In die Wüste geschickt
Interessiert man sich für Stoner Rock, dauert es in der Regel nicht lange, bis der Name Brant Bjork irgendwo auftaucht. Egal ob Kyuss, Fu Manchu, Vista Chino oder den Desert Sessions, überall hinterlässt Herr Bjork seine Spuren. Diese einmalige Gelegenheit lässt sich Backbeat.at nicht entgehen und spricht mit ihm über den Daoismus in seiner Musik, sein Soloprojekt, und wir erfahren, woher der Name Stoner Rock eigentlich kommt.
Hi Brant! Du beschäftigst dich seit einiger Zeit mit dem Daoismus, war das deine Inspirationsquelle zu deinem neuen Album „Tao Of The Devil“?
Ich würde nicht sagen, der Daoismus sei meine Inspiration gewesen. Daoismus ist etwas, das ich direkt und indirekt mit vielen Bereichen meines Lebens verknüpfe. Ein Ziel zu verfolgen und es mit allen Mitteln erreichen zu müssen ist etwas sehr Westliches. Im fernen Osten geht es mehr darum, zu beobachten wie die Dinge ihren Lauf nehmen. Das war Teil meines Mindsets als ich dieses, oder eigentlich alle meine Alben geschrieben habe.
Wie bist du zum Daoismus gekommen?
Ich bin in einem nicht religiösen Elternhaus aufgewachsen, mich hat Spiritualität an sich aber schon immer interessiert. Ich wollte wissen was Religionen sind und was sie bewirken. Ich habe bei einer damaligen Freundin ein Buch über Daoismus gesehen und es mir ausgeborgt. Ich konnte mich sofort damit identifizieren.
Betreibst du es als Philosophie oder Religion?
Lustigerweise ist es per Definition weder das eine, noch das andere.
Deine letzten beiden Alben sind etwas härter und fuzzlastiger. Liegt das am Labelwechsel von Low Desert Punk zu Napalm Records, oder hat sich dein Stil einfach mit der Zeit verändert?
Eigentlich beides. Es geht immer um Veränderung. In den Bands in denen ich früher Schlagzeug gespielt habe, war der Fokus darauf gesetzt, etwas zu produzieren das nach hartem, schwerem Rock klang. Ich als Solokünstler habe nie so sehr danach gestrebt. In den letzten Jahren habe mich dazu entschlossen, mehr mit Heavy-Elementen zu experimentieren. Wobei der Begriff „Heavy“ viele verschiedene Definitionen hat. Ein Song kann einen Heavy-Gitarrensound haben oder er kann emotional heavy sein. Mal sehen in welche Richtung meine nächsten Alben gehen werden.
Wie sah der Entstehungsprozess deines letzten Albums aus?
Für mich war es wie bei jedem anderen Album ein Quest. Eine Aufgabe etwas zu finden und das irgendwie festzuhalten. Dazu muss dir zuerst klar sein, wonach du suchst. Bubba (DuPree) und ich suchten nach – wie wir es bezeichnen würden – klassischem, amerikanischem Rock. Wir wussten, dass der Sound und die Produktion genauso wichtig wie die Performance der Songs selbst ist. Alle diese Faktoren waren für uns – und für das Endprodukt – gleich wichtig. Ich bin der Meinung, wir haben gefunden was wir gesucht haben. Kein Album wird genau so klingen wie man es sich vorstellt. Das sollte es auch nicht. Es geht darum sich auf die Richtung, die eingeschlagen wurde, einzulassen und sich damit anzufreunden. Wir sind sehr zufrieden mit Tao Of The Devil.
Wie politisch sind die Songs, die du schreibst?
Ich würde sagen, meine Texte und sogar die Musik selbst hatten immer einen politischen Hintergrund. Ich spreche jedoch nicht direkt darüber, da ich es der Politik nicht erlauben möchte einen zu großen Platz einzunehmen. Ich bin kein Politiker und studiere auch nicht Politikwissenschaften. Man ist jedoch sobald man aus der Türe tritt damit konfrontiert. Green Machine – ein Song den ich damals mit Kyuss aufgenommen habe – ist zum Beispiel ein hochpolitischer Song. Er handelt wortwörtlich davon, worauf Amerika zusteuert. Ich habe eine Solokarriere gestartet um von den Drums loszukommen und meine eigenen Songs schreiben zu können. Nicht jedes meiner Lieder ist politisch motiviert, aber viele davon. Die Energie die mich dabei antreibt ist im Grunde Aktion und Reaktion auf das politische Klima in Amerika und wie es gerade aussieht, wird es sehr heavy.
Du siehst dein Soloprojekt also als Sprachrohr um dich ausdrücken zu können?
Ich liebe Songwriting, Lyrics und simple Gitarren. Rückblickend auf meine Karriere als Drummer bin ich sehr zufrieden mit dem, was ich geleistet habe. Ich habe in großartigen Rockbands gespielt. Davon habe ich schon als Teenager geträumt. Außerdem war es ein Resultat meines Umfeldes. Ich wollte mich jedoch als Künstler weiterentwickeln. Ich war bereits Künstler bevor ich ein Drummer wurde. Ein Künstler zu sein ist das Fundament das ich für alles was ich mache brauche. Sei es ein Instrument zu spielen, zu schreiben, zu zeichnen oder zu filmen. Und dadurch kann ich mich ausdrücken.
Hast du deine letzten zwei Videos selbst produziert?
Nein, dazu fehlt mir die Zeit. Das hat mein neuer Manager in die Hand genommen. Die Zusammenarbeit war sehr produktiv und positiv, wir hatten aber auch sehr viel Spaß dabei. Darum geht es ja.
Ist die Geschichte im Video wirklich passiert?
Nicht direkt, aber interessanterweise hatte mir meine damalige Freundin meinen Truck geklaut. (lacht)
Du bist die richtige Person das zu fragen: Wie glaubst du, hat sich Stonerrock im Vergleich zu seinen Beginnen in Skatetopia usw. zum Jahr 2016 entwickelt?
Es gibt unglaublich viele Aspekte, die sich im Laufe der Zeit geändert haben. Ich habe natürlich meine eigene Perspektive und Beziehung zu dieser Musik. Mittlerweile ist es ein eigenständiges Genre. Als ich angefangen habe, hat Stoner- bzw. Desertrock nicht existiert. Wir waren alle Teil der Amerikanischen Hardcore Punkrock Szene. Egal ob Kyuss oder Fu Manchu, alle waren früher Punkrocker. In der Mitte der 80er hat Punkrock eine Renaissance erlebt. Wir haben damals in der Wüste geholfen, Punkrock neu zu erfinden. Punkrock hat eine Art Uniform bekommen, die wir abgelegt haben. Teils durch Drogeneinfluss, teils durch den natürlichen Entwicklungsprozess hat sich die Musik die wir spielten verändert. Ich bin bei Kyuss recht offen mit dem Konsum von Marihuana umgegangen, so ist die Bezeichnung Stonerrock entstanden. Desertrock ist ein Ironisch gemeinter Begriff, da wir damals sozusagen in der Wüste festgesteckt sind.
Hat die Wüste deinen Sound beeinflusst?
Als Künstler spiegelt man immer seine Umwelt wieder. Die Bands der CBGC Punk-Explosion der 70er Jahre wie Television, The Dictators oder The Talking Heads klangen einfach nach New York City. Das gleiche gilt für die Wüste. Niemand klang gleich, das war ein No-Go. Aber in einer gewissen Weise repräsentierten wir die Wüste.
Was hast du für die Zukunft geplant?
Ich habe immer wieder neue Ideen und bin stets dabei meiner Muse zu folgen. Momentan nimmt meine Familie und das Geschäft einen Großteil meiner Zeit in Anspruch. Time-Management ist zurzeit also das sehr wichtig für mich. Ich versuche in der Balance zu bleiben und meine Ressourcen gut zu verteilen.
Spielst du noch regelmäßig Schlagzeug?
Ja natürlich. Chuck und ich jammen einmal in der Woche. Er spielt Bass und ich sitze an den Drums. Wir spielen dann unsere Interpretation von Free Jazz. Ich versuche das so regelmäßig wie möglich zu machen. Das Schlagzeugspielen ist für mich eher eine Physikalische Angelegenheit, wie Boxen oder Yoga. Es kombiniert Bewegung mit Mentaler Energie. Ich sehe es also mehr als Ausgleich. Es liegt mir natürlich nach wie vor noch sehr am Herzen, aber zum Beispiel auf Tour möchte ich mich mehr auf ein Ding konzentrieren. Dabei würde mir alles andere den Fokus rauben.
Vielen Dank für das Interview!
Foto: Napalm Records
Interview: Stefan Dammerer