einer Emo-Band gespielt – Youth haben wir geheißen. Aus dieser Band kommt auch der Song, den ich in der Live-Session in der beatboxx gespielt hab. Das Projekt hat sich Anfang 2020 aber leider aufgelöst, da wir alle auseinandergezogen sind.
Und bei Desert May Bloom – bist du da auch beim Songwriting involviert?
Ja, das hat vor zwei Jahren via Zoom-Meeting begonnen. Sie haben 2017 angefangen gemeinsam Musik zu machen und Songs zu schreiben – 2020 bin ich dann eingestiegen. Einige Songs standen da bereits, aber ab diesem Moment war ich zum Teil dann auch beim Songwriting dabei.
Wenn man die beiden Bands anhört, merkt man gleich, dass du großer Fan von dreckiger und verzerrter Gitarren-Musik bist. War das schon immer so oder in welchen Genres hat deine musikalische Reise begonnen?
Grundsätzlich komm ich eher von den härteren Genres. Mit der Emo-Band damals hab ich mich schon sehr wohl gefühlt. Allerdings ist es in letzter Zeit etwas sanfter geworden, vor allem seit ich in Wien lebe. In den vier Jahren in Wien hab ich einfach extrem viele neue Eindrücke bekommen – auch auf der Uni – und dabei hat sich mein Geschmack schon etwas gewandelt. Eben etwas milder, was die Lautstärke betrifft.
Das heißt, du hast Schlagzeug studiert?
Ja genau – ich bin noch mitten drin. Ich studiere am Jam Lab.
Sehr cool. Gibt es denn aktuell eine Künstler*in aus Österreich, die du richtig gut findest?
Ja, ich finde zum Beispiel Mira Lu Kovacs richtig gut. Ich arbeite nebenbei ein paar Stunden in einem Theater und als ich dort den Soundcheck von ihr gehört habe, war ich sofort begeistert. Seitdem besuche ich fast alle Wien-Konzerte von ihr.
Quasi als Gegenpol zu den härteren Klängen?
Ja genau, das hab ich vorhin eben mit „sanfter“ gemeint. Die Musik ist tatsächlich das Gegenteil von dem, was ich sonst so höre, aber vermutlich gefällt es mir aus diesem Grund so gut. Denn Arrangements von ihren Songs sind super – oft sehr reduziert, aber eben genau das, was es braucht.
Hattest du vor der Uni auch schon Schlagzeuglehrer*innen oder hast du es dir zu Beginn selbst beigebracht?
Ganz früher, so mit 10 Jahren, hab ich Saxophon gespielt. Unter anderem in der Stadtkapelle Enns. Aber in der Pubertät war das Saxophon dann nicht gerade das coolste Instrument und deshalb hab ich mir mit 15 Jahren ein Schlagzeug gekauft und begonnen für mich selbst drauf los zu spielen. Nach einiger Zeit hab ich dann Max Gollnhuber kennengelernt und bei ihm habe ich dann irgendwann Privatunterricht genommen. Er hat zu dem Zeitpunkt bereits in Wien Schlagzeug studiert und war schon auch ein bisschen ein Vorbild zu dieser Zeit – er ist auch wirklich ein hervorragend ambitionierter Schlagzeuger. Mittlerweile ist er unter dem Projekt EYHT unterwegs und macht da sehr spannende Sachen.
Spielst du außer Saxophon und Schlagzeug noch weitere Instrumente?
Vor zwei Jahren hab ich mir eine Gitarre zugelegt, weil ich einfach etwas mehr von Musiktheorie verstehen wollt. Ein sehr enger Freund hat mir dann die Basics am Instrument beigebracht und damit komme ich soweit ganz gut durch. Für mich ist die Gitarre ein super Ausgleich zu den Drums.
Kannst du ca. einschätzen, wie oft du dich in der Woche hinter dein Drum-Set setzt?
Ja, durchschnittlich zwei bis drei Stunden am Tag und das so vier bis fünf Mal pro Woche. Meistens übe ich vormittags im Proberaum, da bin ich sehr ungestört. Dazu kommen dann auch noch Proben, Studio Sessions und Konzerte.
Kannst du uns kurz schildern, was du bei der Session gespielt hast und warum du den Song ausgewählt hast?
Das Projekt ist eben die oben erwähnte Emo-Band Youth und der Song heißt „Ever“. Ich fand die Band um den Musiker Stefan Wagner immer schon gut und irgendwann war ich dort dann Drummer. Wir haben damals echt einige Konzerte gespielt. Auch sehr viele in Deutschland. Stefan hat mich außerdem ein bisschen auf den Emo-Sound gebracht. Jedenfalls vermisse ich die Zeit mit der Band und mag die Musik noch immer sehr gerne. Das war der Grund, warum ich den Song in der beatboxx gespielt hab.
Was macht für dich einen guten Drum-Sound aus? Gibt es da eine Geheimformel oder ist das für jeden Act und für jedes Genre unterschiedlich?
Ja, ich würde schon sagen, dass das unterschiedlich ist. Ich bin selbst noch dabei, herauszufinden, wie man am besten welche Sounds aus den Drums herausbekommt. Aktuell versuche ich das Set relativ offen zu spielen – sprich mit wenig Dämpfung – und es durchs Spielen selbst so anzupassen, wie ich es gerade gerne hätte. Früher hat immer alles sehr trocken sein müssen. Aber mittlerweile sehe ich das nicht mehr so, weil die Trommeln schwingen und einen Sound erzeugen und das will ich auch nutzen.
Welcher Groove passt für dich zu den folgenden Stimmungen?
Traurig: Ich glaube, da würde ich einen langsamen 6/8-Groove wählen, mit geschlossener HiHat
Glücklich: Halftime-Shuffle.
Ambivalent: Da würde ich vermutlich einen Beat auf 140, mit Snare auf 1 und 3 spielen.
Welches Teil am Schlagzeug hat dich schon immer am meisten fasziniert?
Ganz eindeutig die Bassdrum. Ich finde die Bassdrum ist total underrated, denn da kann man viel mehr rausholen als bloß die Attack. Eben auch etwas Volles, Bauchiges.
Gibt es einen besonderen Snaresound, den du ganz besonders liebst?
Meistens variiere ich da zwischen zwei Snare-Sounds. Entweder spiele ich eine relativ kurze Snare mit Holzkessel und Holzspannreifen – die hab ich meistens relativ hoch gestimmt und das knackt so richtig schön. Oder, als Gegenstück dazu, spiele ich seit ein paar Monaten auch eine 14x8er Snare mit einem ganz tiefen Stahlkessen. Mit den beiden komm ich aktuell sehr gut aus, gerade aus der zweiten kann man je nach Spielart sehr viel rausholen.
Wenn wir schon bei Sounds sind – welche Rolle spielen für dich synthetische Sounds?
Live verwende ich für manche Sounds schon ein Samplepad. Aber wirklich nur, wenn man den Sound nicht akustisch imitieren kann. Gerade bei Desert May Bloom versuchen wir immer wieder Drum-Computer einzubauen. Anfangs war ich da noch etwas distanzierter, aber mittlerweile finde ich es schon sehr spannend, damit zu experimentieren.
Das heißt du musst dann live auch viel mit Click spielen?
Ja genau, ich spiele live eigentlich fast immer mit Click im Ohr. Bei manchen Songs dreh ich ihn zwar ab, aber in der Regel läuft er immer durch.
Und wenn aus dem Metronom dann Musik wird, wie hörst du deine Lieblingssongs am liebsten? Schallplatte oder Playlists?
Ganz klar Schallplatte, weil ich mir im Lockdown endlich einen Plattenspieler zugelegt hab und es sehr genieße mich am Abend hinzusetzen und eine Platte aufzulegen. Die erste Platte war übrigens auch von Mira Lu Kovacs. Aber mittlerweile hab ich auch einige Klassiker dabei, von STS bis Roxy Music und die Sammlung wächst langsam, aber doch.
Wie trinkst du deinen Kaffee am liebsten?
Kurz und ohne alles – Espresso.
Vielen Dank für das Interview und die super Session!
Foto: (c) Johannes Maier