Eva Billisich
„So ein Blödsinn!“ hat sich Eva Billisich gedacht, als sie das Interesse am Schlagzeug in sich entdeckte. Mittlerweile ist dieses Interesse zu einer Leidenschaft gewachsen. Im Interview spricht die Wiener Schauspielerin und Sängerin darüber, wie diese Leidenschaft aufgeflammt ist und welche Parallelen sich zwischen ihren vielen Tätigkeiten finden lassen.
Du spielst mittlerweile seit fünf Jahren auch Schlagzeug. Bist du bereits in frühen Jahren musikalisch sozialisiert worden?
Ich habe immer gerne Musik gehört. Das Musizieren selbst hat bei mir aber erst 2011 begonnen. Mit dem Theater bin ich schon ewig verheiratet und das Schlagzeug ist nun seit fünf Jahren meine offizielle Geliebte. Aber ich kann aus Erfahrung sagen: Egal, wie alt du bist – wenn du das Gefühl hast, du solltest noch etwas Neues lernen und ausprobieren, dann tu es!
Einer deiner größten musikalischen Einflüsse war ja Patti Smith, wie du mal erwähnt hast.
Ja total. Auf die stehe ich seit ich sechzehn war. Es waren überhaupt diese ganzen Punksachen. Auf The Police bin ich ja total abgefahren. Die haben sie damals immer im U4 gespielt, nachdem es eröffnet hat. Stewart Copeland ist auch einer meiner Lieblingsschlagzeuger. Das waren eigentlich so meine ersten Einflüsse: Police, David Bowie, Talking Heads. Abgesehen natürlich von Beatles und Stones, aber um die bist du ja sowieso nicht herumgekommen. Leiwand ist, dass meine Tochter gerade ihre Vorwissenschaftliche Arbeit über Patti Smith schreibt. (lacht) Das wird allerdings komplett ihre eigene Arbeit und es war auch ihre eigene Idee. Aber über meine Kinder habe ich immer sehr viel Musik mitbekommen. Auf Farin Urlaub bin ich zum Beispiel über meinen Sohn gekommen. Nachdem jetzt beide ausgezogen sind, muss ich schauen, wo ich meinen neuen Stoff herbekomme. (lacht)
Wie ist dann der musikalische Funke aufs Schlagzeug übergesprungen?
Das ist mir eigentlich unerklärlich, ein bisserl mysteriös fast. Der Gedanke ist mir aus dem Nichts gekommen, das heißt, ich habe weder irgendeinen Schlagzeuger gesehen, der mich besonders fasziniert hätte, noch irgendein bestimmtes Stück gehört - nichts. Es war einfach aus mir selbst heraus. Das war bereits drei Jahre bevor ich damit angefangen habe. Zuerst habe ich mir gedacht: So ein Blödsinn! Erstens jetzt, in dem Alter? Zweitens, warum gerade Schlagzeug?! Da kann ich weder gut dazu singen, noch kann ich es in der Wohnung spielen und es ist generell total unhandlich! Also es hat sehr viel dagegen gesprochen und ich habe es immer wieder weggedrängt. Dann ist der Gedanke daran aber immer wieder gekommen und irgendwann habe ich mir gedacht: Okay, jetzt probiere ich das! Ich habe mir dann das billigste Zeugl gekauft, das es überhaupt gegeben hat. Ein E-Drum Set, damit ich auch zuhause spielen kann. Mittlerweile habe ich ein Tama Superstar, ein wirklich leiwandes Zeugl!
Hast du gleich Unterricht genommen?
Ja, bei Stefan Buchacher im Musischen Zentrum. Zuerst habe ich mir gedacht, dass ich das Kapitel nach einem halben Semester abgeschlossen haben werde. Aber dann ist der Funke erst so richtig gesprungen. Der Stefan hat mir Mut gemacht und mir viel Freude am Instrument vermittelt. Mittlerweile nehme ich auch in der beatboxx Unterricht. Ich muss aber sagen, dass das eine der besten Sachen ist, die mir je passiert ist. Ich habe so eine Liebe und Leidenschaft dafür entwickelt. Mir gefällt diese unglaubliche Konzentration. Wenn mich jemand kurz nach dem Üben anruft, dann brauche ich meine Zeit, bis ich wieder voll da bin und auf ein Gespräch eingehen kann. Es ist manchmal etwas Meditatives, eine Sache, bei der ich verschwinde und dieses Verschwinden ist ganz toll. Auch die schwierigsten Übungen mache ich gerne so lange, bis ich es einfach kann. Es hat sicher auch einen therapeutischen Effekt.
Durch deine Tätigkeit als Schauspielerin und Kabarettistin hast du dich ja beruflich viel mit Sprechtechnik und Textlernen beschäftigt. Findet man mit dieser Erfahrung einen anderen Zugang auch zum musikalischen Üben?
Ich würde es nicht unmittelbar in Verbindung bringen. Es ist natürlich eine andere Art des Übens. Sprache hat schon einen gewissen Rhythmus, aber am Schlagzeug hat es mehr mit Mathematik zu tun – und das ist das Einzige, wo ich Mathematik mag. (lacht) Die Wiederholung oder immer wieder anzufangen und durchzugehen, bis es sitzt und flüssig läuft, das sind schon einige Parallelen zur Textarbeit. Aber es ist mir in meiner ganzen Laufbahn, meine Schauspielerei inbegriffen, noch nie passiert, dass mir Üben so einen Spaß gemacht hat wie am Schlagzeug. Der Unterschied ist auch, dass ich beim Schlagzeug gerade das alleine Spielen genieße - ich sitze alleine in meinem Proberaum und bin total glücklich!
Du bringst es aber auch mit deiner Band, den Sanierten Altbauten, auf die Bühne. Wie hat sich dieses Projekt ergeben?
Ich habe auf Okto eine Dokumentation über unseren jetzigen Sänger, Ian Krause, gesehen. Dabei waren Bilder von ihm zu sehen, die mir sehr gut gefallen haben. Wie ich dann bei ihm im Atelier war und mir ein Bild gekauft habe, sind wir ins Gespräch über Musik gekommen. So hat sich das dann weiter ergeben und wir haben mit seiner Freundin Marietta eine Band gegründet. Meistens kommt Ian mit seinen Songs und Texten. Am Anfang hat mir mein Schlagzeuglehrer noch bei einigen Grooves geholfen, aber mittlerweile erarbeite ich mir schon fast alles selbst.
Bist du bei der Entstehung der Texte auch involviert oder bleibt das deiner Tätigkeit als Sängerin vorbehalten?
Nein, bei diesen Texten gar nicht. Die schreibe ich nur bei meiner Derrischen Kapelln, wo ich ja nur singe und ab und zu Cajon spiele. Natürlich ist das auch eine andere Richtung. Aber taugen tut mir beides, da habe ich keinen Konflikt mit dieser Zweigleisigkeit.
Apropos Zweigleisigkeit: Oft hört man von Leuten, die sowohl Schauspiel als auch Musik machen, dass es einen großen Unterschied macht, was das Gefühl auf der Bühne und das Ausgesetztsein betrifft, nicht zuletzt durch den Schutz, den eine Rolle auch bieten kann. Wie empfindest du es jeweils, wenn du als Schauspielerin oder als Musikerin auf der Bühne bist?
Das ist ein kompletter Unterschied. Es ist auch ein großer Unterschied, ob ich als Sängerin und Frontfrau auf der Bühne bin. Als Frontfrau fühle ich mich verantwortlich für die Band als Ganze und auch für die Stimmung im Publikum. Da muss ich schauen, dass ich die Leute wirklich mitreiße. Am Schlagzeug bin ich durch meine Position quasi stumm und drücke mich nur durch mein Instrument aus. Da habe ich weniger das Gefühl, mit den Leuten kommunizieren zu können. Ich meine, zum Glück habe ich kein Mikro daneben stehen, sonst könnte ich meine Papp’n eh nicht halten. (lacht) Der Unterschied zum Theater ist, dass ich dabei natürlich immer eine Rolle spiele. Wenn du als Musiker auf der Bühne bist, dann bist du vielmehr du selbst. Du bist vielleicht lauter oder draufgängerischer als im Privatleben, aber es bist du. Das war für mich auch eine große Herausforderung, als ich begonnen habe auf der Bühne zu singen. Da habe ich erst ausloten müssen, wie ich mich als Mensch auf der Bühne verhalte.
Wie viel Rolle ist eigentlich bei deinen eigenen Liedern dabei und wie viel deiner eigenen Person und deines Privatlebens fließt in deine Texte ein?
Ich verknüpfe immer total gerne Reales mit Fiktion, auch wenn ich Geschichten schreibe. Das finde ich eine spannende Mischung. Ich habe da schon einiges verarbeitet, meine katholische Vergangenheit in der Klosterschule zum Beispiel. Es sind aber meistens nur einzelne Teile. Ich greife oft auch Dinge auf, die Freunden von mir passiert sind und mache daraus ein G’schichtl. Es geht immer ums G’schichtl, das soll berühren oder zum Lachen bringen. Manchmal sehe ich auch einfach irgendwo etwas, Bilder oder Menschen, zu denen mir etwas einfällt. Ich setze mich eigentlich nie hin zum Schreiben, wenn ich kein bestimmtes Bild vor mir habe oder keine Idee.
Mit dem Schlagzeug kann man die Wirkung der Texte manchmal auch in eine bestimmte Richtung lenken. Wie sehr achtest du am Schlagzeug auf die Texte, wenn du dir deine Begleitung dazu überlegst?
Absolut, da achte ich sehr darauf und ich höre oft auch schon etwas Bestimmtes dazu, wenn auf der Gitarre vorgespielt wird. Es gibt zum Beispiel ein Lied, da bin ich mir sicher, dass ich da zu viele Fills spiele. Aber für mich gehören die da hin, auch wenn mir klar ist, dass das für andere vielleicht zu viel ist. Mir wird aber zum Glück recht viel Freiheit dabei gelassen von den anderen. Ich weiß nicht, ob ich in einer Band spielen könnte, wo alles bereits vorgegeben ist. Das würde mir nicht so viel Spaß machen.
Was dann wiederum ähnlich zum Üben wäre. Wie gehst du vor, wenn du zuhause übst und versuchst, Sachen nachzuspielen?
Naja, beim Üben arbeite ich gerade sehr viel an meiner linken Hand und an den Single Beat Combinations. Oder Sechzehntel-Zerlegungen, um das möglichst exakte Spielen zu üben. Das Nachspielen ist etwas, das ich beim Üben momentan ein bissl vernachlässige, das kommt kaum vor. Höchstens ansatzweise, wenn ich gerade Police höre und mir beim Versuch denke: Um Gottes Willen, ist das schwer! (lacht) Aber je mehr ich mit meinen technischen Übungen vorankomme, desto leichter wird mir vielleicht auch das fallen und das Lernen hört bei mir sicher nicht auf, gerade wo ich so spät begonnen habe. Außerdem: „Never give up what you love“, auch wenn es jetzt nicht zu Erfolg oder Ruhm führt.
Wie würdest du – als sprachaffine und -begabte Person - dein Schlagzeugspiel in drei Worten beschreiben?
Leidenschaft. Das wäre eigentlich das Wort, auf das ich immer wieder zurückkomme, aber das klingt halt immer so blöd. (lacht) Ich halte mich nicht für eine überdurchschnittlich begabte Schlagzeugerin, aber für eine leidenschaftliche. Ansonsten: Direkt und wild. Das betrifft aber vor allem auch meine Band, nicht nur mein Schlagzeugspiel.
Steckbrief:
Lieblingsgroove: Eigentlich immer der, den ich gerade viel übe. Derzeit Bossa Nova.
Lieblingsfill: Der Fill von „In The Air Tonight“
Lieblingsbecken: Da bin ich auf Sabian fixiert.
Interview: Moritz Nowak
Fotos © Gregor Eder, Martina Krause, Georg Hochecker