Aleksandra Šuklar

Wie dehnbar der Begriff „Drummer*in“ ist, verdeutlicht unsere Drummerin des Monats Juni – Aleksandra Šuklar. Sie ist Percussionistin und spielt nicht nur bei vielen internationalen Filmmusik-Produktionen, sondern ist auch fixer Bestandteil der Hans Zimmer Tourneen. Im Gespräch hat sie uns erzählt, welche Musik sie besonders beeinflusst hat und ob sie sich manchmal noch hinters Drumset setzt.
von Patrick Tilg

 

 

Du hast ja bereits im frühen Kindesalter mit der Violine begonnen – wann hast du zum Schlagwerk gewechselt?

Als ich 11 Jahre alt war, habe ich mich dafür entschieden zum Schlagwerk zu wechseln. Ich habe einfach gemerkt, dass die Violine nicht mein Instrument ist. Allerdings wollten meine Eltern – auch beide Musiker, dass ich eine musikalische Grundausbildung an der Violine bekomme. Rhythmus und Groove hat mich viel mehr inspiriert und bewegt, deshalb wollte ich unbedingt lernen, wie man das selbst macht. Ganz zu Beginn wollte ich eigentlich nur das Drumset spielen, aber als ich dann auch die anderen Schlaginstrumente kennen gelernt hab, wie Marimba und das Vibraphon, stand das Drumset bald im Hintergrund.

Kommt es dann überhaupt noch manchmal vor, dass du dich hinters gewöhnliche Schlagzeug setzt oder passiert das kaum mehr?

Wirklich nur ganz selten. Bei der klassischen Ausbildung an der Uni war das Drumset kein großes Thema mehr und so habe ich mich auf die Multipercussion und auf melodische Instrumente fokussiert.

Welche Rolle spielt dann Pop-Musik – also U-Musik – für dich?

Die U-Musik spielt schon eine wichtige Rolle in meinem Alltag, da ich sie sehr gerne höre. Allerdings war ich während meiner Ausbildung immer mit Wettbewerben und dem Lernen der neuen Schlagwerk-Kompositionen beschäftigt und hatte so kaum Zeit mich wirklich intensiv mit Pop-Musik auseinanderzusetzen. Jetzt, wo ich mehr „Freiheit” zum Experimentieren habe, merke ich, dass meine musikalischen Ideen viel vom Pop beeinflusst sind.

Welche Musiker*innen haben dich da am meisten beeinflusst? Gab es bspw. Pop-Künstler*innen, die dich für dein klassisches Schaffen inspiriert haben?

Sehr stark geprägt und inspiriert hat mich Amy Winehouse, die habe ich wirklich immer sehr gerne gehört. Oder Musiker*innen wie DAngelo, Betty Davis, Pharell Williams … Aber auch sehr viel Latin, von Buena Vista Social Club bis Marc Anthony, also wirklich sehr breit gefächert.

Und da ich sehr viel mit lebenden Komponist*innen zu tun habe, ist Nebojša Jovan Živković sicher eine sehr große Inspiration für mich. Seine Musik und das Studium bei ihm hat mir wirklich sehr viel gebracht. Immerhin ist er einer der am meist interpretierten Komponist*innen für Schlagwerk heutzutage. Aber auch meine Zusammenarbeit mit Hans Zimmer hat mir da eine ganz neue Welt eröffnet und mein Verständnis von Percussion noch um ein Vielfaches erweitert – einfach meinen musikalischen Horizont erweitert.

Die Zusammenarbeit mit Hans Zimmer ist sicher spannend – du warst mit ihm ja auch schon mehrmals auf Tour?

Genau, ich bin in seinen zwei Projekten engagiert – bei „The World of Hans Zimmer“ und „Hans Zimmer live. „The World of Hans Zimmer“ geht eher in eine symphonische Richtung und ist mehr wie ein richtiger Konzertabend in einer großen Arena, mit einer Leinwand, auf der diverse Filmszenen projiziert werden. Das ist wirklich eine ganz besondere Erfahrung. Hans Zimmer ist bei dem Ganzen zwar nicht live dabei, aber er kuratiert das Ganze. Bei „Hans Zimmer live“ ist er dann aber wirklich im Mittelpunkt und eben auch live dabei. Das ist dann eher wie ein Rock‘nRoll Konzert zu genießen – eine richtige Show. Ich bin sehr beeindruckt, dass man die Musik von einem einzigen Komponisten auf zwei so unterschiedlichste Arten interpretieren kann.

Mit welchem Percussion-Element beschäftigst du dich am liebsten, sprich von welchem Klang kannst du dich nie satt hören?

Hm…Ich liebe wirklich alles und es wäre wirklich schwer mich für ein einzelnes Percussion- Instrument zu entscheiden. Von Anfang an hat mich die Diversität der Schlaginstrumente inspiriert. Wenn ich mich zum Beispiel eine Zeit lang sehr intensiv mit der Marimba beschäftige, vermisse ich schon die Multipercussion und wenn ich zu viel Zeit mit denen verbringe, sehne ich mich schon wieder nach dem Vibraphon. Ich spiele also am liebsten alles zusammen.

An welchen Projekten arbeitest du aktuell?

Ich habe mittlerweile bei einigen Hollywood Filmmusik-Aufnahmen mitgewirkt. Auch bei der aktuellen Filmmusik von Hans Zimmer, wobei ich die Percussion-Instrumente in meinem Studio aufgenommen habe. Zuletzt für Spongebob 3, für den Film Dune und für The Boss Baby 2. In der Wiener ,Synchron Stage‘ bin ich auch immer wieder für verschiedene Filmmusik-Aufnahmen engagiert.

Du lebst jetzt ja seit Beginn deines Studiums in Wien – was hält dich hier bzw. was reizt dich dich besonders an der Stadt?

Wien ist einfach eine unglaubliche Stadt. Erstens weil es eine so große musikalische und kulturelle Vielfalt bietet – man hat einfach sehr viele Möglichkeiten in den unterschiedlichsten Musikstilen mitzuwirken. Und zweitens ist die Lebensqualität hier unglaublich toll. Aber eben vor allem die große Auswahl am Kulturprogramm fasziniert mich sehr.

Wo trifft man dich, wenn du nicht gerade musikzierst – wo findest du deinen Ausgleich?

Jetzt während Corona ist es schwierig, da die Möglichkeiten sehr beschränkt sind. Aber ich bin sehr gerne und oft im Prater und besuche auch gerne Tanzkurse, etwa Reggaeton oder Salsa. Und im Sommer bin ich dann sehr gerne an der Donau.

Die Corona-Zeit scheint sich dem Ende zuzuneigen – hast du schon Konzerte im Kalender stehen, die vielleicht zur Abwechslung nicht abgesagt werden müssen?

Ja, es wird endlich wieder spannend im Juni! Ich halte eine Masterclass bei dem Percussion Festival “ISPF” in Kroatien, wo ich unterrichte und auch ein Konzert spiele. Es dauert einige Tage und die Stimmung dort ist immer wunderschön. Dann bin ich im Juni auch noch in der Jury des internationalen Wettbewerbs „Bolero” in Slowenien. Danach sind auch einige Tourneen geplant: mit „The World of Hans Zimmer“ im September in Frankreich und „Hans Zimmer live“ dann im Jahr 2022. Außerdem werde ich noch eine Premiere aufführen – ein Marimba Concerto von Tristan Schulze, einem wirklich unglaublichen Komponisten und Cellisten, der mir das Konzert gewidmet hat. Die Premiere ist im Herbst 2021 im Wiener Konzerthaus geplant.

Vielen Dank für das spannende Interview und die Video Session!


Foto: (c) Stefan Panfili