I am a Drummer
I am a Drummer. Es ist eine Hommage an eine tiefe Leidenschaft, die diese Worte zum Ausdruck bringen. Wenn wir ein Instrument ausüben und voll darin aufgehen, ist es nicht selten, dass wir dieses auch als ein Teil unserer eigenen Identität sehen. Doch was meint man wirklich damit? In den meisten Fällen verdeutlicht es die Fähigkeit ein bestimmtes Instrument zu spielen und dass man es gerne tut. Spiele ich Klavier, bin ich also ein Pianist. Was im ersten Moment ziemlich eindeutig klingt, birgt bei dem oder der Schlagzeuger*in ein paar Schwierigkeiten. Jeder der das Schlagzeugspielen auf traditionellem Weg gelernt hat, weiß, dass das allseits bekannte Drumset keinesfalls die volle Bandbreite dieses Instruments widerspiegelt. Da kommt schnell die Frage auf was denn nun das Instrument eines oder einer Schlagzeuger*in ist, wenn nicht das Drumset? Wir begeben uns auf die Suche nach der Antwort auf diese Frage, um herausfinden zu können, was die schwitzenden Krawallmacher*innen, die meist weiter hinten im Bild zu finden sind, verbindet.
Von Adam Zehentner
Man könnte annehmen, dass die Trommel die offensichtlichste Antwort auf die Frage nach dem Instrument des oder der Schlagzeuger*in ist. In Wirklichkeit fängt es jedoch schon beim eigenen Körper an. Die rudimentärste Art und Weise „Schlagzeug“ zu spielen, besteht beispielsweise aus stampfen, Klatschen oder auch schnipsen. Ist die logische Konsequenz also, dass man (theoretisch) gar kein Instrument dafür braucht? Die Antwort lautet ja. Umso absurder ist die Tatsache, dass gerade die Schlagzeug-Sektion immer unzählige Instrumente anschleppt um darauf zu spielen. Schlagzeuger*in zu sein bedeutet also auch mehrere Instrumente zu spielen. Der Unterschied zwischen dem Zeug auf dem Schlagzeuger*innen herumtrommeln und Instrumenten einer anderen Gattung findet sich dabei im Sound. Somit wäre die korrekte Frage wohl, was das für Instrumente sind und was sie gemeinsam haben. Nun ja, wenn es nach den Schlagzeuger*innen geht, ist wohl jedes Objekt, dass beim Draufschlagen ein Geräusch erzeugt ein Teil des weltlichen Drumsets. In Wahrheit sind es unzählige Instrumente, die in allen denkbaren Größen, Formen und Farben vorhanden sind. Vom lieblich klingenden Glockenspiel über die mächtigen Trommeln bis hin zum Signalton einer Triangel. Die populärsten unter ihnen teilen meist die Gemeinsamkeit, dass es lediglich Geräuscherzeuger sind und beim Erklingen kaum ein Ton auszumachen ist. Das soll heißen, dass man natürlich einen Rhythmus damit klopfen kann, jedoch sich keine Töne im Sinne einer Melodie oder ähnliches, spielen lassen. Wie überall gibt es da Ausnahmen wie die Pauken, sämtliche Glocken- und Stabspiele usw. Die große Mehrheit besteht aber eher aus interessanten Geräuschen, als aus stimmigen Tönen. So macht auch der Begriff Schlagzeug mehr Sinn, indem man ihn wörtlich nimmt. Es zählt also alles Zeug, auf dem man schlagen kann dazu (ja auch Omas Teppichklopfer ist für Schlagzeuger*innen ein Teil ihrer Identität).
So breit wie die Instrumentenpalette in diesem Bereich ist, so viele Bezeichnungen gibt es auch für die Ausübung dieser Instrumente. Von Schlagzeuger*innen über Schlagwerker*innen bis hin zu den Perkussionist*innen, fragt man sich manchmal was jetzt nun das bindende Glied zwischen diesen Begriffen ist. Innerhalb der Familie scheint die Sache ja klar zu sein. So staunt ein oder eine Schlagwerker*in eines klassischen Orchesters durchaus über die Double Bass Technik eines oder einer Metalexperten*in. Auf der anderen Seite kann für einen oder eine Metaldrummer*in das Kastagnetten-Pattern in einem orchestrierten Musikstück durchaus einen verführerischen Groove in sich haben. Was dieses blinde Verständnis ausmacht, könnte als das Streben nach sinnhafter Ordnung verstanden werden. Auch wenn man mit gewissen schlagtauglichen Instrumenten Melodien spielen kann, ist das Hauptanliegen der meisten Schlagzeuger*innen der Rhythmus. Dabei ist alles, was man tut, zumindest theoretisch, Bruchrechnen. Es gibt Viertel, Achtel, Sechzehntel, usw. Aus diesen Grundzutaten lieben es Schlagzeuger*innen unzählige Muster, Pattern, Fills und vieles mehr zu formen. Dabei spielt die Gestaltung von Tempo Dynamik und Komplexität wohl die größte Rolle. Die Musik soll durch das Anwesend sein des Schlagzeugs, stimmig und kontrolliert klingen. Sinnhafte Ordnung könnte man in dem Fall also mit Harmonie gleichsetzen. Natürlich sind beim Erreichen dieser Harmonie alle mit wirkenden Musiker*innen von gleicher Bedeutung. Dem Schlagzeug als Instrument(e) haftet hier lediglich eine gewisse Brisanz an, da es einen enorm großen Dynamikbereich abdeckt und dadurch sehr prägnant sein kann. So bringt es einem Solisten beispielsweise wenig, wenn er leise spielen will, der oder die Schlagzeuger*in jedoch weiter Vollgas gibt. Es ist aber auch durchaus sinnvoll die Verantwortung der strukturellen Ordnung eines Musikstücks dem oder der Schlagzeuger*in zu übertragen, da sie ja ohnehin wenig Interesse an Tonleitern und Melodien haben.
Es bleibt jedoch die Frage was jemanden dazu bringt zu sagen „ich bin Schlagzeuger*in“. Wahrscheinlich ist es die Freude Muster zu erstellen und damit Ordnung zu schaffen. Auch die Faszination, dass es kaum ein Instrument gibt, mit dem man lauter spielen kann und kaum eines mit dem man leiser spielen kann, spielt wahrscheinlich eine Rolle. Wenn man dem Ruf der Schlagzeuger*innen Glauben schenkt, gilt diese Faszination jedoch eher dem laut, als dem leise sein. Durch die sehr spezielle Rolle der Rhythmus-Polizei befindet sich der oder die Schlagzeuger*in auch in einer komfortablen Situation. Auf der einen Seite ist man oft unentbehrlich und auf der anderen Seite muss man sich auch nicht mit einem Keyboarder darüber streiten, wer jetzt das Solo spielen wird. Das einzig Wichtige ist lediglich, dass es groovt. Schlagzeuger*innen sind eben gerne die unauffällige Kontinuität der Musik, die erst auffällt, wenn sie nicht mehr vorhanden ist. Ähnlich wie das Ticken der Uhr im elterlichen Esszimmer.