I glaub‘ i lösch‘
Ab und zu überkommt Titus Vadon eine leicht sentimentale Erinnerung an frühere Studiozeiten. Zeiten, in denen das Schneiden noch Schneiden war, in denen noch Virtuosen an den Bandgeräten thronten und sich Eindrücke von riesigen Räumen, Deckensegeln und Mischpulten in das Gedächtnis einbrannten. Wenn Titus von alten Studios spricht, werden seine Augen gleichermaßen groß.
Von der Argentinierstraße bis zur Abbey Road versprühen diese Elefanten der Musikproduktion einen gewissen Zauber. Nie wurden bessere gebaut als in den 70ern, meint Titus. Tonstudios, das waren zu diesen Zeiten noch erhabene Sehnsuchtsorte, für welche man sich den Zutritt erstmal erarbeiten und leisten können musste. Ein Studiotag konnte schonmal auf bis zu 8000 Schilling kommen. Damals richtig viel Geld. Die perfekte Vorbereitung war das Um und Auf, denn die Bänder hatten freilich ihren Preis und waren für halbe Sachen zu schade. „Du musstest die Nummer wirklich in einer viertel oder halben Stunde im Kasten haben. Wenn du da einmal was versemmelt hast, hat es laaange gedauert bis zum nächsten Anruf und du hast dann zehnmal beweisen müssen, dass du es drauf hast, bis du wieder ins Studio geholt wurdest“.
Titus aber wurde nie ersetzt und kam mit Jesus Messerschmitt sogar in den Genuss einer 24-Spur Bandmaschine. „24 Spuren, das war damals wie Rolls Royce fahren! Das war praktisch unvorstellbar.“ Jene edlen Geräte bedienten begnadete Techniker in Millimeterarbeit, deren Wort einerseits Geltung hatte, jedoch ebenso zu einer akuten Bedrohung werden konnte. Denn mit dem allseits gefürchteten Ausruf „I glaub‘ i lösch‘!“ wurde damals vieles zerstört. Da war dann alles weg. Für immer. Nur die Erinnerung, die ist geblieben.
von Moritz Nowak