Ein Corona-konformer Konzertbesuch in der Peepshow
Eine Peepshow, die in eine Konzert- und Kabarettbühne umfunktioniert wurde – das ist das neue Projekt von Verena Randolf, Petra Gradwohl und Stefan Strahammer. In diesen „Kultursalon Guckloch“ haben sie Künstler*innen, wie Voodoo Jürgens, Clara Luzia, Alicia Edelweiss und die Vaginas im Dirndl eingeladen. Wie so ein Besuch in einer Peepshow aussieht, durften wir selbst erleben.
von Nora Blöchl
Mit einem freundlichen Gesichtsausdruck bittet uns ein Mitarbeiter einzutreten, in das dunkle, fensterlose Etablissement. Die roten Lampen an den Wänden durchfluten den Raum mit einem dumpfen Licht und lassen eine Bar auf der linken Seite erkennen. Zu trinken gibt es heute leider nichts – dafür kann man sich selbst von Zuhause etwas mitnehmen. Von einem Mitarbeiter werden wir, nachdem wir unsere Spende in den Korb gegeben haben, weiter durch einen Gang um die Ecke begleitet. Violette und rote Spots hängen an der Decke und beleuchten die Türen zu den Gucklöchern. Die Kabinen sind im Halbkreis angeordnet und mit großen, weißen Zahlen beziffert. Wir werden zur Kabine 8 geführt und öffnen die Tür. Zu zweit stellen wir uns in den kleinen Raum, der vielleicht drei Quadratmeter zählt. Das Licht ist jetzt noch dunkler und man fühlt sich schon beengt in diesem Ding. „Abschließen müsst ihr die Tür nicht. Nur wenn ihr nicht gestört werden wollt“, erklärt uns der junge Mann mit einem schelmischen Lächeln. An der Wand hängt eine Küchenrolle, gegenüber von der Tür ist ein rechteckiges Guckloch durch das ein rundes, rotes Sofa, das sich dreht, ersichtlich wird. Darunter ein Münzeinwürf mit einem roten Knopf – so sieht‘s also aus in einer Peepshow-Kabine.
Im Kultursalon Guckloch konnte man während des Pop-Up Festivals verschiedenen Künstler*innen zusehen. Von der freiwilligen Spende, die die Besucher*innen daließen, nahmen sich die Künstler*innen das, was sie brauchen. Der Rest geht an die Vereine Sophie und LEFÖ/TAMPEP, die mit Sexarbeiter*innen arbeiten und mit ihnen um ihre Rechte kämpfen. Zwei Männer im weißen Anzug gekleidet und mit nackten Füßen setzen sich auf das rote Sofa vor dem Fenster unserer Peepshow-Kabine. Christoph & Lollo, ein Wiener Liedermacher-Duo beginnen mit dem Programm. In ihren deutschen Texten geht es um Verschwörungstheorien und die derzeitige Krise. Flüsterzweieck, ein Kabarettistinnen-Duo im Glitzersakko, folgen mit einer Geschichte zu Liebe und Leben. Die Zuseher*innen in den Kabinen lachen, pfeifen und applaudieren, während sich die Performer*innen in der Mitte drehen und manchmal nicht genau wissen, wo sie hinsehen sollen. Auf den Spiegeln, die sie umgeben, steht in weißer Schrift PEEPSHOW BURGGASSE. „Ein bisschen befremdlich war, dass wir uns in den verspiegelten Gucklochscheiben ständig selbst gesehen haben! Da waren wir quasi Act und Publikum in einem“, erklären Flüsterzweieck in einem Interview. Trotzdem sei es fast wie auf einer normalen Bühne, weil man durch die Ausrichtung der Scheinwerfer auch nur die ersten zwei Reihen sehe.
Sexarbeiter*innen und Künstler*innen haben während der Coronakrise Einnahmeausfälle bis zu 100 Prozent. Ein Mitveranstalter des Festivals, Stefan Strahammer, beteuert im Interview, dass gegen diesen Missstand etwas getan werden muss und er wenigstens einen kleinen Teil zur Verbesserung beitragen wollte. „Wir bereichern uns nicht damit. Mir ist die gewagte Situation des Vergleiches zwischen Sexarbeit und Kunst durchaus bewusst. Die Ausfälle der Einnahmen sind in beiden Branchen auf jeden Fall gleich. Mit dem Konzept Herausnehmen was man braucht funktioniert das sehr gut. Manche Künstler*innen haben einfach den Spendenkorb genauso zurückgegeben“, erzählt er.
Die Show dauert 15 Minuten und keine davon vergeht zu langsam. Als die vier die Bühne verlassen, öffnen sich die Kabinentüren und die Zuseher*innen bewegen sich mit Abstand zum Ausgang hin. Die meisten scherzen ausgelassen und sind schnell draußen. Die letzten Meter in der Peepshow gibt es noch Fotografien vom Künstler-Kollektiv Mahony, auf denen Gegenstände übergossen mit Wachs zu sehen sind. Der alte Zigarettenautomat mit den Bildern von nackten Frauen in der Ecke erinnert daran, welcher Arbeit hier eigentlich nachgegangen wird. Beim Hinausgehen stehen wir plötzlich in einer langen Schlange von Leuten, die sich anstellen. Wir sehen gespannte Gesichter, die die Show noch vor sich haben.
Foto: © Nicole Heiling